Theater Indersdorf:Tödlicher Hüttenzauber

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Menschen und ihre Abgründe: Das Theater Indersdorf bringt ein Stück auf die Bühne, das an das wirkliche Leben erinnert.

Von Robert Stocker, Markt Indersdorf

Wer kennt das nicht: Verwandtentreffen an den Feiertagen, ein Pflichttermin für die ganze Familie. Die Situation ist ausweglos. Sich ohne triftigen Grund vor dem Treffen zu drücken, käme bei den Verwandten nicht gut an. Alle werden sie wieder versammelt sein, auch jene, die vielen Familienmitgliedern auf den Wecker fallen. Onkel Max zum Beispiel, dieser Besserwisser, der den anderen wieder einmal Gott und die Welt erklärt. Oder Schwägerin Ursula, die überall ein Haar in der Suppe findet. Und die kleinen Kinder ihrer Tochter Anita, die während des Kaffeeklatschs die Wohnung verwüsten. Die Stimmung wird zunehmend angespannt, der eine würde dem anderen gern an die Gurgel gehen. Im wirklichen Leben kommt das durchaus vor. In der Zeitung ist dann zu lesen, dass ein Familienfest wieder einmal im Krankenhaus geendet hat.

Um ähnliche zwischenmenschliche Verwerfungen geht es auch in dem Stück "Hüttenzauber", das das Indersdorfer Theater heuer auf die Bühne bringt. Eine Gesellschaft von acht Personen will ein vergnügliches Skiwochenende auf einer Berghütte verbringen. Alle sind zunächst guter Dinge, es ist zünftig, der Jagertee lockert Zunge und Umgang. Doch dann beginnt es unaufhörlich zu schneien, ein Schneesturm droht die Hütte zum Einsturz zu bringen. Plötzlich kippt die lockere Stimmung, Angst und Beklemmung machen sich unter den Protagonisten breit. Sie fallen sich zunehmend auf die Nerven, sticheln, streiten und verletzen sich. Während die Hütte zum Glück für alle doch nicht einstürzt, bricht die oberflächliche Fassade der Bewohner zusammen. Die Situation beginnt zu eskalieren, bis die Idylle durch einen Mord völlig aus den Fugen gerät.

Alles ehrenwerte und nette Leute, oder? Noch ist die Stimmung in der Hütte ausgelassen, doch die oberflächliche Fassade bröckelt bald. (Foto: Toni Heigl)

"Hinter jedem Menschen kann sich ein Geheimnis verbergen, das erst unter Extrembedingungen zum Vorschein kommt", sagt Spielleiter Werner Popfinger. Lange Zeit hatte er das Kriminalstück "Hüttenzauber" von Elfriede Wipplinger in der Schublade liegen. Er traute sich nicht, das Werk zu spielen, weil es keine amüsante Unterhaltung im Sinne von Klamauk und Komödie bietet. Vielmehr hält es den Menschen einen Spiegel vor, der ihre Unzulänglichkeiten und Charakterschwächen, ihre Verfehlungen und Abgründe offen legt. Der nette Bekannte verwandelt sich plötzlich in einen unappetitlichen Zeitgenossen, dessen Leben Profitgier und Hass bestimmen. Und der möglicherweise nicht vor Gewalt zurückschreckt. Insofern könnte "Hüttenzauber" auch eine Vorlage für die TV-Krimiserie "Tatort"sein. Es geht um die Abgründe im wirklichen Leben.

Für Werner Popfinger besteht genau darin der Reiz des Stückes. "Das Geschehen ist sehr realistisch. Jeder weiß, wie es in einer Berghütte zugeht. Auf so engem Raum kann es schnell zu Spannungen kommen, zu verletzenden Streitigkeiten oder gar zum Ehekrach." Weil der Zuschauer solche Situationen aus eigener Erfahrung kennt, kann er das Bühnengeschehen mit dem wirklichen Leben vergleichen. Eine große Herausforderung für die Indersdorfer Laienschauspieler. "Angst, Hass, Verzweiflung - sie müssen diese Gefühle authentisch rüberbringen", sagt Popfinger, der seit 2006 Spielleiter des Indersdorfer Theaters ist und zuvor Jahrzehnte lang als Schauspieler dem Ensemble angehörte. Neben einer authentischen Sprache ist ihm vor allem die Gestik der Spieler wichtig. "Die Schauspieler dürfen nicht starr auf der Bühne stehen, sie müssen sich natürlich bewegen, damit alles im Fluss ist", sagt der Spielleiter. Sie müssten natürlich rüberkommen, dürften nicht überdrehen und übertrieben wirken. Und sie müssen flexibel sein. Denn was gestern galt, könnte der Regisseur am nächsten Tag ändern.

Im Clinch: Hedy (Julia Lachmann) und Polizist Rudi (Erwin Niedersteiner). (Foto: Toni Heigl)

Die Rollen und ihre Darsteller: Toni Unterreiner, Autohändler (Rudolf Ott), Erni Unterreiner, seine Frau (Christiane Gumbart), Rudi Meier, Polizeibeamter (Erwin Niedersteiner), Helga Meier, seine Frau (Miriam Bieringer), Franziska Hertl, Helgas Schwester (Anika Hirschfeld), Xaver Öttinger, Steuerberater (Johann Ewender), Hedy, seine Freundin (Julia Lachmann), Erwin Moosbichler, Immobilienhändler (Stefan Reiter), Jochen Kern, Kriminalkommissar (Jim Moser). Premiere ist an diesem Freitag, 13. November, 19.30 Uhr, im Barocksaal des Klosters Indersdorf. Kartenvorverkauf bei der VHS, Tel. 08136/938835.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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