Umweltverträgliche Landwirtschaft:Was die Ernährung von Kühen für die Luft bedeutet

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Wenn Kühe wie diese bei Assenhausen statt Kraftfutter Klee und Heu fressen, produzieren sie weniger Methangas und sind seltener krank. (Foto: Toni Heigl)

Landwirt Sepp Braun erklärt auf einer Veranstaltung der Grünen in Odelzhausen, wie wichtig Regenwürmer für den Ackerboden sind. In der anschließenden Diskussion wird der Bauernverband heftig kritisiert.

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

Wie viele Regenwürmer leben auf einem Quadratmeter Acker- oder Wiesenboden und was sagt diese Zahl über den Zustand des Bodenlebens auf der jeweiligen Fläche aus? Diese und viele andere Fragen zum Thema Landwirtschaft konnte der Bio-Landwirt Sepp Braun bei einer Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen in Odelzhausen beantworten.

Sepp Braun bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie einen knapp 60 Hektar großen Hof in Dürneck im Landkreis Freising - und er ist ein im Ton zwar moderater, in der Aussage aber umso schärferer Kritiker einer industrialisierten Landwirtschaft, die auf Chemie und Futterimporte, den Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Maschinen, Massentierhaltung und die Erzeugung von Überschüssen für eine aggressive Exportpolitik setzt.

"Ich glaube, dass wir an einer Zeitenwende sind", sagt Sepp Braun mit Blick auf Abholzungen, durch die weltweit pro Jahr 30 Millionen Hektar Wald verschwinden, und auf den dramatischen Artenschwund: "Wir wissen nicht, wann das System Erde kippt." Er ist überzeugt: "So wie bisher können wir nicht weitermachen, wir brauchen einen Paradigmenwechsel."

Im Stall und auf den Weiden von Sepp Braun stehen 22 Milchkühe, die ohne Kraftfutter, mit Heu und Kleegras ernährt werden, damit älter als die heutige Durchschnittskuh werden, weniger krank sind und auch - bedingt durch höheres Alter und Fütterungsmethode - weniger Methangas erzeugen. Ackerbau, Hühnerhaltung in kleinerem Maßstab, Energieerzeugung auf den Gebäudedächern sowie die Direktvermarktung der Hofprodukte sind weitere Standbeine des Betriebs.

Die tägliche Arbeit ist die eine Konstante im Leben von Sepp Braun, der Austausch mit Wissenschaftlern und das Hinterfragen des eigenen Tuns wie das der Landwirtschaft insgesamt die andere. Vor allem dem Thema Bodengesundheit widmet sich der Bio-Landwirt seit Jahrzehnten. Diese sei schließlich die Grundlage für die Gesundheit von Pflanze, Tier und Mensch, sagt er.

Über die Rückkehr zu Mischkulturen an Stelle reiner Monokulturen auf den Äckern wie im Wald kann laut Braun viel für ein gesundes Bodenleben getan werden. Allein durch den Anbau von Kleegras könnten auf seinem Hof rund 300 Tonnen Co2 pro Hektar im Boden gebunden werden. Und hier kommt auch der Regenwurm ins Spiel: Je höher etwa der Artenreichtum einer Wiese oder eines Ackers, desto höher auch der Regenwurmbesatz. 600 Würmer pro Quadratmeter erzeugten 80 Tonnen Regenwurmkot, Humus also, durch verdaute Pflanzenwurzeln, und die viele hundert Meter langen Wurmröhren verbesserten ganz enorm die Fähigkeit des Bodens, Wasser aufzunehmen, und Überflutungen zu verhindern. Regenwürmer im Boden aber sind selten geworden: Nur noch 14 Stück seien es im Durchschnitt pro Quadratmeter in bayerischen Böden.

Für Sepp Braun aber hängt alles zusammen: die Gesundheit der Böden beispielsweise mit der Fähigkeit der Pflanzen, wichtige Spurenelemente aus dem Boden aufzunehmen, die Frage des Tierwohls mit der nach der menschlichen Gesundheit oder auch nach den Ursachen für das immer häufigere Entstehen von Erkrankungen wie Krebs oder Alzheimer.

Rund 40 Zuhörer waren zu Sepp Brauns Vortrag in Odelzhausen gekommen, unter ihnen nicht nur die Gastgeber der Landkreis-Grünen mit Marese Hoffmann und den Sprechern der Vorstandschaft Jutta Krispenz und Michael Fritsch, sondern auch eine Reihe von Landwirten. Als Vertreter des Bauernverbands waren Bezirkspräsident Anton Kreitmair und Kreisbäuerin Emmi Westermeier (beide CSU) anwesend. Im Diskussionsteil des Abends, den Jutta Krispenz moderierte, kamen beide Seiten - biologisch wie ökologisch wirtschaftende Landwirte und auch andere Zuhörer intensiv ins Gespräch. Wie blank die Nerven bei manchen Landwirten liegen, wurde in einem Schlagabtausch zwischen der Odelzhausener Gemeinderätin Elisabeth Kappes (ÖDP) und Anton Kreitmair deutlich. Im Zusammenhang mit Schlamm und Wasser, die bei starken Regenfällen von einem Maisacker in ihren Keller eindringen, kritisierte Kappes den Maisanbau für Biogasanlagen, was Kreitmair sehr harsch als "sachlich falsch" und "inhaltlichen Blödsinn" abtat. Er wünsche sich mehr Anerkennung und ein Umdenken der Verbraucher.

Bio-Bauer Leonhard Mösl forderte dagegen, der Bauernverband müsse "endlich dazu stehen", dass das Agrar-Fördersystem sich weg vom "Gießkannensystem" und hin zur Belohnung von Umweltleistungen verändern müsse.

Sepp Braun bot in seinem Schlusswort an, sich zusammenzusetzen und miteinander über mögliche Lösungsansätze zu reden. Und er betonte noch einmal: "Wir brauchen eine andere Agrarpolitik und müssen den Mut haben, das, was wir bisher gemacht haben, in Frage zu stellen." Was die politische Zukunft angeht, so hoffe er, dass die Grünen in einer neuen Regierung "nachhaltige Landes- und Gesellschaftspolitik für Bayern machen können."

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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