Tierheim Dachau:Noch ein Appell

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Eine Kampagne des Tierschutzbundes für mehr finanzielle Hilfe der Tierheime stößt eine alte Diskussion an.

Von Helmut Zeller, Dachau

Bürgermeisterobmann Stefan Kolbe (CSU) aus Karlsfeld gilt als Anwalt des Dachauer Tierheimes. So ist es nicht verwunderlich, dass der Kommunalpolitiker die neue Kampagne des Deutschen Tierschutzbunds wohlwollend betrachtet - auch wenn es um eine höhere Fundtierpauschale der Gemeinden geht. Kolbe erhofft sich davon, wie er sagt, neuen Schwung in der Debatte über eine angemessene finanzielle Ausstattung des Tierheims in Dachau. Dabei geht es nicht nur um die Pauschale: Anders als andere Vereine erhält der Tierschutzverein keine freiwilligen, regelmäßigen Zuschüsse - weder vom Staat noch von den Kommunen. Ein entsprechender Antrag wird demnächst im Dachauer Stadtrat behandelt. Seine Entscheidung hätte eine Signalwirkung auf die anderen Gemeinden im Landkreis. Da gibt es noch Widerstände. "Ich bin gespannt, wie die Stadt entscheidet", sagt Kolbe deshalb. Im Stadtrat zeichnet sich für die Forderung der Tierschützer eine Mehrheit ab.

Die bundesweite Kampagne unter dem Motto "Tierheime helfen. Helft Tierheimen!" könnte doch den einen oder anderen Gemeinderat zum Umdenken bewegen. Sie will verdeutlichen, wie wertvoll die ehrenamtliche Arbeit der Tierschützer für die Kommunen ist. Aber nicht alle Gemeinden haben das erkannt: Zwölf der 17 Gemeinden im Landkreis zahlen 1,50 Euro pro Einwohner für die Versorgung der Fundtiere, eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Nicht nur der Tierschutzbund, auch der Bürgermeisterobmann sagt es: Die Gemeinden müssten ein Vielfaches zahlen, wenn sie selbst für die Fundtiere aufkämen. Erdweg, Schwabhausen und Hilgertshausen-Tandern zahlen nur einen Euro, Pfaffenhofen an der Glonn und Odelzhausen überhaupt nichts, da sie mit einem Tierheim in Aichach zusammenarbeiten. Kolbe versteht die Haltung der Kollegen, die sich einer höheren Fundtierpauschale verweigern, zumal in manchen Landkreisen nicht einmal ein Euro bezahlt werde. Nur, gibt er zu bedenken, den 24-Stunden-Service bieten nur die Dachauer.

Wenn das Tier krank ist und die Arztrechnung nicht beglichen werden kann, bringen einkommensschwache Bürger ihr Haustier ins Tierheim. (Foto: dpa)

Auch 1,50 Euro deckt, wie etwa Florian Schiller, CSU-Fraktionssprecher im Dachauer Stadtrat, sagt, die Kosten für die Versorgung der Fundtiere nicht ab. Das weiß auch Silvia Gruber, Vorsitzende des Tierschutzvereins Dachau. Dennoch sagt sie: "Man muss die Kirche im Dorf lassen. Ich bin mit 1,50 Euro zufrieden." Silvia Gruber ist sich allerdings mit Thomas Schröder, dem Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, einig: "Die Tierheime brauchen mehr finanzielle Unterstützung durch die Kommunen", sagt Schröder. Neben den Fundtieren geht es um die vielen Abgabetiere - und die Ausgaben für sie. Deshalb kämpft Silvia Gruber um einen freiwilligen Zuschuss der Stadt Dachau - einen Betrag von 15 000 Euro, wofür sie dann bis 2020 sogar auf eine Erhöhung der Fundtierpauschale verzichten würde.

Immer mehr einkommensschwache Bürger bringen ihr Haustier ins Tierheim, vor allem wenn Tierarztkosten fällig werden. Es kommen auch viele Haustiere, die aus einer Laune heraus angeschafft und dann nicht mehr gewollt werden. Auf diesen Ausgaben bleibt der Verein sitzen. "Ich halte das mittlerweile für das größte Problem des Tierheims", sagt Kolbe. "Die Tierheime müssen die fehlenden Gelder aus Spenden ausgleichen und wirtschaften somit zunehmend am Existenzminimum. Rücklagen sind in den Tierheimen nahezu komplett aufgebraucht, Planungssicherheit gibt es immer nur für wenige Wochen oder Monate", beschreibt Schröder die Probleme, mit denen die Dachauer seit Jahren zu kämpfen haben. Die Fundtierpauschale muss außerdem vom Verein versteuert werden, ein freiwilliger Zuschuss nicht. Bürgermeister Kolbe kritisiert den Staat, der für Zuschüsse auch in die Pflicht genommen werden müsse.

740 Vereine, darunter auch der Dachauer, sind im Deutschen Tierschutzbund zusammengeschlossen. Nahezu alle Tierheime kämpfen um ihr Überleben, fast jedes zweite war bereits von der Pleite bedroht. Die Kampagne räumt so auch mit dem Vorurteil auf, sie würden nicht effizient genug wirtschaften. "Schuld sind die Kommunen", erklärt Schröder. "Wir fordern die Kommunen auf, die Kosten für den erteilten Arbeitsauftrag zur Unterbringung von Fundtieren vollständig zu bezahlen. Dies wäre auch bei jedem anderen Dienstleistungsunternehmen, das im Auftrag der Gemeinde arbeitet, eine Selbstverständlichkeit." Und eben die Frage von Zuschüssen: In der Dachauer Stadtpolitik deutete sich Anfang Februar ein Umdenken an.

Nach einem Besuch von Stadträten im Tierheim an der Rosswachtstraße waren der CSU-Fraktionsvorsitzende Schiller oder auch ÜB-Stadtrat Rainer Rösch voll des Lobes über die Tierschützer. "Die haben den Laden gut im Griff", sagte Schiller. Sie wirtschafteten anders als manche meinen seriös, meinte Rösch, und horteten keine Tiere. Tatsächlich werden, wie aus den Unterlagen des Tierheims hervorgeht, jährlich etwa 90 Prozent der Tiere weitervermittelt. Es könne nicht sein, so Rösch, dass Silvia Gruber jedes Jahr als Bittstellerin zur Stadt kommen müsse. Grüne, die den Verein als erste unterstützten, CSU und ÜB sind sich einig, dass dem Tierheim geholfen werden muss. Die CSU fordert einen Zuschuss von 19 000 Euro.

Der Tierschutzbund stellt klar: "Tierheime sind für den Tierschutz vor Ort unverzichtbar - das müssen auch endlich die Kommunen, die Länder und der Bund anerkennen." Auch für die Kommunen kommt es auf Dauer günstiger, das Tierheim als Partner anzusehen und zu stützen", so Schröder. In der öffentlichen Wahrnehmung des Tierschutzes hat sich doch einiges zum Besseren bewegt. Bürgermeister Kolbe unterstützt den Partnerschaftsgedanken. Nur ist die Frage, ob sich alle Bürgermeister im Landkreis dazu durchringen werden - doch, wie Kolbe sagt, das Thema muss doch einmal abschließend behandelt werden.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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