Schönbrunn:Franziskuswerk plant visionären Schulbau

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Die Johannes-Neuhäusler-Schule in Schönbrunn orientiert sich an kreisförmig angeordneten Lernfeldern. (Foto: oh)
  • Behinderte und Nichtbehinderte Kinder sollen an einer Schule lernen.
  • Die Architektur folgt dem Gestaltungsprinzip kreisfrömig angeordneter Lernfelder.
  • In den kleinen Klassen sollen die Schüler nach ihren individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten gefördert werden.

Von Wolfgang Eitler, Schönbrunn

Eine ungewöhnlichere Schule als die in Schönbrunn mitten im Landkreis Dachau ist vermutlich in der ganzen Region München noch nie geplant worden. Auf den ersten Entwürfen, allesamt aus der Vogelperspektive gezeichnet, schlängelt sich ein amorphes Gebilde in Kreisen und Armen durch die Landschaft. Dieser Neubau soll die Johannes-Neuhäusler-Schule für geistig behinderte Kinder und Jugendliche beherbergen und gilt als so gut wie beschlossen.

Vor allem aber soll sie die Idee der Pädagogik des gemeinnützigen Franziskuswerks als Träger versinnbildlichen: in Form eines offenen Hauses, das erst durch die Kinder, die Lehrer, die Eltern und vor allem durch die Ideale der Inklusion wirklich Gestalt annimmt.

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Der Gemeinderat Röhrmoos hat bereits einstimmig dem Antrag des gemeinnützigen Franziskuswerks auf einen Grundsatzbeschluss zugunsten des Neubaus zugestimmt. Er soll nördlich der bestehenden errichtet werden. Der alte sanierungsbedürftige wird anschließend abgerissen. Allerdings ist die Lösung aus Sicht des Franziskuswerks nur die zweitbeste.

Eine Schule nach den Maßstäben gelungener Inklusion

Das Unternehmen hätte sich gewünscht, dass es gemeinsam mit anderen Gemeinden, beispielsweise Hebertshausen oder auch Röhrmoos - Schönbrunn gehört zu dieser Gemeinde - eine Schule nach den Maßstäben gelungener Inklusion hätte entwickeln können.

Der oberbayerische Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hatte kürzlich im Gespräch mit der SZ angedeutet, dass er sich eine Diskussion wünschen würde, die zum Bau einer Ganztagsschule für behinderte und nicht behinderte Kinder zumindest in Röhrmoos führen sollte. Der Bezirk Oberbayern finanziert die Einrichtung in Schönbrunn wesentlich mit ungefähr 62 Millionen Euro jährlich.

Allerdings griff kein einziger Kommunalpolitiker in Röhrmoos den Vorschlag auf. Die Gemeinderatsmitglieder beauftragten das Franziskuswerk mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Nicht die Gemeinde stellt ihn auf, sondern der Bauherr entwickelt einen eigenen, in dessen Zentrum der Schulneubau steht.

Der Entwurf der neuen Schule stammt vom Münchner Architekturbüro Sander. Hofrichter-Architekten GmbH, Gesellschaft für Architektur und Generalplanung. Er wurde bei einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren ausgewählt, bei dem sich Architekten mit Erfahrung im Schulbau beworben haben. Eine Jury hat entschieden, wer zum Zuge kommt.

Das Franziskuswerk im Abendlicht. (Foto: DAH)

Architektin Gabriele Bruckmayer ist für die prämierte Idee verantwortlich. Sie verfolgt dabei den modernen pädagogischen Ansatz, dass erfolgreiches Unterrichten am besten in so genannten Lernfeldern geschieht. Daraus entwickelte sie die geometrische Lösung aus Kreisen.

Jeder für sich stellt ein Lernfeld dar, in dem mehrere Klassen, verschiedene Jahrgangsstufen oder kleine Gruppen gebildet werden können. Bruckmayer sagt: "Die Klassenräume orientieren sich an einer gemeinsamen Mitte." Die kleinen Zentren wiederum an größeren und alle schließlich am großen Kreis der Aula.

Kinder sollen nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten unterrichtet werden

Dieses Gestaltungsprinzip ist letztlich aus einem Wunsch des gesamten Lehrerkollegiums heraus entstanden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte das Franziskuswerk eine Ganztagsschule errichtet, in der modellhaft für Bayern das Prinzip des individualisierten Lernens vorgeführt worden wäre, und damit auch ein gemeinsames Lernen von behinderten und nicht behinderten Schülern: In kleinen Klassen und im Zweilehrersystem würden die Kinder nicht nach einem starren Lehrplan unterrichtet, sondern nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten, für die gemeinsam mit den Eltern Ziele vereinbart werden.

Auf diese Weise, davon sind die Lehrer in Schönbrunn überzeugt, könnten alle Kinder besser lernen, würden soziale Kompetenzen erwerben und - darauf legen die Pädagogen ganz besonderen Wert - "mehr leisten".

Eine solche Schule scheitert zurzeit im Freistaat Bayern an der offiziellen Bildungspolitik. Aber Franziskuswerk, Generaloberin Schwester Benigna Sirl und auch Bezirkstagspräsident Mederer (CSU) wollten keine Schule mehr bauen, die sich an im Freistaat zulässigen und aus ihrer Sicht antiquierten pädagogischen Richtlinien für Förderzentren orientiert. Mit anderen Worten: Die Idee der Lernfelder und ihre Gestaltung in dem Neubau soll garantieren, dass die Schule zu jeder Zeit auf echtes inklusives Lernen umstellen kann. Deshalb sollen die Wände flexibel verschiebbar werden, um ohne Umbauten Inklusion zu kreieren.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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