Nicht öffentlich:Ausschlussverfahren

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Petershausens Bürgermeister Marcel Fath versucht, die Presse vom Bürgerworkshop für das Baugebiet Rosenstraße fernzuhalten. Das störe nur die Bürger. Die Kommunalaufsicht hat starke Zweifel an dem Vorgehen.

Von Julia Putzger, Petershausen

Marcel Fath hat Erfahrung mit für ihn ungebetenen Gästen. Feburar, 2018. Der Bürgermeister der Freien Wähler in Petershausen sitzt bei einer nicht-öffentlichen Besprechung im Rathaus. Es geht um das wichtigste Projekt der Gemeinde, die Bebauung des Gebietes an der Rosenstraße. Unter anderem sind Architekten an diesem Abend anwesend, auch eine Grundstückseigentümerin ist da. Und auch zwei Gemeinderätinnen erscheinen zu diesem Termin, obwohl sie nicht eingeladen sind. Dem Rathauschef passt das überhaupt nicht. Am Tag darauf zeigt Fath die beiden Frauen an. Sein Vorwurf: Hausfriedensbruch. Fast ein Jahr später kommt es zur Gerichtsverhandlung, in der Fath die Anzeige zurückzieht.

Jetzt hat Marcel Fath wieder versucht, für ihn ungebetenen Besuch auszuschließen. Und wieder geht es um das Bauvorhaben an der Rosenstraße. Und wieder wirft Faths Vorgehen rechtliche Fragen auf.

"Wir haben es meiner Meinung nach mit Zensur zu tun"

Die Rosenstraße ist schon länger Streitpunkt in der Gemeinde. Viele Bürger sind mit den bisherigen Plänen unzufrieden, deren Anliegen wurden bisher jedoch kaum besprochen. Die Planungswerkstatt am 26. Oktober - ein ganztägiger Workshop mit Experten - soll den Bürgern nun die Möglichkeit geben, Vorschläge einzubringen und Bedenken zu äußern. Wie die Süddeutsche Zeitung erfahren hat, schlug Bürgermeister Fath in einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats allerdings vor, die Presse von der Planungswerkstatt auszuschließen. Stattdessen sollte es nur eine abschließende Pressekonferenz geben, bei der die Medien über die Ergebnisse des Tages informiert werden sollten - unter anderem von ihm.

Begründet soll der Rathauschef seinen Vorschlag damit haben, dass die Bürger sonst nur gestört würden. Fath befürchtete, dass nur einzelne Aspekte berichtet würden und die Bürger sich eventuell nicht trauen würden, in Anwesenheit der Medien ihre Meinung zu sagen. Das hielt auch die Mehrheit der Gemeinderäte für eine gute Idee, ein entsprechender Beschluss wurde gefasst. Der SZ wollte der Bürgermeister zum Beschluss selbst nichts sagen. Er zeigte sich im Gespräch darüber stark verärgert, dass eine Information aus nichtöffentlicher Sitzung an die Öffentlichkeit gegangen ist. Dem werde er, so Fath, nachgehen.

"Ich halte den Beschluss darum für rechtswidrig"

Der CSU-Fraktionsvorsitzende Günter Fuchs hält den Beschluss für eine "Sauerei". "Letztendlich handelt es sich um gefilterte Informationen, da sich die Presse nicht selbst ein objektives Bild machen kann. Und dann haben wir es meiner Meinung nach mit Zensur zu tun", sagte Fuchs auf Nachfrage der SZ. Er befürchtet, dass die Gemeinde eine rundum gelungene Veranstaltung kommuniziere, von der auch alle Anwohner zufrieden heimkehren - denn Gegenstimmen würden bei einer Pressekonferenz vermutlich nicht zu Wort kommen. Dass die Planungswerkstatt aber tatsächlich alle Bedenken ausräume, sei zu bezweifeln. Fuchs hält den Beschluss darum, wie er sagt, für höchst bedenklich.

Gemeinderat Gerhard Weber (CSU) ist ähnlicher Ansicht: Da es sich um eine öffentliche Veranstaltung handle, habe auch jeder das Recht, sich bei dieser zu informieren und während der ganzen Zeit dabei zu sein, somit auch die Presse. Diese informiere mit ihrer Arbeit schließlich auch alle diejenigen, die nicht teilnehmen könnten. Wann und wie lange Medienvertreter dann tatsächlich dabei seien, sei wieder eine andere Sache, die Möglichkeit müsse aber jedenfalls bestehen. "Ich halte den Beschluss darum für rechtswidrig", so Weber.

Petershausens Bürgermeister Marcel Fath (Freie Wähler) hat sich der Kritik der CSU-Fraktion ausgesetzt. (Foto: Toni Heigl)

Auch aus der Kommunalaufsicht im Landratsamt Dachau sind starke Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von Fath geplanten Vorgehens zu hören. Die zuständige Sachgebietsleiterin Sonja Köhler kann sich keinen Grund vorstellen, der einen Ausschluss der Presse rechtfertigen würde. "Außerdem: Wie sollte das überhaupt in der Praxis vonstatten gehen?" Sollte der Beschluss tatsächlich so umgesetzt werden, habe das zunächst einen rechtlichen Hinweis zur Folge, weitere Schritte müsse die Behörde abwarten.

Weniger klar äußert sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Trzcinski. Er könne sich nicht mehr genau an die Abstimmung erinnern. Es sei schon möglich, dass es so einen Beschluss gegeben habe. Dieser sei natürlich eine heikle Sache, die man durchaus kontrovers sehen könne. "Ich glaube schon, dass die Leute ohne die Presse offener reden", so Trzcinski. Insgesamt sei es aber doch so, dass die Presse nicht vollkommen ausgeschlossen werde, da sie ja an der Abschlusskonferenz teilnehmen dürfe.

"Die Presse soll vor allem beim Abschluss dabei sein"

Fath stellt gegenüber der Süddeutschen Zeitun g nun klar: Die Presse sei zur Planungswerkstatt natürlich herzlich eingeladen, einen Ausschluss gebe es keinesfalls. Stattdessen erklärte er die Diskussion im Gemeinderat damit, dass es ihm außerordentlich wichtig sei, die Ergebnisse der Planungswerkstatt richtig wiederzugeben. Da die Gemeinde Petershausen mit solchen Veranstaltungen kaum Erfahrung habe, befürchte er, dass Medienvertreter beispielsweise am Vormittag in den Workshops nur Fetzen aufschnappen würden. Das gelte es zu verhindern. "Mein Wunsch ist deshalb: Die Presse soll vor allem beim Abschluss dabei sein." Ausgeschlossen werde aber auch am Vormittag selbstverständlich niemand.

Die Gräben im Gemeinderat werden immer tiefer. Das Sachthema, das Baugebiet Rosenstraße, ist wie schon 2018 in den Hintergrund geraten. 264 Petershausener hatten im November 2018 schriftlich Einwände gegen den städtebaulichen Entwurf der Rosenstraße formuliert. Das geplante Baugebiet für 800 Menschen wird das Gesicht der Gemeinde nachhaltig prägen - bislang aber wurden die Bedenken der Bürger nicht behandelt.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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