Schönbrunn/Haimhausen:Leuchtendes Vorbild

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Schönbrunn hat zwei herausragend gemalte Porträts der Grafenfamilien von Butler erworben. Das Bild der damals 26-jährigen Ehefrau Viktoria nimmt deren geschichtlich herausragende Stellung als Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin vorweg

Von Wolfgang Eitler, Schönbrunn/Haimhausen

"Ihr müßt nicht nur euch selbst, ihr müßt sie alle gewinnen für die Einsicht von der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit von Mann und Weib. . . Werdet unzufrieden mit Euch selbst und mit allem Bestehenden!" Diese Worte schrieb die 85-jährige Gräfin Viktoria von Butler-Haimhausen 1896 an die auf dem internationalen Frauenkongress in Berlin versammelten Frauen. An dem Kongress selbst konnte sie wegen ihres hohen Alters nicht mehr teilnehmen. Im Februar 1902 starb Gräfin Butler nach einem bewegten und aktiven Leben im hohen Alter von 90 Jahren in München. In der Familiengruft in Haimhausen fand sie ihre letzte Ruhestätte.

Viktoria Gräfin von Butler-Haimhausen, gemalt von Joseph Bernhardt, Hofmaler des König Ludwig I. von Bayern. (Foto: Viktoria-von-Butler-Stiftung, oh)

Im Sommer dieses Jahres sind zwei Gemälde in New York aufgetaucht, welche das Ehepaar Butler, herausragend gemalt, zeigen: Die Gräfin Viktoria 1837, also im Alter von 27 Jahren, und ihren Mann Theobald. Das Auktionshaus Stair-Auctioneers&Appraisers bot die beiden Gemälde der Gemeinde Haimhausen und der Internationalen Bavarian School am Ort an. Die Schule ist in dem ehemaligen Schloss der Grafen von Butler untergebracht. Die Gemeinde lehnte ab. Und so steht Bürgermeister Peter Felbermeier jetzt vor den beiden Bildern im neuen Bürgerhaus W 5 im Ort Schönbrunn und freut sich dennoch. "Ich habe die Viktoria-von-Butler-Stiftung informiert, ob sie die Bilder nicht kaufen will. Für unsere Gemeinde waren sie zu teuer." Auch Generaloberin Schwester Benigna Sirl ist begeistert. Denn bei der Gräfin handelt es sich um die Gründerin der Behinderteneinrichtung von Schönbrunn.

Ebenfalls von Joseph Bernhardt porträtiert: Theobald Graf von Butler-Clonebough-Haimhausen. (Foto: Viktoria-von-Butler-Stiftung, oh)

Wie die Münchner Historikerin Rita Huber-Sperl in ihrer Monografie der Gräfin darlegt, hatte Viktoria von Butler bereits ein "Armenkinderhaus" in Haimhausen gegründet. Sie beantragte die Entsendung von Barmherzigen Schwestern aus dem Mutterhaus in München zur pädagogischen Betreuung.

1856 bot ihr der Staat das von den Salesianerinnen aufgegebene Kloster Indersdorf zur Pacht an. Gemeinsam mit anderen sozial engagierten Frauen rief die Gräfin den "St. Marien-Frauenverein für arme verlassene Kinder" ins Leben. Noch im Gründungsjahr 1857 schloss sich der Verein dem St. Johannisverein an, den König Maximilian II. von Bayern gegründet hatte. Der St. Marienverein war der zahlenmäßig stärkste Zweigverein und der größte Frauenverein in Bayern, der die Errichtung von "Erziehungshäusern für arme, verwahrloste Kinder" zum Ziel hatte. Nach einem Besuch der aktiven Schwesternschaft "Petites Soeurs des pauvres" (Kleine Armenschwestern) in Paris gründete Gräfin Viktoria 1860 in München die "Association der Dienerinnen der göttlichen Vorsehung". 1862 kaufte die Gräfin für die Ordensgemeinschaft das heruntergekommene Schlossgut Schönbrunn, um darin eine Anstalt für alte und geistig behinderte Frauen und eine Erziehungsanstalt für Mädchen einzurichten.

Vor einem Jahr nun übertrug der Orden der Franziskanerinnen in Haimhausen der Viktoria-von-Butler-Stiftung das gesamte Vermögen. Sie ist auch Träger des gemeinnützigen Franziskuswerks. Insofern sind alle an dem Kunsthandel Beteiligten froh, dass die beiden Bilder jetzt in Schönbrunn zu sehen sind. Wo genau sie Platz finden werden, ist noch nicht klar. Im Bürgerhaus dürften Besuch und Betrieb zu stark sein, um zwei solche Bilder zu präsentieren. Sie würden wegen der klimatischen Bedingungen ziemlich schnell schwer beschädigt werden.

Im März dieses Jahres hatte die Schönbrunner Stiftung die beiden Werke für 7000 Dollar ersteigert. Der Transport war nochmals genau so teuer. Ein erster Augenschein zeigte, dass die beiden Gemälde restauriert werden müssen. Den Auftrag dazu erhielt Christian Maria Huber. Der Dachauer Künstler ist ein gelernter Restaurator und Kirchenmaler. Er kann über die Bilder aufklären. Sie stammen von Joseph Bernhardt. Er war Hofmaler des bayerischen Königs Ludwig I.. Huber schwärmt von der "hervorragenden Qualität der beiden Gemälde". Seiner Ansicht nach handelt es sich um eine typische Malerei des Neuklassizismus'. Von Bernhardt ließen sich die damaligen Spitzen der Aristokratie porträtieren. Huber ist von der "guten Malerei" begeistert. "Die Bilder haben eine unglaubliche Strahlkraft."

Aber sie sind auch ein Rätsel. Ungeklärt ist die Frage, wie sie überhaupt nach New York kamen. Sigrun Wedler, Pressesprecherin des Franziskuswerks, sagt, dass diese Frage noch nicht erforscht sei. Und auch die Bilder selbst wirken seltsam. Denn sie rücken eindeutig die Frau in der Vordergrund. Sie thront leuchtend auf einem goldenen Sessel. Im Hintergrund ist das Insignium der Bedeutung der Grafenfamilie zu sehen, das Schloss. Die wesentlichen Merkmale von Macht und Reichtum sind also der Frau zugeordnet. Aber als damals 26-jährige Frau und Mutter hatte Viktoria von Butler noch längst nicht den Ruf als Frauenrechtlerin und katholisch geprägte Sozialpolitikerin erworben. Im Vorgriff auf ihre Bedeutung ist sie als leuchtendes Vorbild verewigt. Graf Theobald indes ist von Josef Bernhardt im Innenraum des Schlosses abgebildet worden, also in einer eher häuslichen Atmosphäre. Die Historiker von Haimhausen aus dem dortigen Kulturkreis, Kreisheimatpflegerin und Kunsthistorikerin Birgitta Unger-Richter oder vielleicht die Expertinnen der Dachauer Gemäldegalerie hätten viel zu erforschen.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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