SZ-Adventskalender:Ein geordnetes Umfeld für die Kinder

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Familie T. will renovieren. Wenn alles gestrichen ist, wird immer noch ein stabiler Esstisch mit Stühlen fehlen

Von Petra Schafflik, Dachau

Bevor sie einen Platz auf der abgenutzten Couch anbieten kann, muss Sofia T. (Namen geändert) erst einmal mehrere Schaumstoff-Matten vom Wohnzimmerboden aufsammeln. Die Schlafunterlagen werden dann akribisch gestapelt und am Abend wieder ausgebreitet. So geht das jeden Tag, denn die Eltern und ihre drei Kinder schlafen alle gemeinsam im Wohnzimmer. "Der einzige Raum, den wir heizen können", sagt die junge Mutter. Allerdings: Der funktionierende Heizkörper ist der einzige Pluspunkt in dem kargen Raum. In den Ecken breitet sich nämlich langsam Schimmel aus, der Bodenbelag gibt nach, wirft Wellen. Mängel, die Vater Nikos natürlich beklagt. Doch angesichts der Wohnungsnot in der Region muss die Familie noch froh sein über diese marode Unterkunft. "Eine bessere Alternative gibt es für uns nicht."

Wer nicht voll leistungsfähig ist, hat wenig Chancen in unserer auf Wettbewerb und Performance ausgerichteten Gesellschaft. Menschen wie Familie T. haben es deshalb besonders schwer. Denn Vater Nikos hat eine Förderschule besucht, dort den Abschluss geschafft, doch keine Berufsausbildung absolviert. Also werkelt er immer wieder mal in Jobs, einen dauerhaften Arbeitsplatz hat der Mann mit den griechischen Wurzeln, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, bisher nicht finden können. Und auch wenn er eine Anstellung hat, ist nicht dran zu denken, die fünfköpfige Familie aus eigener Kraft über Wasser zu halten. Oder im Wettlauf auf dem Wohnungsmarkt eine bezahlbare und ordentliche Unterkunft zu finden. Also arrangiert sich die Familie mit dem Möglichen. Inzwischen erhalten die Eltern wichtige Unterstützung von Fachstellen, gerade auch in finanziellen Angelegenheiten. Trotzdem kommt es immer wieder zu Krisen und Rückschlägen.

So wie neulich: "Der Strom wurde uns abgestellt", erzählt Nikos T. ganz unaufgeregt, fast schicksalsergeben. Die Familie braucht überdurchschnittlich viel Energie aus der Steckdose, weil die schlecht isolierte Unterkunft mit Strom beheizt wird. Der Pauschbetrag des Job-Centers reichte dafür nicht. Als sich die Stromschulden aufsummierten, blockierte der Energieversorger kurzerhand die Versorgung.

Eine mittlere Katastrophe für die Familie mit drei kleinen Kindern. Ohne Strom keine Heizung, kein Licht, keine warme Mahlzeit, nicht mal ein heißer Tee. "Da konnten wir hier nicht bleiben." Also flüchten sie zu den Großeltern, lebten zu zehnt in einer winzigen Wohnung, bis durch die Vermittlung der betreuenden Fachstellen dann doch vom Job-Center ein Darlehen für die Stromschulden bewilligt war. "Jetzt haben wir das im Griff", erklärt der dreifache Vater.

Doch die Krise hat der Familie auch aufgezeigt, wie wichtig trotz aller Mängel die eigene Wohnung ist. Die Alternative - davor graut Sofia mit Blick auf ihre Kinder - das wäre eine Obdachlosenunterkunft. Gemeinsam mit ihren Unterstützern wollen die Eltern nun anpacken. Wenigstens Wohnzimmer und Küche ordentlich herrichten, den vorhandenen Schlafraum nutzbar machen. Doch Menschen, die Hilfe organisieren und zupackende Hände reichen nicht, auch finanzielle Mittel werden benötigt. Nur so lässt sich Material beschaffen, marode Möbel ersetzen und fehlende Einrichtung überhaupt erst anschaffen. Sobald die Wände gestrichen und ein neuer Bodenbelag verlegt sind, würde sich Familie T. über eine Küchenzeile und ein stabilen Esstisch mit Stühlen freuen. Auch eine Schlafcouch für die Eltern wäre schön, so dass niemand mehr auf dem Boden schlafen muss. Der SZ-Adventskalender möchte helfen, damit die drei Kinder in einem geordneten Umfeld aufwachsen können.

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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