Mobilfunknetz:Das Tal der Strahlungslosen

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Wie lange werden diese Wiesen noch so saftig bleiben? (Foto: David Weyand/IMAGO)

Für besseren Handyempfang erfordert die geografische Lage Sittenbachs einen Mobilfunkmast auf dem Feuerwehrdach. Doch dagegen regt sich Widerstand.

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

In Sittenbach ist der Handyempfang mies, darüber sind sich die meisten einig. Streit hingegen ist ausgebrochen über die Frage: Will man in Sittenbach in der Gemeinde Odelzhausen besseren Handyempfang durch den Bau eines Funkmasts auf dem Feuerwehrhaus erreichen - oder überwiegen die Sorgen vor vermehrter Strahlung im Ortsbereich?

Die Meinungen gehen dabei offensichtlich auseinander. Eine Bürgerinitiative hatte im Frühjahr eine Unterschriftensammlung zum geplanten Funkmast gestartet. 144 Bürgerinnen und Bürger haben sich dabei generell gegen einen Masten ausgesprochen; etwa gleich viele, 140, für einen Maststandort außerhalb der Ortschaft. Weiteren 60 der angesprochenen Sittenbacher ist der Standort offenbar egal: Sie wollten nicht unterschreiben, sagt die Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG), Marli Kugler, da es ihnen ausschließlich um eine verbesserte Netzverbindung geht, egal auf welchem Wege. Unterschreiben durfte laut Kugler im Übrigen nur, wer bereits 18 Jahre alt und damit wahlberechtigt war.

Das Problem des schlechten Handyempfangs in Sittenbach liegt an der Tallage des Orts

Der Wunsch nach einem verbesserten Handyempfang sei bereits vor mehreren Jahren an die Gemeinde herangetragen worden, sagt der Odelzhauser Bürgermeister, Markus Trinkl (CSU). Vonseiten der angefragten Telekom habe die Gemeinde die Auskunft erhalten, dass nur ein Standort für einen Masten in Frage komme, nämlich der auf dem Feuerwehrhaus. Extra einen Funkturm weiter draußen errichten, scheide, so die Telekom, aus: zu teuer. Das Problem des schlechten Handyempfangs in Sittenbach liege an der Tallage des Orts, sagt Trinkl; Verbesserungen ließen sich deshalb nur durch einen zentrumsnahen Mast erreichen. Eine Untersuchung der Statik des Feuerwehrhauses habe ergeben, dass diese ausreichend für den Aufbau eines Funkmastes sei; der Entwurf eines Pachtvertrags mit der Telekom liege vor. Vor einer Entscheidung des Gemeinderats sei, so Trinkl, eine Bürgerbefragung geplant.

Mit der IG hatte man sich laut Markus Trinkl auf einen gemeinsamen Informationsabend verständigt. Die Gemeinde hatte dazu Thomas Kurz vom Bayerischen Landesamt für Umwelt eingeladen. "Uns war wichtig, einen unabhängigen Experten zu holen, der den rechtlichen und wissenschaftlichen Sachstand vorstellt", sagt Trinkl. Sowohl der Bürgermeister wie auch Marli Kugler haben die Veranstaltung am vergangenen Mittwoch als "sehr sachlich" (Trinkl) und "gut" (Kugler) empfunden. Das Interesse der Bürger war allerdings gering: Nur etwa zwei Dutzend von ihnen waren zur Überraschung des Bürgermeisters gekommen, der mit wesentlich mehr Besuchern gerechnet hatte.

Es werden Tipps versprochen, wie man sich "persönlich bei der Handy-Nutzung schützen" könne

Die IG hat unterdessen auch einen eigenen Fachmann eingeladen: Jörn Gutbier vom Verein "Diagnose: Funk". Ziel des Vereins ist es unter anderem, über gesundheits- und umweltschädigende Wirkungen elektromagnetischer Felder aufzuklären. Gutbier wird am Donnerstag, 28. September um 19 Uhr ins Sittenbacher Bürgerhaus kommen.

Die Sorgen derjenigen Bürgerinnen und Bürger, die sich per Unterschrift entweder grundsätzlich gegen den Funkmast auf dem Feuerwehrhaus ausgesprochen haben oder diesen lieber außerhalb des Orts sehen möchten, fasst Marli Kugler zusammen. Der "harte Kern" der Strahlungszone rund um den Mast, der bei rund 400 Metern liege, umfasse praktisch ganz Sittenbach. Hier leben laut Kugler viele Kinder, die betroffen wären. Zur Frage der Gefährlichkeit von Handy-Strahlung gebe es vor allem außerhalb Deutschlands viele Studien, behauptet Kugler. Der geladene Experte Gutbier werde Auskunft zu allem "rund um den Mast" geben und auch darstellen, wie man sich persönlich bei der Handy-Nutzung schützen könne.

Die Gemeinde hält jedenfalls an dem Plan fest, sich durch eine Bürgerbefragung Klarheit über die Wünsche der Sittenbacher zu verschaffen. Sie soll im Januar oder Februar des kommenden Jahres stattfinden. Erst dann wird der Gemeinderat laut Trinkl über das weitere Vorgehen entscheiden. Marli Kugler begrüßt die geplante Bürgerbefragung: "Ich bin froh, dass nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden wird, dass wir ein Mitspracherecht haben", sagt sie.

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