Musikkabarett:Unbestechliche Zeit

Lesezeit: 2 min

"Da Huawa, da Meier und i" begeistern in der Post

Von SONJA SIEGMUND, Schwabhausen

Wer nur Hochdeutsch spricht, wird diese drei Musik-Kabarettisten sowieso nicht verstehen. Wer hingegen des Altbairischen mächtig ist oder zumindest aufgeschlossen ist für dessen Reize, für den führt kein Weg an ihnen vorbei: "Da Huawa, da Meier und i" gehören seit 17 Jahren zu den erfolgreichsten Musik-Kabarett-Gruppen Bayerns. "Zeit is a Matz!" heißt ihr neues Programm, mit dem sich die Drei in der ausverkauften Postwirtschaft in Schwabhausen aus der Konzertsaison 2017 verabschiedeten.

Dass die Zeit eine Matz ist, das beweisen Christian Maier (da Huawa: Gitarre, Songschreiber, Sänger), Matthias Meier (da Meier: Bass, Trompete, Tenorhorn, Showmaker) und Siegi Mühlbauer (i: Schlagzeug, Percussion, Sänger) schon zu Beginn ihres mehr als zweistündigen Auftritts. Allen Nichtbayern sei zunächst erklärt, dass der Ausdruck "Matz" für schlau, gewieft und raffiniert steht. Für einen echten bairischen Mann bedeutet die Bezeichnung demnach, dass er ein schlauer Fuchs ist. Bei einer Frau hingegen wird absolute Negativität ausgedrückt, die sogar noch steigerungsfähig sei wie bei dem Wort "du elendige Dregg-Matz".

Die Zeit, erklären die drei Musiker, windet sich in alle Richtungen - man kann sie vertreiben, stehlen und sogar totschlagen, oder sie vergeht wie im Fluge und plötzlich bleibt sie stehen. Um diese Aussage zu verdeutlichen, bleiben auch die Musiker nach dem gleichnamigen Song stehen und verharren fast endlos lang in dieser Bewegung.

Die beiden Oberpfälzer und der Niederbayer - das ist der i - glänzen einmal mehr mit einer gelungenen Kombination von bayerischer Volksmusik und internationalen Musikstilen - mal laut oder leise, mal krachert oder nachdenklich, aber immer mit viel Witz und Temperament. Die drei Profimusiker ergänzen sich bis in letzte Detail, jeder beherrscht seine Instrumente wie von selbst. Thematisch werden gesellschaftliche und politische Themen wie Globalisierung, Massentierhaltung, Glyphosatverlängerung und Klimawandel aufgearbeitet. Aber auch das schöne Bayernland gehört zu ihren Themen, wenn sie dieses in dem Song "I war a ganz normales liabs Kind" besingen. Da werden Kindheitserinnerungen geweckt, als der Huawa als stolzer Besitzer eines Bonanza-Radls liebend gern Nacktschnecken überfuhr. Zum Thema Heimat passte der in Englisch gesungene THX-Song, der von "Showmacher" Maier in Gebärdensprache simultan übersetzt wurde. Auch die heutige Jugend kommt nicht ungeschoren davon, "denn die wissen alles - aber wenn's koa Wlan ham ...?"

Auf ihrer Zeitreise in das Jahr 1516 besingt das Trio als Herzog, Ritter und Augustinermönch das Reinheitsgebot für das Bier, das seither nur aus Hopfen, Gerstenmalz und Wasser gebraut werden darf. Sie spüren im schrillen Fitness-Outfit dem Zeitgeist in allen Facetten nach, dem Vhs-Zumba-Wahn wie dem Thermomix-Kochwunder oder dem beliebten Männeryoga einschließlich der Übung "Trinkender Hirsch" für Fortgeschrittene.

In nächsten Lied geht es um die Promillegrenze für radelnde Männer, um Deppen allgemein und im besonderen ("d'Welt is a Zirkus und d'Affn san mir"). Mit dem Trucker-Song vom Reiner mit seinem Gigaliner landet die Zeitmaschine schließlich bei den subventionierten Kartoffeltransporten aus dem Erdinger Moos.

Gruselstimmung ist angesagt bei dem Song von intergalaktischen Fleischfressern, die uns Menschen artgerecht mästen, schlachten und zusammen mit Kraut verzehren wollen. Stilecht gewandet in Ponchos und Riesen-Sombreros präsentiert das Musikertrio hochaktuell das Lied von der korrupten Waffen-Lobby im "Anti-Trump"-Land Mexiko. Dass hinter aller Gaudi auch viel Nachdenkliches steckt, wird nicht zuletzt beim Lied über den Boandlkramer deutlich, "der koa Bargeld ned nimmt. Aber der will deine Zeit und die zwickt er dir am Ende ab". Am Ende der Show in der Postwirtschaft liegen indes eine Menge von Kostümteilen auf der Bühne, während das Publikum um Zugaben feilscht - ihm wurde die Zeit nicht zu lang. Aber die Zeit, die lässt sich eben nicht aufhalten und verhandelt nicht. Sie ist halt "a Matz".

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: