Thoma-Schule schließt:Die letzte Stunde

Lesezeit: 2 min

Für die Dachauer Ludwig-Thoma-Schule, die Generationen von Dachauern besucht haben, besteht kaum mehr eine Überlebenschance. Während einige Politiker den Plan kritisieren, sehen andere darin eine Chance.

Von Rudi Kanamüller und Gregor Schiegl, Dachau

Das Schicksal der Thoma-Schule scheint besiegelt zu sein. Die abschließende Entscheidung des Familien- und Sozialausschusses im Stadtrat findet zwar erst kommende Woche statt, doch die Stellungnahmen der wichtigsten Fraktionen zeigen bereits jetzt, dass wohl kein Weg an einer Schließung vorbeiführen wird. Übereinstimmung herrscht aber auch darin, dass diese keinesfalls im Hauruck-Verfahren abgewickelt werden soll.

Ohne der Entscheidung vorgreifen zu wollen, wird nach Ansicht der Fraktionsvorsitzenden der SPD im Dachauer Stadtrat, Christa Keimerl, die Stadt den "vorgezeichneten Weg" wohl gehen. Denn wie es derzeit laufe, sei nicht optimal. Keimerl: "Irgendwann muss man sich entscheiden, so schmerzhaft es auch für die Betroffenen ist."

Über das Thema Ludwig-Thoma-Mittelschule" wird die Fraktion der Grünen im Dachauer Stadtrat am kommenden Montag ihrer Fraktionssitzung sprechen. Wie Fraktionsvorsitzender Thomas Kreß auf Nachfrage der Dachauer SZ andeutete, hält er eine Verlegung für sinnvoll. Seiner Ansicht nach sollten deshalb auch an der Ludwig-Thoma-Mittelschule "keine neue fünfte Eingangsklasse" mehr gebildet werden. Er gehe aber davon aus, dass gemeinsam mit den betroffenen Eltern, Lehrern und Schülern eine sinnvolle Entscheidung erzielt werden könne.

Als "zurecht emotionales Thema" bezeichnet der CSU-Fraktionsvorsitzende im Dachauer Stadtrat, Dominik Härtl, die Diskussion um die Zukunft der Thoma-Schule. Denn hier seien viele Generationen von Dachauer Bürgern zur Schule gegangen. Auch er will der Entscheidung des Familien- und Sozialausschusses nicht vorgreifen, sagt aber, dass die "Tendenz und die Argumente, die in der Schulentwicklungskonferenz vorgebracht wurden, "nachvollziehbar sind". Härtl geht davon aus, dass die Entscheidung für alle Beteiligten "erträglich gestaltet" wird.

Martin Güll, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag und selbst jahrelang Leiter der Mittelschule Indersdorf, begrüßt die Pläne der Stadt. "Ich finde das mutig und gut." Dachau habe enorme Ausgaben im Bildungs- und Schulbereich. Daher sei es sinnvoll, bestehende Strukturen auf ihre Effizienz zu prüfen und "eine überzeugenden Gesamtstrategie" zu entwickeln. Wenn die Zahl der Mittelschüler weiter abnehme, sei es nachvollziehbar, wenn die Stadt die kleinste der drei Mittelschulen schließe. Die Alternative wäre eine "aktive Bildungspolitik", für welche die Stadt aber ein ganz neues Konzept entwickeln müsste: Sie könnte dort beispielsweise alle M-Züge zusammenlegen, also jene Klassen, die an der Mittelschule die Mittlere Reife machen. Oder eine Ganztagsschule einrichten. "Es muss sich aber langfristig tragen", schränkt Güll ein. Es ist, das weiß er selbst, eine eher theoretische Chance. In einer Stadt wie Dachau, empfindet Güll eine Schließung einer Mittelschule aber auch nicht als Katastrophe. "Die Schüler werden ja nur im Ort verlagert." Auf dem Land sei das etwas anderes. "Da würde ich auch kämpfen bis zum Schluss."

Aus der Perspektive der Gemeinde Hebertshausen, die nur eine Mittelschule hat, und auch noch eine der kleinsten im Landkreis, stellt sich die Diskussion in Dachau etwas anders dar. "Eine Schließung einer Mittelschule mit 120 Schülern ist zu keinem Zeitpunkt notwendig", kommentiert Bürgermeister Richard Reischl (CSU) auf der SZ-Facebook-Seite. "Wir haben in Hebertshausen 100 Schüler und daher sehr gute Bedingungen im Bezug auf die Klassenstärken und die Ergebnisse unserer Schüler." Leider werde "von bestimmten Personen eine Schließung im Landkreis immer wieder heraufbeschworen".

Bayerische Mittelschulen haben laut Finanzministerium eine Durchschnittsgröße von 230 Schülern, wobei mehr als 300 der etwa 950 Mittelschulen nur noch überwiegend einzügig sind. Gerade diese kleineren Mittelschulen sind vom Schülerrückgang besonders betroffen. Mittelschulen, die einem Verbund angehören, werden aber erst aufgelöst, wenn sie keine Klasse mehr umfassen, sofern nicht der Schulaufwandsträger einen Antrag auf Auflösung stellt. Die kleinste Mittelschule ist derzeit die Wolfgang-Spießl-Schule im oberfränkischen Stamsried. Sie zählt nur noch zehn Mittelschüler. Es werden die letzten sein, im Herbst schließt die Schule.

© SZ vom 06.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: