Seit Wochen, ach was: gefühlt Monaten, stehen wieder überall tonnenweise Lebkuchen, Spekulatius und Co. in den Supermärkten. Von Menschen mit Marketinghintergrund zumeist genau dort im Laden zu Türmen aufgestapelt, wo niemand an ihnen vorbeikommt. Bei all den verdrehten neuen Realitäten in diesem Corona-Jahr - vom Unterricht daheim bis zur Wiesn im Wirtshaus - ist diese im Grunde so gar nicht spätsommerliche, aber doch jährlich wiederkehrende viel zu frühe Genussoffensive der beste Beweis dafür, dass es für Entwicklungen wider einen erwartbaren Lauf der Dinge gar kein Virus braucht.
Die oft zu Unrecht als überregulierend gescholtene Europäische Union, hier sollte sie tatsächlich einen (Schoko-)Riegel vorschieben. Die entsprechende EU-Richtlinie könnte grob so lauten: Kekse und Gebäck mit einem (vor-)weihnachtlich-traditionellen Bezug dürfen in Mitgliedstaaten mit kontinentalem Klima erst ab dem 1. Advent und einer Außentemperatur im einstelligen Gradbereich verkauft werden. In der Praxis würden dann an den Supermarktkassen Temperaturmesser angebracht.
Leider gibt es aber keine Bauernregeln, auf die sich alternativ bezogen werden könnte. Etwa dass man mit Schokolade oder Zuckerguss glasierte Lebkuchen erst ab dem Zeitpunkt des Jahres essen dürfe, wenn sie in der Sonne nicht mehr schmelzen. Wobei solch eine Maßgabe angesichts des sich verschärfenden Klimawandels wahrscheinlich heutzutage weniger Menschen überzeugen dürfte.
Vielleicht hilft gegen den massenhaften, monatelangen, zunehmend monotonen Kekskonsum ja die Erinnerung ans vergangene Jahresende. Häufig ist es doch so, dass man Lebkuchen, Spekulatius und Co. letztlich nicht mehr sehen, geschweige denn essen kann. Von wegen zu viel des Guten. Und dann bereut man es, den Menschen mit Marketinghintergrund und ihren frühzeitigen Angeboten auf den Leim gegangen zu sein.