SZ-Adventskalender:Angst vor der Obdachlosigkeit

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Zwei Rentner finden mit Mühe eine neue Wohnung. Nun fehlt Geld für die Küche

"Notunterkunft" - allein das Wort löst bei Wolfgang M. noch immer das kalte Grauen aus. Tatsächlich sah sich der 64-jährige Rentner mit seiner Frau schon in einem Obdachlosenheim unterkommen. Denn im vorigen Frühjahr war den beiden Senioren ganz ohne Vorwarnung eine Wohnungskündigung ins Haus geflattert. Die Vermieterin machte Eigenbedarf geltend. Aus der Wohnung, in der sie viele Jahre zufrieden gelebt hatten, sollte das Ehepaar bis Jahresende ausziehen.

"Aber wie soll man als Rentner noch eine neue Wohnung bekommen?" Sofort ließ sich das Ehepaar auf die Warteliste für eine Sozialwohnung setzen. Gleichzeitig unternahmen die beiden alles, um auf eigene Faust eine Unterkunft zu bekommen. Vor allem auch eine Wohnung, die sie sich mit ihrer schmalen Rente leisten können. Also hingen sie Zettel auf, annoncierten im Anzeigenblatt, fragten Bekannte. Alles ohne Erfolg. Die Monate vergingen, "kein einziges Angebot einer Sozialwohnung", erinnert sich Wolfgang M. Es wuchs die Sorge vor einer Räumungsklage, die Angst, in einer Obdachlosenunterkunft zu landen. Diese Unsicherheit zerrte enorm an den Nerven der Senioren, die beide gesundheitlich stark angeschlagen sind. Und mit ihrer schmalen Rente viel rechnen und organisieren, dazu noch soziale Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen müssen, um über die Runden zu kommen.

Dann kam doch noch der erlösende Anruf. Im Frühjahr können die beiden umziehen in eine Sozialwohnung. "Ein Wunder ist geschehen", freut sich Wolfgang M. Doch schon wieder treiben neue, wenn auch kleinere Sorgen das Ehepaar um. Die neue Wohnung wird im Laufe des ersten Quartals frei, aus der alten müssen sie bis Ende Januar raus. Eine Räumungsklage haben sie nun von der Vermieterin erhalten. Jetzt hoffen sie auf ein Einlenken, so dass sie in ihrer Wohnung bleiben dürfen, bis die neue Unterkunft fertig renoviert ist. "Aber das belastet einen schon." Dann ist noch die Sorge um den Umzug, den man im Alter auch nicht mehr so leicht stemmt. Auch weiß Wolfgang M. noch nicht, wie er eine Küche auftreiben soll. Denn in der neuen Wohnung gibt es eine solche Ausstattung nicht, doch dem Ehepaar fehlt das Geld, sich eine Küche anzuschaffen.

© SZ vom 21.12.2018 / pes - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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