Mitten in Dachau:Die 96 Stufen

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Die Martin-Huber-Treppe wird wegen Bauarbeiten gesperrt. Und das ohne vorherige Bürgerbeteiligung! Dabei gäbe es so viele schöne Ideen...

Von Viktoria Großmann, Dachau

Dachau steht eines der größten Bauprojekte dieser Tage bevor, wenn nicht das größte. Von Hunderten täglich erklommen, erhüpft, geliebt, gehasst; Sportlerparadies, Kleintierzoo, grüne Lunge der Stadt, einziger kühler Schattenplatz im Hochsommer, einzige Rutschbahn im Winter, täglicher Beweis, dass der Citybus niemals schneller ist als der Fußgänger (in keiner Richtung), Bremsklotz für Radfahrer, Verbindung von der Altstadt zur Reststadt - Herzstück und Wahrzeichen Dachaus: Es wird gesperrt. Volle zwei Monate wegen Bauarbeiten. Und das ganz ohne vorherige Bürgerbeteiligung.

Man muss es den Stadträten nachsehen. Soziale Stadt Dachau-Ost, Mitterndorf, Siemensstraße, Gewerbeflächenkonzept; 2500 Meinungen zum Hallenbad, mehr als 400 Vorschläge zum MD-Gelände - nichts gegen das, was die Stadt zur Martin-Huber-Treppe erwarten würde. Hier das Ergebnis einer spontanen Befragung wirklich nur ganz weniger Bürger: Von jüngeren Nutzern bis etwa 50 häufig geäußert wird der Wunsch nach einem Treppenlift beziehungsweise nach einer Umgestaltung zur Rolltreppe mit Rollbandanbindung bis zur Kreuzung Thoma-Straße/Huber-Straße.

Älteren Nutzern, etwa von 70 Jahren an, würde ein Aufzug für ihr Fahrrad genügen. Auch schlagen sie eine Verbreiterung der Treppe vor, damit sie sich beim Nordic-Walking nicht so oft in den Stöcken der entgegenkommenden Sportler verfangen - mehr Turnfläche wird in dieser Altersgruppe oft gewünscht.

Wenig überraschend wünschen sich Kinder bis etwa 55 Jahre endlich eine durchgehende und etwas breitere Rutsche als die jetzt angelegte, die optisch eher an einen Handlauf erinnert. Besorgte Eltern weisen darauf hin, dass am Fuß der Treppe ein Bällebad zur weicheren Landung eingerichtet werden solle. Gastronomen schlagen vor, den Bereich zwischen Treppe und Thoma-Straße sommers mit Liegestühlen und einer mobilen Bibliothek zum Freischankbereich umzugestalten.

Im Winter könnte der Weg mit wenig Aufwand in eine Eisbahn umgewandelt, Schlittschuhe verliehen und Glühwein ausgeschenkt werden - unter Bäumen der ideale Platz für den Christkindlmarkt. Vogelschützer und Biologielehrer verweisen auf den einzigartigen Bestand an Singvögeln, Straßenkatzen und Eichhörnchen. Mit nur wenigen Infotafeln könnte als weitere Stadtattraktion ein Naturlehrpfad eingerichtet werden.

Schon an diesen wenigen Meinungen lässt sich ablesen: Eine Bürgerbefragung zur Martin-Huber-Treppe würde alle Dimensionen sprengen. Trotzdem gibt es Hoffnung. Denn tatsächlich wird ja gar nicht die Treppe saniert, sondern nur der Steg über den Mühlbach und das Pflaster davor. Für das Projekt Huber-Treppe wäre also noch eine Bürgerbeteiligung drin. Machen Sie sich schon 'mal Gedanken!

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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