Mitten in Sulzemoos:Apfelbäckchen und Adelsstand

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Endlich wird im Landkreis Dachau eine Apfelkönigin gekürt. Wurde auch Zeit, schließlich gibt es nicht viele blaublütige Einwohner in diesem schönen Landstrich.

Von Gregor Schiegl

Unglaublich! Daniel und Victoria von Schweden sind mit Baby Oscar in die Eisdiele gegangen. Die Bunte hat die Sensation in einem Video dokumentiert. Bei den Britzelmayers aus dem zweiten Stock hätte das keinen interessiert, aber Adelige - huiui! - so interessante Menschen. Da rosamundepilchert es immer so schön, das Glück strahlt bayboscarblau, und statt Alltagsproblemen gibt es immer "schreckliche Schicksalsschläge". Adelige berühren eben unser Herz. Leider gibt es im Landkreis nicht viele davon, die von Hundts in Unterweikertshofen und die Familie Trebra-Lindenau in Unterweilbach, aber das sind ja nur Grafen, keine Königsklasse.

Doch jetzt beginnt eine neue Ära: In Sulzemoos wird eine Apfelkönigin gekürt - erstmals im Landkreis. Der Regionalentwicklungsverein Dachau Agil ruft "interessierte Damen" auf, sich mit einer kleinen Kurzvorstellung sowie ihrem Bezug zum Thema Apfel per Mail oder Post zu bewerben. Auch ein "ansprechendes Foto" ist erwünscht. Apfelbäckchen können nicht schaden. Gekrönt wird die Siegerin von Landrat Stefan Löwl, der im Landkreis ja so eine Art Papst ist. Ausgestattet mit so viel Autorität darf Ihre Durchkernt - die Anrede "Durchlaucht" ist dem Gemüseadel vorbehalten - am Eröffnungstag der Grünen Woche in Berlin das Dachauer Land repräsentieren. Geheimrat Doktor Oldenburg, General Henzen, Lord Grosvenor und Madame Hayez können als Hofstaat im Korb mitreisen. Sie lassen sich bei Bedarf vierteilen, schälen und verspeisen, ganz legal.

Allerdings wartet der Wettbewerb mit einer Merkwürdigkeit auf: Die drittplatzierte Kandidatin erhält ein halbes Jahr lang monatlich fünf Kilogramm festkochende Kartoffeln. Fragt sich nur: Was soll die gute Frau damit machen? 30 Kilo Reiberdatschi? Umschulen auf etwas Bodenständigeres wie Kartoffelkönigin? Der Aufstieg in den Adel, und sei es nur in den verbrauchergenossenschaftlichen, ist den wenigsten vergönnt. Schon 2015 scheiterten Kandidatinnen aus dem Landkreis beim Wettstreit um Bayerns begehrteste Throne: der Bier- und der Weißwurstkönigin. Dabei ist das schon völlig antiquiert: Die Staatsgewalt geht vom Volke aus. Und der Kunde ist König.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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