Einweihung:Ein Haus für die Gemeinschaft

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1911 haben die Sittenbacher das Haus mit Spenden gebaut, schon damals als Vereinshaus. Später war es Schule, Lehrerwohnung, Rathaus, Wohnhaus, dann stand es leer. Jetzt herrscht wieder Leben darin. (Foto: Toni Heigl)

Mit viel Eigenleistung haben engagierte Sittenbacher das 1911 gebaute Haus renoviert. Jetzt wurde Einweihung gefeiert.

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

"Das Haus ist ein Schmuckstück geworden." Mit diesem Satz drückte der Odelzhausener Bürgermeister Markus Trinkl das aus, was auch die anderen Festgäste bei der Einweihung des Sittenbacher Vereinshauses empfanden: Freude darüber, dass die Rettung des historischen Hauses trotz vieler Hürden und Verzögerungen schließlich gelungen ist.

Zu verdanken ist diese Rettung vor allem einem Mann, der an diesem für Sittenbach großen Tag nicht mehr dabei sein konnte: Der verstorbene Harald - "Harry" - Edelmann. Er war es, der mit seiner Leidenschaft für das von ihm angestoßene Sanierungsprojekt die Menschen begeistert und in einer Gemeinschaftsaktion zusammengeführt hat. 2011 hatte Edelmann zusammen mit knapp einem Dutzend anderer Sittenbacher Bürger den "Heimatverein ad honorem Sittenbach" gegründet und den Kampf aufgenommen gegen all jene Skeptiker, die, teils vor Ort, vor allem aber im Gemeinderat von Odelzhausen, keinen Sinn in einer Sanierung des Hauses sahen.

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Die Weihe des Gemeinschaftshauses nahmen nach einem ökumenischen Festgottesdienst in der Sittenbacher Kirche dann der katholische Pfarrer Robin Chambannukwan und seine Kollegin von der Evangelischen Friedenskirche Dachau, Lisa Bühler, vor. Davor aber erinnerte Elfriede Edelmann, die nach dem Tod ihres Mannes den Vorsitz im Heimatverein übernommen hat, an dessen langen Kampf für das Gemeinschaftshaus.

Sie sprach von dem "steinigen Weg", den die Befürworter der Gebäudesanierung bis zur Vollendung des anspruchsvollen Projekts zurücklegen mussten. Die Vorsitzende des Heimatvereins dankte dabei allen, die zur Rettung des Hauses beigetragen haben. Die Gemeinde hatte nach vielen Diskussionen zunächst rund 50 000 Euro für die neue Eindeckung des Dachs investiert und für zwei vom Verein aufgenommene Kredite in Höhe von zusammen rund 280 000 Euro Zins und Tilgung gezahlt.

Edelmann dankte aber auch der gemeindlichen Bürgerstiftung und privaten Spendern, unter ihnen etwa die Sängerin Angela Wiedl oder der in Sittenbach geborene Geschäftsmann Hans Rapp. Den wichtigsten Beitrag zum Gelingen des Projekts aber leisteten die Bürger selber: Über Jahre waren sie jeden Samstag zur Stelle, um an der Baustelle mitzuhelfen, weit über 4000 ehrenamtliche Arbeitsstunden sind auf diese Weise zusammengekommen.

Noch vor zehn Jahren war das Haus in desolatem Zustand

Wie anspruchsvoll das von Harald Edelmann und dem Heimatverein vorangetriebene Sanierungsprojekt war, konnten die vielen Gäste der Einweihungsfeier in einer Videoprojektion und einer Fotoausstellung nachvollziehen. Noch vor zehn, zwölf Jahren hatte das Gebäude im Ortszentrum einen desolaten Eindruck gemacht. 1911 war das Haus mit Spenden sämtlicher Sittenbacher für den neu gegründeten "Burschenverein" und sein Pendant, die "Jungfrauenkongregation" - dem heutigen "Madlverein" - gebaut worden. In späteren Zeiten diente es als Schulhaus und Lehrerwohnung, auch als Rathaus der bis zur Gebietsreform 1972 noch selbständigen Gemeinde Sittenbach. Hier wurde Theater gespielt, gesungen und wurden Versammlungen aller Art abgehalten. Über Jahre war das in Gemeindebesitz befindliche Haus später an zwei Familien vermietet, zuletzt stand es leer.

"Abreißen" lautete lange das Verdikt zahlreicher Mitglieder des Odelzhauser Gemeinderats. Dass es dann aber doch nicht zum Abriss kam, ist zum einen Fachleuten vom "Denkmalnetz Bayern" und dem dort für Einzelfallberatungen zuständigen Herbert Luy zu verdanken, die dem Haus mit seinen markanten Erkern an der Frontseite architektonische Bedeutung als beispielhaftes Exemplar eines späten Jugendstils bestätigten. Zum anderen unterstützte die Fraktion der Bürgergemeinschaft Odelzhausen (BGO) im Gemeinderat die Sanierungspläne von Anfang an. Vor allem Gemeinderätin Elisabeth Kappes hatte in der Sache immer wieder mit dem Heimatverein zusammengearbeitet. Mit der Wahl von Markus Trinkl zum Bürgermeister 2014, der damals noch der BGO angehörte, sei "die Wende gekommen", sagte Elfriede Edelmann.

Harald Edelmann im Jahr 2016, die Sanierung des Sittenbacher Gemeinschaftshauses war schon weit gediehen. Edelmann und die Initiatoren des Projekts waren in dem Jahr für den SZ-Kulturpreis Tassilo nominiert. (Foto: Niels P. Joergensen)

Denjenigen Sittenbachern, die das Haus erhalten wollten, war es nicht nur um die Bewahrung eines architektonisch interessanten Bauwerks gegangen, sondern um "Heimat" im eigentlichen Sinn. Um den Mittelpunkt des Ortes, mit dem man sich identifizieren kann und der zum Erhalt der dörflichen Gemeinschaft beitragen soll.

So laden die örtlichen Vereine jeden Freitag ab 18 Uhr ins Gemeindehaus ein, man kann beim Bier oder auch einem jeweils wechselnden Gericht beisammensitzen - und ganz viele Sittenbacher tun dies auch. Dass Schöne dabei sei, sagt Manuel Edlmann, der Sohn des Mannes, der sich so sehr den Erhalt des Hauses gewünscht hatte, dass "die Jungen genauso kommen wie die Alten", dass es echtes gemeindlichen Leben hier gebe. Es fänden Grillfest des Heimatvereins statt, "Erzählabende", bei denen ältere Sittenbacher vom Leben in früheren Zeiten berichten, Feste und Veranstaltungen aller Art, Bürgerversammlungen und Gemeindewahlen. Wer hier privat feiern will, kann einen der beiden Säle mieten. Wie wichtig ein solcher Ort des zwanglosen Zusammenkommens ist, sei ganz besonders deutlich geworden, seit das ehemalige Gasthaus "Beim Bräu" geschlossen habe, sagt Edelmann.

Seit kurzem kann man sich im Vereinshaus auch standesamtlich trauen lassen. Das erste Paar, das sich hierzu entschlossen hat, sind Monika und Manuel Edelmann.

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