Mitten im Landkreis:Zusammen ist man weniger allein

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Das Coronavirus hat es nicht leichter gemacht, Bekanntschaften zu schließen. Doch zum Glück leben wir im digitalen Zeitalter

Kolumne von Jacqueline Lang

Neue Menschen kennenzulernen, ist seit Beginn der Corona-Krise schier unmöglich. Auch davor war es aber mit zunehmendem Alter nicht unbedingt leicht. War man während der Schulzeit oder später im Studium beziehungsweise der Ausbildung noch regelmäßig unterwegs und hat mit Wildfremden am Tresen auf das Leben angestoßen, steigt mit jedem Lebensjahr mehr auf dem Buckel doch die Zahl derer, die sich mit dem Partner, der Partnerin zusammen ein Nest bauen und dieses nur noch im Notfall verlassen. Besonders schwer haben es Singles höheren Alters: Sie sehen die wenigen Freunde, die sie noch haben, nur noch zu runden Geburtstagen, bei Hochzeiten und später dann bei Beerdigungen. Und wer auf der Suche nach echten Freunden oder zumindest guten Bekannten ist, dem helfen Tinder und andere Dating-Apps, wo es immer nur um das Eine geht, ebenfalls wenig. Wie gut, wenn man dann eine Tochter hat, die für einen die Initiative ergreift.

Auf Facebook hat kürzlich eine junge Frau aus dem Landkreis genau das getan. "Suche auf diesem Weg für meinen Papa (61 Jahre jung geblieben) nette Leute, die Lust haben unter der Woche nachmittags etwas zu unternehmen", schrieb sie unter ein Bild, das offenbar sie selbst und ihren Vater zeigt. Man könne Schafkopf spielen, ins Kino oder spazieren gehen, schlägt sie vor. Wer Interesse habe, ihren Papa kennenzulernen und gemeinsam mit ihm etwas zu unternehmen, solle sich einfach melden. So einfach geht sie, die Freundschaftsanfrage im digitalen Zeitalter.

Wie vielen Menschen es ähnlich wie ihrem offenbar ein wenig einsamen Vater geht, zeigen die Reaktionen auf den Post: Knapp 150 Likes, knapp 40 Kommentare innerhalb kürzester Zeit. Viele finden die Aktion der fürsorglichen Tochter einfach nur toll, zahlreiche melden sich aber auch, weil sie offensichtlich ebenfalls auf der Suche nach Gleichgesinnten sind. Man mag deshalb viel über das Internet schimpfen, aber letztlich geht es eben nur darum, es sinnvoll zu nutzen. Und wenn der eigene Vater dadurch neue Freunde findet, mit denen er abends mal ein Bier trinken und quatschen kann, dann hat man doch wirklich viel richtig gemacht. Denn wie heißt es so schön: Zusammen ist man weniger allein.

© SZ vom 14.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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