Landtagskandidat der ÖDP:Lobbyist der Jugend

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"Wenn man etwas erreichen will, muss man sich dafür auch stark machen", sagt Christopher Hinz. Der 21-Jährige rechnet damit, dass seine Partei mit sechs Prozent der Stimmen ins Parlament einzieht. (Foto: oh)

Christopher Hinz ist der jüngste Direktkandidat bei der Landtagswahl im Landkreis Dachau. Der ÖDP-Politiker kämpft mit seinem Engagement für die Belange seiner Altersklasse und gegen politisches Desinteresse.

Von Thomas Altvater, Dachau

Es ist der erste Montag im Oktober, kurz nach 16 Uhr. Christopher Hinz, 21, verlässt den Hörsaal der Hochschule München, sein erster Tag als Student ist vor wenigen Minuten zu Ende gegangen. Während seine Kommilitonen den Studienbeginn wahrscheinlich in einer Bar ausklingen lassen, sich untereinander austauschen, neue Kontakte knüpfen, fährt Hinz nach Hause und beantwortet E-Mails.

Vor fünf Jahren trat er in die ÖDP ein, heute ist Hinz der jüngste Direktkandidat für die Landtagswahl im Landkreis Dachau. Hinz, der in München geboren und in Vierkirchen aufgewachsen ist, will mit seinem Engagement die Anliegen junger Menschen in die Politik bringen und so die Jugendlichen von der Politik begeistern.

Sein beruflicher Werdegang und seine Arbeit in der ÖDP weisen Parallelen auf

Es sei eine Herzensangelegenheit, eine Passion, sagt Hinz, wenn er über seine politische Arbeit spricht. Sein Credo: "Wenn man etwas erreichen will, muss man sich dafür auch stark machen." Daheim rumsitzen und sich beklagen könne er nicht, "ich will die Sachen selbst bewegen". Wer seinen Lebenslauf liest, erkennt schnell, dass Hinz genau das verkörpert. Er ist einer der anpackt, sich nicht einfach mit Dingen zufrieden gibt. Nach der mittleren Reife begann er eine Ausbildung als Elektroniker bei den Stadtwerken München, holte anschließend sein Fachabitur nach und studiert nun Elektrotechnik.

Sein beruflicher Werdegang sowie seine Arbeit in der ÖDP weisen dabei einige Parallelen auf. Auch in der Politik arbeitete sich Hinz immer weiter nach oben, wurde mit der Zeit aktiver und übernahm mehr Verantwortung. 2016 wählten ihn die Mitglieder in den Kreisvorstand, Hinz war da 19 Jahre alt. Doch warum vertraut die Partei einem so jungen und politisch relativ unerfahrenen Mann das Amt des Direktkandidaten für die Landtagswahl an?

Die Erfahrungen der Schul- und Ausbildungszeit lässt Hinz in die Themen der Partei einfließen

"In meiner Altersklasse wollten sich viele nicht mit der Politik beschäftigen", erinnert sich Hinz einige Jahre zurück. Das belegen auch Statistiken zur Bundestagswahl 2017, die Wahlbeteiligung der 21- bis 24-Jährigen war da mehr als unterdurchschnittlich, sie lag bei nur 67 Prozent. Mit Hinz will die Partei nun gerade junge Menschen ansprechen. Und - glaubt man ihm - mit ersten, wenn auch nicht messbaren Erfolgen: "Wenn ich in meinem Freundeskreis über die Themen der Partei diskutiere, bekomme ich eigentlich immer eine sehr positive Resonanz."

Doch nicht nur personell, auch inhaltlich orientiert sich die Dachauer ÖDP an den jungen Leuten. Die Erfahrungen, die Hinz gerade in der Schul- und Ausbildungszeit gemacht hat, lässt er in die Themen der Partei einfließen und stößt damit auf offene Ohren. "Es wird auf junge Leute wie mich eingegangen, es wird mir zugehört und ich werde ernst genommen." Immer wieder kommt er auf die Digitalisierung zu sprechen, eines seiner Lieblingsthemen. "Ich bin da einfach näher dran", sagt er.

Politisch sozialisiert wurde Hinz am Küchentisch

Politisch sozialisiert wurde Hinz am Küchentisch. Oft diskutierte er mit Vater und Schwester, vor allem über Parteispenden, schließlich traten sie gemeinsam in die ÖDP ein. Er sei schon damals von den Werten und Idealen der Partei überzeugt gewesen, sagt er heute. "Die ÖDP nimmt keine Konzernspenden an und macht deshalb eine vollkommen unabhängige Politik", erklärt Hinz den wichtigsten Grund für seinen Parteieintritt.

Einordnen lässt sich die Kleinpartei in der politischen Mitte. Ebenso wie die Grünen legt auch die ÖDP einen besonderen Wert auf die Umweltpolitik, doch Hinz ist um Abgrenzung bemüht und ortet Widersprüche. So würden die Grünen Spenden des Autobauers BMW annehmen, ein Parteitag sei sogar von einem Plastikverband finanziell unterstützt worden, erklärt er. Und auch in der Umweltpolitik unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Lösungsansätze. "Wir fordern, weniger auf den Individualverkehr zu setzen, auch wenn er elektrisiert werden sollte, sondern wollen stattdessen den öffentlichen Nahverkehr stärken", erklärt Hinz. Im Bereich der Digitalisierung fordert er ein Recht auf eine analoge Kindheit. Und kürzlich warb die Partei für ihr Volksbegehren, mit dem sie gegen das Artensterben vorgehen will.

Es ist diese Art von Politik, mit der auch Kleinparteien Einfluss auf die Landespolitik nehmen können. Der ÖDP ist das schon mehrmals gelungen. Im Jahr 1996 organisierte die Partei einen erfolgreichen Volksentscheid gegen den Bayerischen Senat, der daraufhin aufgelöst wurde. Noch immer präsent ist der Volksentscheid für das Rauchverbot in der Gastronomie, den die ÖDP im Jahr 2009 initiiert hatte. Damals stimmten mehr als zwei Millionen Menschen für das Rauchverbot.

Hinz rechnet damit, dass die ÖDP den Sprung in den Landtag schafft

Hinz ist das alles jedoch nicht genug, selbstbewusst wagt er eine Vorhersage für die Landtagswahl: "Wir rechnen fest mit sechs Prozent der Stimmen", sagt er. Im Vergleich zur Landtagswahl vor fünf Jahren wäre das ein enormer Sprung, damals kam die Partei auf zwei Prozent der Stimmen. Bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr entfielen nur 0,3 Prozent der Stimmen auf die ÖDP, dabei sitzt mit Klaus Buchner ein Abgeordneter der Partei sogar im Europaparlament.

Anders ist das auf kommunaler Ebene. In insgesamt acht Gemeinden stellte die ÖDP nach den bayerischen Kommunalwahlen im Jahr 2014 einen Bürgermeister. In vielen bayerischen Stadt- und Kreisräten sitzen Parteimitglieder, auch in Dachau. Trotzdem fehlt der ÖDP in der Bundesrepublik ein flächendeckendes, regionenübergreifendes Netzwerk aus Verbänden. "In Bayern ist das besser, dort sind wir in vielen Städten und Gemeinden präsent", sagt Hinz. Für die Partei könnte das eine Chance sein.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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