Reaktion auf Schreiben der AfD:Drohgebärden gegen Landrat Löwl

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In einem Schreiben der AfD-Landtagsfraktion, das sich gegen die Maskenpflicht an Grundschulen richtet, sieht der Dachauer Kreischef den Versuch, ihn einzuschüchtern. Das will der Kommunalpolitiker nicht hinnehmen

Von Jacqueline Lang, Dachau

Nachdem am vergangenen Mittwoch Bundestagsabgeordnete von Gästen der AfD im Reichstagsgebäude bedrängt, beleidigt und gefilmt worden waren, hat diese Strategie der Einschüchterung nun offenbar auch die Kreisebene erreicht: Landrat Stefan Löwl (CSU) las am vergangenen Freitag in einer Sitzung des Schul- und Kreisausschusses ein Schreiben der AfD-Landtagsfraktion vor, das er eigenen Angaben zufolge ganz klar als "Drohung" versteht. In dem Schreiben wird ihm nahegelegt, sich auch im Landkreis Dachau gegen die Maskenpflicht an Grundschulen einzusetzen. Das allein ist nicht weiter überraschend, immerhin hatte die in Teilen rechtsextreme Partei schon auf unterschiedlichsten politischen Ebenen klar gemacht, dass für sie eine Maskenpflicht an Schulen, vor allem aber an Grundschulen abgeschafft gehört. Was Löwl dazu veranlasste, das Schreiben den Kreisräten vorzulesen, war allerdings vor allem folgender Satz: "In einer späteren Zeit werden alle Maßnahmen und das Verhalten aller Verantwortlichen sicher noch einmal in einem anderen Licht gewürdigt werden."

Von einer solchen Aussage fühle er sich ganz klar bedroht, sagte Löwl. Er verglich die Situation mit der Serie "Babylon Berlin", in der es unter anderem um eine zunehmende Radikalisierung rechter Organisationen um das Jahr 1929 zur Zeit der Weimarer Republik geht. Was die Maskenpflicht an (Grund-)Schulen anbelange, so habe man mehrfach darüber beraten, ob diese wirklich notwendig sei. Aufgrund des dynamischen Infektionsgeschehens im Landkreis gebe es derzeit aber keine andere Möglichkeit, als diese auch an Schulen durchzusetzen. Sicherlich sei er als gewählter Vertreter des Volkes nicht "fehlerfrei" und Kritik sei erlaubt, aber eine "unterschwellige Drohung" wie diese gegen ihn auszusprechen, sei ungeheuerlich, so Löwl.

Für Landrat Stefan Löwl (CSU) ist es nichts Neues, Drohungen zu erhalten. Doch anders als bislang kommt die Drohung erstmals von gewählten Politikern wie er selbst einer ist. (Foto: Toni Heigl)

Das "Politikspiel", das die AfD mit Schreiben wie diesem betreibe, werde man nicht einfach so hinnehmen. Den Brief, den Löwl zufolge auch mindestens drei andere Landräte im Münchner Umkreis erhalten haben, werde er deshalb auch an Ilse Aigner (CSU), die Präsidentin des Bayerischen Landtags, weiterleiten. Zudem wolle er in dieser Woche persönlich auf das Schreiben, das von AfD-Fraktionssprecherin Katrin Ebner-Steiner unterzeichnet worden ist, antworten. Die Drohung werde er zurückweisen, so Löwl, auf den Vorschlag, die Maskenpflicht aufzuheben, werde er allerdings ganz sachlich antworten, so wie er das auch bei ganz gewöhnlichen Bürgeranfragen handhabe.

Dass ihm von Bürgerseite hin und wieder gedroht werde, sei für ihn als langjährigem Politiker nichts Neues. Es komme immer mal wieder vor, so Löwl, dass ihn jemand "persönlich dafür verantwortlich" machen wolle, wenn etwa ein Kind zu Tode kommen sollte, weil er keinen Zebrastreifen bewilligt habe. Dass solche Drohgebärden aber auch von gewählten Politikern an ihn herangetragen würden, das sei neu, so Löwl. Er erwarte von Amtsträgern einen "Respekt vor Zuständigkeiten" und nicht solch "ungestüme Forderungen", mit denen Bürger ihn teilweise konfrontierten. Von rechtlichen Schritten gegen die AfD-Landtagsfraktion will Löwl dennoch zum jetzigen Zeitpunkt absehen.

Von den Kreisräten erbat er sich am Freitag "Solidarität" im Kampf gegen derlei Drohungen, die ihm auch sogleich von allen durch allseitiges Tischklopfen zugesichert wurde. Bernhard Seidenath (CSU), Kreisrat und Landtagsabgeordneter, berichtet, dass dies schon seit geraumer Zeit der "Stil" sei, in dem im Landtag gesprochen werde und begrüßte, dass Landrat Löwl mit dem Verlesen des Schreibens auf dieses unsägliche Verhalten aufmerksam mache. "Da müssen wir alle gemeinsam dagegen stehen", so Seidenath. Vertreter der Dachauer AfD waren nicht anwesend.

© SZ vom 24.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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