Agrarpolitik:Streitthema Landwirtschaft

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Über die Zukunft der Agrarpolitik diskutieren Alois Heißenhuber, Richard Wirthmüller, Simon Sedlmair, Leonhard Mösl und Tobias Pabst im Gasthof Doll in Ried. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Konventionelle und Bio-Bauern aus der Region fordern gemeinsam mehr Wertschätzung von Konsumenten bei einer Podiumsdiskussion der Grünen.

Von Paula Klozenbücher, Markt Indersdorf

Unter dem Titel "Gemeinsame Agrarpolitik - ein 'Weiter so' ist keine Option" referierte der Agrarökonom Alois Heißenhuber der Technischen Universität München-Weihenstephan am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der Grünen. Der Biobauer und Kreisrat Arthur Stein moderierte den Europa-Wahlkampfauftakt der Grünen im Landkreis, im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt. Dazu waren sowohl konventionell produzierende als auch Bio-Bauern aus der Region eingeladen. Auch die Zuschauer in dem gut gefüllten Saal in der Gastwirtschaft Doll in Markt Indersdorf konnten Fragen stellen.

Da "die großen Leitlinien im Wesentlichen in Brüssel gefasst werden", sei die kommende EU-Wahl am 9. Juni zukunftsweisend, betonte Arthur Stein zu Beginn. An diesem Abend wolle man einen Blick auf die Komplexität des Themas Landwirtschaft werfen - nicht zuletzt, weil die aktuelle gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ihre Ziele verfehle, so Stein.

Marktbedingungen kollidieren mit Kundenakzeptanz

Das Dilemma der Landwirte brachte Agrarökonom Heißenhuber schnell auf den Punkt: "Wenn Bauern ihre Produkte so erzeugen, wie es sich ein Großteil der Gesellschaft vorstellt, haben sie auf dem Markt schlechte Karten. Wenn sie ihre Produkte aber so erzeugen, wie es der Markt honoriert, bekommen sie keine Akzeptanz und Wertschätzung der Bevölkerung."

Dieser Interessenkonflikt zwischen der Gesellschaft, der Lebensmittelindustrie und der Agrarbranche - oder auch der "Soll-Ist-Vergleich der Landwirtschaft mit den Bürgern" - prägte die Diskussion am Abend. Heißenhuber stellte fest: Die Gesellschaft stelle immer höhere Ansprüche an Landwirte, wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit, Klimabelastung oder Tierwohl gehe. Aus dieser Forderung jedoch die Konsequenzen für das eigene Handeln zu ziehen, falle vielen Konsumenten schwer. Dass dies zu Unmut unter Landwirten führe, könne er gut verstehen. Der Trend zur Kostensenkung aufseiten der Agrarbranche würde hingegen unter Umständen zulasten von Mensch, Tier, der Umwelt und dem Klima ausgetragen werden.

Wie ein Wandel der Agrarwirtschaft aussehen könnte, skizzierte Heißenhuber: Es müsse mehr Partizipation und Transparenz im Dialogprozess zwischen Landwirtschaft und Politik stattfinden. Um Veränderung zu bewirken, brauche es eine Wechselwirkung zwischen Politik, Unternehmen, der Wissenschaft und den Konsumenten. Die Politik müsse Produzenten und Verbraucher eine bessere Orientierung bieten. Unternehmen sieht er in der Eigenverantwortung beispielsweise durch Investitionen in nachhaltige Produktionstechniken Stellung zu beziehen.

"Die Bevölkerung muss mehr für landwirtschaftliche Produkte zahlen"

Erwartungen an die Politik und Konsumenten äußerten im Anschluss an den Vortrag auch die zu einer Podiumsdiskussion eingeladenen Landwirte. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands Dachau Simon Sedlmair und der Vorsitzende der Jungbauernschaft Dachau Tobias Pabst vertraten dabei die konventionelle Landwirtschaft. Außerdem waren die Biobauern Richard Wirthmüller aus Odelzhausen und Leonhard Mösl aus Ebertshausen anwesend.

"Die Bevölkerung muss bereit sein, mehr für landwirtschaftliche Produkte zu bezahlen", sagte Biobauer Wirthmüller. Leonhard Mösl, der sich vor mehr als 15 Jahren für den ökologischen Landbau entschieden hat und auf seinem Hof Bio-Kartoffeln, Dinkelmehl und Honig erzeugt, zeigte sich hingegen resigniert, den Glauben an die Macht der Verbraucher habe er schon längst aufgegeben. Dennoch habe er Hoffnung, dass der Trend zur vegetarischen Ernährung wachse - denn "die Erde gibt so viel Tierhaltung und Fleischkonsum nicht her". Simon Sedlmair hingegen wolle weiterhin an der Nutztierhaltung festhalten, darin sehe er die Zukunft. Die nationale Strategie der Bundesregierung, bis 2023 einen 30-prozentigen Anteil an ökologischer Landwirtschaft zu erreichen, hält Mösl für höchst unrealistisch. Wirthmüller ergänzt, er hoffe jedoch auf diese 30 Prozent bis zum Jahr 2050.

Für den Jungbauern Tobias Pabst ist eins klar: Auch wenn er in Zukunft nicht ökologischen Landbau umstellen wolle, sei ihm wichtig im Einklang mit der Natur zu arbeiten - und beispielsweise weniger chemische Substanzen einzusetzen. Dass konventionelle Bauern beim Thema Artensterben häufig an den Pranger gestellt werden, verärgere ihn. Es brauche finanzielle Anreize, um freiwillige Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität zu fördern.

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