Volksfestauftakt nach Maß:Dachauer Tour' 12

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Beim Volksfestauftakt drängen Zehntausende Besucher zum Umzug der Schützen- und Trachtenvereine in die Altstadt. Die Polizei ist mit dem friedlichen Verlauf hoch zufrieden.

Petra Neumaier

Weißblauer Himmel, aber zu kühl zum Baden und zu schön, um zu Hause zu bleiben: Perfekter hätte das Wetter zum Volksfestauftakt am Wochenende nicht sein können. Zehntausende Besucher waren der gleichen Meinung und stürmten am Samstag und Sonntag regelrecht die Festwiese an der Ludwig-Thoma-Straße in Dachau. Alle fünf Zelte, alle Biergärten sowie die Schaustellerstraßen mit ihren Fahrgeschäften waren brechend voll. "Wie auf dem Oktoberfest", sagt ein 20-Jähriger aus dem Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck erstaunt. Zufriedenheit auch bei den Wirten und der Polizei. So ruhig wie nie zuvor war der Auftakt. "Die üblichen Kasperl waren wohl nicht da", freute sich nicht nur Polizeihauptmeister Thomas Kirner.

Braves, liebes Pferdchen: Die dreijährige Sophie schließt Freundschaft mit einem der prächtig geschmückten Brauereipferde, die am Samstag mit ihren Gespannen auf den Einzug auf den Volksfestplatz in Dachau warten. (Foto: Toni Heigl)

Freitagabend: Schon der inoffizielle Auftakt des Dachauer Volksfestes mit der "Blechblosn" ist ein voller Erfolg. Bis auf den letzten Platz ist das 3800 Sitzplätze fassende große Festzelt besetzt. Die Stimmung ist zeitweise am Überkochen. Eine regelrechte Ovation an die erfolgreichen Musiker, die an diesem Abend gebührend das 25-jährige Bestehen ihrer Band feiern. Samstagmorgen: Schon um 10.30 Uhr drängen sich Menschenmassen auf dem Rathausplatz. Vor einem, in dieser Anzahl noch nie versammelten Publikum (so Siegfried Kistler von der Stadtverwaltung) spielen bei strahlendem Sonnenschein die Musikanten ihr traditionelles Standkonzert. Anschließend stellen sich die Gruppen zum Festmarsch auf. Ein schwieriges Unterfangen. Zu viele Zuschauer, zu viele Teilnehmer. Die Altstadt erweist sich als zu klein. Denn erstmals nehmen heuer mehr als 15 Schützenvereine aus Dachau und Umgebung teil.

Kurz scheint alles durcheinander zu gehen, dann führt die fesche Vorreiterin den Trupp aus der Enge hinaus und Richtung Festplatz. Über einen Kilometer schlängelt sich der Zug durch die Straßen. Als die Ersten vor dem Festzelt ankommen, setzen sich die Letzten in Bewegung. Die Luft ist vom Pumpern der Tubas und Schlagen der Trommeln erfüllt. Allen Musikkapellen voran marschieren die Ludwig-Thoma Musikanten, die den Trachtenvereinen den Weg frei machen. Dann weitere Gruppen und Kapellen, und mittendrin festlich geschmückte Ehrenkutschen mit den von Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) geladenen Gästen: unter anderem Landrat Hansjörg Christmann, Bezirkstagspräsident Josef Mederer, Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt , der Abgeordnete Bernhard Seidenath und mitten unter den CSU-Politikern der SPD-Abgeordnete Martin Güll und Volksfestreferent Willy Teufelhart. Während sie die letzten Meter zur Bühne zu Fuß zurücklegen, sorgen D'Ampertaler im Festzelt schon für Stimmung: In ihren herrlichen Trachten formieren sie sich zu einem Spalier für die Gäste. Unisono lassen die Männer ihre Stecken auf den Holzboden klacken. Lange Minuten lang. Denn die Gäste lassen auf sich warten. Etwas nervös schaut Siegfried Kistler auf die Uhr. "Einfach zu voll, vielleicht sind sie stecken geblieben", vermutet er. Aber dann kommen sie doch, rechtzeitig genug, dass sich Peter Bürgel noch vor zwölf Uhr die grüne Wirtsschürze um den Bauch binden kann. Gespannte Aufmerksamkeit auf der Bühne, der Oberbürgermeister lächelt selbstsicher und holt weit mit dem Hammer aus. Dann, begleitet von Bollerschüssen, zwei überraschend lockere Schläge aus seinem Handgelenk - und "ozapft is". Niemand erhält eine Bierdusche, das Festbier schäumt im Krug. An den Kassen warten schon lange Schlangen von Bedienungen. Michael Groß und seine Frau Andrea freuen sich, schließlich ist es ihr erstes Volksfest, das sie als Wirte begleiten. "Schon mein Opa hätte das gerne mal gemacht, wir haben es geschafft", sagt der 41-Jährige stolz. Ein wenig "Bammel" hat er schon: 3800 Plätze im und 1800 Plätze vor dem Zelt sind zu versorgen - und das 150-köpfige Personal zu koordinieren. "Aber passt schon", sagt er.

Samstagmittag: Draußen geht es etwas ruhiger zu. Gemütlich flanieren Familien und auffallend viele Mädchen und junge Frauen im Dirndl durch die Schaustellerstraßen, naschen an den feilgebotenen Leckereien oder wagen ein Spielchen. Noch trauen sich nur wenige in die waghalsigen Fahrgeschäfte, die über den Köpfen der Besucher wirbeln und drehen und beim bloßen Anblick schon schwindlig machen. Samstagabend: Stau. Nicht auf der Straße, sondern auf der Festwiese. Geduldiges Warten ist vor jeder neuen Attraktion gefragt, vor dem brandneuen "King", den 55 Meter in der Luft schwebenden und sich drehenden Raketen, dem wild umeinanderwirbelnden "Break Dancer" und dem "Night Style". Nichts sind die für schwache Nerven und gut gefüllte Mägen. Wer es beschaulicher mag und lieber die Aussicht genießen will, nimmt im 40 Meter hohen Riesenrad Platz.

Buden, Ess-Stände, Cocktailbars: Überall herrscht Gedränge bis in die späte Nacht. Sitzplätze in den Biergärten und Zelten sind Mangelware. Deshalb haben die Burschen aus und um Salzburg, die seit Jahren nach Dachau zum Volksfest anreisen, schon seit Mittag ausgeharrt. Sie tragen alle blaue T-Shirts mit der Aufschrift "Dachauer Tour '12". "Das Oktoberfest in München ist doof", sagt Sepp und stößt mit seinem Freund Andreas an. "Hier ist es noch bayerisch, eine richtige Gaudi." "Ein phantastischer Auftakt", freut sich Festwirt Groß. Und am Sonntag geht es weiter - unter einem weißblauen Himmel.

© SZ vom 13.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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