Nominierung der Bundestagsdirektkandidatin:Abend der fliegenden Blumen

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CSU-Kandidatin Katrin Staffler einen Blumenstrauß kontaktlos überreichen darf Landtagsabgeordneter Benjamin Miskowitsch (Foto: Leonhard Simon)

150 CSU-Delegierte treffen sich im Brucker Stadtsaal, um die Abgeordnete Katrin Staffler erneut als Direktkandidatin für die Bundestagswahl zu nominieren

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck/Dachau

Katrin und Emanuel Staffler, Eheleute mit gemeinsamem Hausstand, gehen am Donnerstagabend auf Distanz. Wie alle 150 Delegierten, die trotz Corona-Einschränkungen im Fürstenfeldbrucker Stadtsaal zusammenkommen, um die CSU-Kandidatin für die Bundestagswahl zu küren, lassen auch die Stafflers zwei Sitzplätze zwischen sich frei. Peinlichst genau achtet die Partei auf Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. Dass die Stafflers in Reihe eins sitzen, hat freilich seinen Grund: Die Abgeordnete Katrin Staffler wird erwartungsgemäß von der CSU im Wahlkreis Fürstenfeldbruck/Dachau als Direktkandidatin für die Bundestagswahl am 26. September ins Rennen geschickt - mit 96 Prozent der Stimmen.

Als das Ergebnis verkündet wird, erhebt sich die 39-Jährige von ihrem Platz, dreht sich zu den Delegierten um und bedankt sich auf zurückhaltende Art: mit aneinandergelegten Händen und angedeuteter kleiner Verbeugung. Die Delegierten aus Fürstenfeldbruck und Dachau applaudieren. Mehr Huldigung ist in Corona-Zeiten nicht möglich. Statt an der Kandidatin vorbeizudefilieren und ihr die Hand zu drücken, wie das sonst gerne bei CSU-Wahlen zelebriert wird, hat dieses Mal auch das Verlassen des Stadtsaals einer höheren Inszenierung zu folgen: Von Reihe eins an gehen alle Delegierten sogleich artig hintereinander ins Freie. "Möglichst kontaktlos", lautet die Aufforderung dazu.

Schon das Ankommen ist streng geregelt. Jeder Teilnehmer der Delegiertenversammlung muss einen negativen Corona-Test vorlegen und später einen mit Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse ausgefüllten Zettel hinterlassen. Die Delegierten werden, getrennt nach den beiden Kreisverbänden, durch separate Zugänge in das Gebäude geführt, die Eingangstür zum Stadtsaal bleibt auch während der Veranstaltung offen. Der große Versammlungsraum ist durchgehend bestuhlt, nur jeder dritte Platz darf von einem oder einer Delegierten besetzt werden, dazwischen liegen Zettel mit einem großen X und dem Hinweis "Platz freihalten". Die FFP-2-Masken sind auch am Platz zu tragen. Die CSU ist sichtlich bemüht, jeden potenziellen Fehler bei der Präsenz von immerhin 150 Parteigängern in Corona-Zeiten - geladen waren 160 - zu vermeiden.

Der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch will als Versammlungsleiter noch einmal die Wichtigkeit des Abends in Erinnerung rufen: Es handle sich "nicht um die Nachwahl von zwei Kassenprüfern, sondern das ist Teil unserer Demokratie". Im Vorfeld aufgekommene Kritik an der Zusammenkunft kontert er mit dem Hinweis: Laut SZ müsste er sagen, "ich begrüße Sie zur Großveranstaltung". Doch nicht jedes Problem sei ein Notstand und nicht jeder Missstand ein Skandal, so Miskowitsch weiter. Auch Katrin Staffler hat eine Anspielung dabei, als sie daran erinnert, dass die Grünen just an selber Stelle Wochen zuvor ihre Kandidatin gekürt hätten und "die Berichterstattung durchweg positiv" gewesen sei. Offenbar hat man bei der CSU doch das Bedürfnis, sich für die eigene Veranstaltung rechtfertigen zu müssen.

Die meisten anderen Parteien haben ihre Bundestagsbewerber bereits nominiert, zum Teil in Freiluftveranstaltungen. In gut 50 Minuten zieht die CSU nach. Staffler, die 2017 im Vorfeld noch drei männliche Gegenkandidaten aus dem Feld schlagen musste, hat diesmal leichtes Spiel. Gegenkandidaten gibt es keine, und so erhält sie in geheimer Wahl 144 Stimmen, sechs Delegierte sagen nein. Vorschlagen darf sie Dachaus Landrat Stefan Löwl, der Stafflers Verlässlichkeit lobt. Er könne sich niemand anderen vorstellen, "der so geeignet ist, um uns so gut zu vertreten".

In ihrer Bewerbungsrede spricht Staffler, die an diesem Abend in einem eng geschnittenen, pinkfarbenen Hosenanzug und High Heels auftritt, davon, wie schnell die vergangenen vier "turbulenten" Jahre vergangen seien. Für sie als "politischen Neuling in Berlin" sei das "nicht immer eine einfache Zeit" gewesen. Die Frage, die sich nach der Corona-Pandemie stelle, sei, "wie wir diese Veränderungen in gute Politik für die Zukunft übersetzen". Man müsse den Menschen eine Perspektive geben, fordert Staffler. Applaus im Saal. Sie führt Beispiele an: das in Corona-Zeiten erprobte Home-Office und die Möglichkeit flexibleren Arbeitens. Das könne durchaus auch neue Freiheiten geben, sagt Staffler. Oder den Klimaschutz. "Dass wir was machen müssen, ist unbestritten." Die Frage aber sei, wie man Ökologie und Ökonomie zusammenbringe. Staffler empfiehlt, mit "klimafreundlicher Technologie made in Germany" zum Erfolg zu kommen und "keine Umverteilungsfantasien aufleben zu lassen, wie es politische Gegner gerade versuchen". Erneut Applaus. Stattdessen wolle die CSU den Spagat schaffen zwischen der Verwurzelung in der Heimat einerseits und dem Blick in eine lebenswerte Zukunft andererseits. Diesen Spagat würden SPD und Grüne nicht hinkriegen, mutmaßt sie. Die Grünen würden stattdessen "alles verbieten - ohne Rücksicht auf die Betroffenen". Das würde "zu einer komplett gespaltenen Gesellschaft in Deutschland führen". Eine starke CSU hingegen würde die Bedürfnisse der Menschen ernst nehmen.

Später, als die 39-jährige Türkenfelderin als CSU-Kandidatin feststeht, taucht Benjamin Miskowitsch wieder auf der Bühne im Stadtsaal auf - mit einem bunten Blumenstrauß. Doch wie überreichen in Zeiten des Abstandhaltens? Miskowitsch entscheidet sich für die auf Hochzeiten bewährte Variante des Brautstraußwerfens und lässt die Blumen durch die Luft fliegen. Staffler fängt den Strauß auf, doch weil noch nicht alle Fotos davon im Kasten sind, müssen die Protagonisten die Szene noch ein paar Mal nachstellen.

© SZ vom 03.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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