Markt Indersdorf:Solo mit Sigi Wenz

Lesezeit: 3 min

Heinz Mielewsky bringt unter seinem "Künstlernamen" Anfängern das Schafkopfen bei.

Benjamin Emonts

Heinz Mielewsky alias Sigi Wenz zeigt den Anfängern die Karten und erklärt die Grundregeln des Schafkopfens. (Foto: Toni Heigl)

Während am urigen Stammtisch im Glonner Wirtshaus Hohenester einige junge Männer bei Weißbier und bayerischen Schmankerln gemütlich ihren Feierabend ausklingen lassen, rauchen im Raum gegenüber die Köpfe. Kein Wunder: Denn dort versucht Heinz Mielewsky, "Künstlername" Sigi Wenz, einigen Unwissenden die hohe Kunst des Schafkopfens beizubringen. Keine einfache Sache, denn das in Bayern Tradition gewordene Kartenspiel hat ein ausgeklügeltes Regelwerk.

Seit etwa 1870 wird der Schafkopf in Bayern gespielt. Ob gesellige Stammtischrunden oder Schafkopfrennen: Das Kartenspiel gilt gemeinhin als Teil bayerischer Wirtshauskultur. Sigi Wenz aus Indersdorf spielt seit nunmehr 40 Jahren Schafkopf. Und aus seinem Hobby hat er einen Beruf gemacht, denn seit sieben Jahren weiht er an der Volkshochschule (VHS) Markt Indersdorf sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene in die Regeln und die Kniffe des bajuwarischen Kartenspiels ein.

"Das Schafkopfen wird immer weniger gespielt und droht auszusterben", sorgt sich der 54-jährige Unternehmensberater. Umso mehr freut er sich, dass zu seinem Anfängerkurs am Mittwoch im Gasthaus Hohenester immerhin elf Teilnehmer erschienen sind. Und vor den Grünschnäbeln liegt eine Menge Arbeit, denn um das Schafkopfen zu erlernen, bedarf es einiger Ausdauer im Gehirnjogging.

Auch deshalb macht Schafkopf-Meister Sigi Wenz den Kursteilnehmern zu Beginn Hoffnung: "Bisher habe ich es an den drei Abenden immer geschafft, den Leuten das Spielen beizubringen." Schaut man jedoch in die Gesichter der Anfänger, sieht man vor allem eines: fragende Blicke. Wen wundert das, schließlich werden sie gleich mit einer Fülle an Grundlagen des Schafkopfens konfrontiert. Und die auf Anhieb alle zu verstehen, scheint schwieriger zu sein, als hundert chinesische Vokabeln auf einmal zu lernen.

Vielleicht nur so viel: Schafkopf wird mit einem bayerischen Kartendeck gespielt, bestehend aus 32 Spielkarten. Diese werden vollständig an vier Spieler verteilt, sodass jeder Spieler acht Karten erhält. 14 der 32 Spielkarten sind Trümpfe: Dazu zählen sämtliche Ober und Unter, in ihrer Wertigkeit absteigend von der Farbe Eichel über Gras, Herz und zuletzt Schellen. Die restlichen sechs Trümpfe variieren, je nachdem, ob es sich um ein Solospiel oder ein Partnerspiel ("Sauspiel") handelt. Ziel ist es letztlich, möglichst viele Stiche zu machen, ab einer Punktzahl von 61 gilt das Spiel als gewonnen. Verstanden? Wohl kaum. Wollte man einem Unwissenden alle Spielregeln und Kniffe des Schafkopfens erklären, bedürfte es nicht nur ein paar Zeilen, sondern eher einer wissenschaftlichen Abhandlung. Dementsprechend überfordert wirken die Schafkopf-Neulinge zu Beginn. "Ganz schön kompliziert", sagt Edith aus Indersdorf stöhnend. Ihr Sitznachbar Jürgen hat einen hochroten Kopf und ärgert sich: "Ich hätte mir Notizen machen sollen."

Nichtsdestotrotz geben die elf grübelnden Kursteilnehmer im Alter von 30 bis 70 Jahren nicht auf: Unermüdlich stellen sie Fragen und blicken hoch konzentriert auf die Kartenkonstellationen, die Lehrmeister Wenz immer wieder ändert. Und siehe da, von Zeit zu Zeit haben die Anfänger tatsächlich immer wieder erleuchtende Erlebnisse. So auch die 30-jährige Tanja, die gemeinsam mit ihrer Mutter Helga am Kurs teilnimmt. Sie hat soeben durch einen cleveren Spielzug einen Stich gemacht und wird prompt dafür gelobt: "Super gemacht", sagt Schafkopflehrer Wenz mit einem breiten Grinsen, sichtlich erfreut über die ersten erfolgreichen Spielversuche seiner Kursteilnehmer. Man merkt, dass Sigi Wenz Erfahrung im Unterrichten des Schafkopfes hat. Schließlich hat der VHS-Dozent in den vergangenen sieben Jahren mehr als 130 Menschen an das Kartenspiel herangeführt. Seine Devise dabei: "Learning by doing" statt zu vieler Worte.

Seine Schüler haben offensichtlich ganz unterschiedliche Beweggründe, an dem Seminar teilzunehmen. So hofft die bald in Rente gehende Helga, eine zusätzliche Freizeitbeschäftigung zu finden. Oder Robert aus Dachau, der - wie sich herausstellte - bereits zum zweiten Mal den Anfängerkurs besucht, ist verzweifelt auf der Suche nach Spielpartnern, weshalb er seine Kompagnons Werner und Christian in den Kurs gelockt hat.

Ihr Kommen bereut haben die Teilnehmer jedenfalls nicht, wie sie einhellig sagen, vielmehr freuten sie sich schon jetzt auf die kommenden Spieleabende. Bis es so weit ist, hat Dozent Sigi Wenz seinen Schülern noch eine Hausaufgabe mit auf den Weg gegeben. Der Umfang der Lektüre: 13 DIN-A4-Seiten.

© SZ vom 15.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: