Umwelt:Naturschützer für Glyphosat-Verbot

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Die Grünen im Kreistag und in Haimhausen fordern Kommunen auf, das Aussprühen des Pflanzenschutzgifts zu untersagen. Dagegen verteidigt Bauernsprecher Anton Kreitmair (CSU) das Herbizid als notwendig

Von Benjamin Emonts, Dachau

Glyphosat ist das meist verkaufte Pflanzengift der Welt. Für die konventionelle Landwirtschaft bedeutet der Einsatz des billigen Pestizids deutlich weniger Arbeit. Für Umweltschützer und Verbraucher hingegen stellt das Herbizid, das von der Weltgesundheitsorganisation als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft wurde, eine Gefährdung für die Gesundheit dar. Nun, da die Genehmigung der Europäischen Union für Glyphosat im Sommer ausläuft und im Mai im EU-Parlament erneut darüber entschieden werden muss, sind kontroverse Debatten über den Einsatz des Pflanzengifts entflammt. Sowohl die Bundesregierung als auch das Europäische Parlament haben erste Signale gegeben, dass sie den Unkrautbekämpfer unter Auflagen auch in Zukunft erlauben wollen. Im Landkreis Dachau stößt diese Haltung auf Widerstand und hat bereits politische Initiativen hervorgerufen.

Selbst in zahlreichen Studien gehen die Meinungen über das Pflanzengift auseinander. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht im Gegensatz zur WHO davon aus, dass für Menschen wahrscheinlich keine Gefahr besteht. Oder die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa fällt das Urteil: "wahrscheinlich nicht krebserregend".

Für Marese Hoffmann, Bio-Bäuerin und Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Kreistag, ist die Sache indes klar: "Glyphosat gehört verboten", sagt sie. Bereits im Oktober 2015 hat die Kreisrätin einen entsprechenden Antrag im Kreistag gestellt, der wegen "Antragsstaus" allerdings noch nicht behandelt worden sei. Hoffmann fordert darin, dass der Landkreis den Einsatz von Glyphosat auf seinen Flächen verbietet. "Die vorliegenden Studien sind Anlass genug aus Gesundheitsvorsorge und aus ökologischen Gründen auf diese Mittel auf landkreiseigenen Flächen beziehungsweise Straßenrändern und Pflasterritzen zu verzichten". Glyphosat, so Hoffmann, gelte nicht nur als wahrscheinlich krebserregend, sondern sei obendrein schädlich für Regenwürmer, die für die Auflockerung und Belüftung der Böden eine wichtige Rolle spielten.

Und sie nennt einen weiteren Grund: Durch das Abtöten des Unkrauts werde die aus Starkregen resultierende Auswaschung wichtiger Bodennährstoffe ins Grundwasser oder in benachbarte Oberflächengewässer gefördert. Folglich kommt die Grünen-Kreisrätin im Gespräch mit der SZ Dachau zu dem Schluss: "Der Landkreis muss allen Vertragslandwirten den Einsatz von Glyphosat verbieten. Die ökologischen und gesundheitlichen Schäden müssen Grund genug dafür sein."

Wie Hoffmann hofft auch der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Roderich Zauscher, Kreisrat der Grünen aus Odelzhausen, dass die Politik das Pflanzengift verbietet und sich nicht den Interessen der mächtigen Agrarindustrie beugt. Für Zauscher handelt es sich bei dem Pflanzengift um eine "gesundheitsgefährdende Chemikalie, die im Zyklus des Lebens nichts verloren hat". Schließlich seien Spuren des Herbizids im Urin und fast allen Lebens- und Futtermitteln nachweisbar.

Für das Ökosystem habe der Unkrautbekämpfer verheerende Folgen: "Ob Kräuter für Wildtiere oder Blüten für Bienen - es wird alles nieder gemacht", sagt Zauscher und weist auf Einzelfälle in Argentinien hin, wo das Pflanzengift die Fruchtbarkeit von Männern und Frauen nachweisbar geschädigt und die Zahl der Fehlgeburten und Missbildungen bei Kindern deutlich vermehrt habe. Auch Zauscher fordert von Landkreis und den Kommunen: "Sie sollten ihre landwirtschaftlichen Flächen so vermieten, dass kein Glyphosat dort ausgebracht wird."

In der Gemeinde Haimhausen ist vergangene Woche bereits ein entsprechender Antrag der Grünen eingegangen. Demnach sollen private Unternehmen, welche die Gemeinde engagiert, dazu angehalten werden, gänzlich auf das Pestizid zu verzichten. Außerdem, so heißt es weiter, "sollen sich Pächter landwirtschaftlicher Flächen der Gemeinde zum vollständigen Verzicht glyphosathaltiger Mittel auf diesen Flächen verpflichten."

Der Röhrmooser Bio-Bauer Arthur Stein, Präsident des ökologischen Landbauverbands Naturland, beobachtet mit Sorge, dass fast überall im Landkreis Glyphosat gespritzt werde. Für die konventionell arbeitenden Bauern, das räumt er ein, bedeute der Einsatz des günstigen Pflanzengifts deutlich weniger Arbeit bei der Unkrautbekämpfung. Letztlich aber würden durch das Glyphosat Zwischenfrüchte abgetötet, welche die Bodenerosionen verhindern. Dass der Staat im Rahmen des Greenings ökologische Vorrangflächen, sprich den Anbau von Zwischenfrüchten auf Ackerland fordert, stehe im krassen Widerspruch zur Erlaubnis des Glyphosats, das die Zwischenfrüchte bekanntlich abtötet. "Das ist pervers", sagt Stein. Angesichts der ökologischen Schäden und der potenziellen Gesundheitsgefährdung durch das Pestizid sei die Haltung der Politik bestürzend. "Aber die Lobbys machen im Hintergrund wie immer gute Arbeit."

Der Dachauer CSU-Landtagsabgeordnete und Präsident des Oberbayerischen Bauernverbands Anton Kreitmair (CSU) weist auf die große Bedeutung des Glyphosats für die Landwirtschaft hin. Kreitmair schätzt, dass ein Viertel der Bauern im Landkreis Glyphosat verwenden. "Sie sparen sich damit Zeit und den Einsatz anderer Pflanzenschutzmittel in deutlich größeren Mengen."

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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