Volksfest:Im Dachauer Wohnzimmer

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Tausende verfolgen den Einzug von Vereinen und Lokalpolitikern auf den Volksfestplatz. Mit zwei Schlägen zapft OB Bürgel das erste Fass Bier im Festzelt an.

Von Benjamin Emonts

Tierisch gut ist der Auftakt des Volksfest gelungen: Blauer Himmel, prächtige Stimmung - so kann es weitergehen. (Foto: Toni Heigl)

Einfach herrlich: Das Dachauer Volksfest übt sich von Beginn an mal wieder in Perfektion. Der Himmel beim festlichen Einzug am Samstag strahlt in den Bierzeltfarben weiß und blau, es ist weder zu heiß noch zu kalt, um Punkt zwölf (so war es natürlich geplant) zapft Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) mit zwei Schlägen das erste Fass Bier an, und draußen, außerhalb des am Mittag bereits voll besetzten Bierzelts, fahren die Kinder eifrig Karussell und essen Zuckerwatte.

"Dieses Dachau, das ist unser Dachau. Und da sind wir stolz drauf", sagt Bürgel in seiner kurzen Ansprache, die mit einer ordentlichen Portion Lokalpatriotismus dekoriert ist. Der Dachauer OB ist in seiner grünen Schürze sichtlich zufrieden. Es läuft. Wie immer. Auch das Anzapfen: Mit zwei Schlägen - durchaus gekonnt - zapft Bürgel das erste Fass Bier an. Wenige Sekunden später schnappt er sich das Mikrofon und verkündet das obligatorische: "O'zapft is". Applaus. Die Prominenz, die ihn auf der Bühne umgibt, bekommt gleich eine volle Maß Bier in die Hand gedrückt: die Bundestagsabgeordnete Gerda Hasselfeldt (blaues Dirndl, weiße Bluse, grüne Schürze) ebenso wie der Landtagsabgeordnete Martin Güll (SPD), Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU), Landrat Hansjörg Christmann und viele mehr.

Nur kurze Zeit davor, gegen 11.30 Uhr, sitzen die Honoratioren noch völlig entspannt in Kutschen vor dem Rathaus. Einzig das edle Ross, das den Umzug anführen soll, wirkt nervös. Es schart mit den Hufen, als ob es gleich durchgehen würde. Dann setzt sich der Zug endlich in Bewegung. Das Pferd, sichtlich erleichtert, schreitet voran. In der vordersten Kutsche mit der Erntekrone sitzt der Vorsitzende der Ampertaler und neue Volksfestreferent Robert Gasteiger (FW). Süddeutsche Kaltblüter ziehen den 80 Jahre alten Wagen. Gleich dahinter folgen Landrat Christmann und Oberbürgermeister Bürgel. Der Umzug ist prachtvoll: die majestätische Blasmusik, die in der Sonne golden blitzenden Instrumente der Ludwig-Thoma-Musikanten, Tausende applaudierende Zuschauer entlang des Wegs und am Volksfestplatz, die ebenso hübschen wie extravagant gekleideten Dachauer Malweiber, die einzigartige Dachauer Tracht der etwa 200 Ampertaler. Einfach schön.

Beim Einzug ins große Bierzelt stehen die Ampertaler den übrigen Vereinen und Ehrengästen Spalier. Mit ihren Holzstöcken klopfen sie im Takt auf den Holzboden. Dem traditionsreichen Trachtenerhaltungsverein kommt in der Dachauer Volksfestkultur fraglos eine besondere Rolle zu, nicht nur wegen ihrer Tracht. Auch "weil sie aus allen Gesellschaftsschichten kommen und rüstige Bürger sind", erzählt Günther Domcke in einer ruhigen Minute. Der Dachauer Hauptamtsleiter, der am Montag nach 30 Jahren aus seinem Amt ausscheidet, wird auch künftig das Volksfest besuchen. "Dann halt als Gast. Vielleicht ist es dann sogar noch schöner."

Als Domcke so rege erzählt, sitzen - drei Reihen weiter links - 14 junge Männer in neongelben T-Shirts. Es ist eine Gruppe aus Österreich, genauer gesagt aus Berndorf bei Salzburg. Einer der Burschen nimmt einen kräftigen Schluck von seinem Bier, setzt ab und sagt felsenfest überzeugt: "Nächstes Jahr kommen wir zum fünften Mal. Das hier ist noch ein richtiges Volksfest."

Ja, nicht nur das alles übertrumpfende Oktoberfest lockt internationale Gäste an. Dachau kann das auch. Zumal das hiesige Volksfest seinen ganz eigenen Charme hat. Jean-Paul Gebben kennt ihn. Er ist Bürgermeister der niederländischen Stadt Renkum, die mit Dachau einen regen Kulturaustausch betreibt. Wie so viele Holländer spricht Gebben nahezu fehlerfrei deutsch, obwohl er schon die dritte Maß vor sich stehen hat. Was er am Dachauer Volksfest so schätzt, wird Gebben gefragt. Dann steht der Niederländer auf und plaudert drauf los: "Die Gemütlichkeit. Dieses Fest ist für mich wie ein großes Wohnzimmer, in dem sich die ganze Familie trifft. Und: "Das Bier schmeckt fabelhaft". Na dann: Ein Prosit der Gemütlichkeit.

© SZ vom 12.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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