Landrat Thomas Karmasin will künftig die Arbeit seiner Mitarbeiter aufs absolut notwendige Maß beschränken und Kontrollen, die in die Zuständigkeit der Kreisbehörde fallen, so weit wie möglich reduzieren. Angesichts einer sich abzeichnenden Finanzlücke von elf bis zwölf Millionen Euro möchte Karmasin Sach- und Personalkosten senken. Mit einer internen Dienstanweisung sind alle Behördenmitarbeiter in den vergangen Tagen instruiert worden.
Das Landratsamt setzt den Vollzug von Verordnungen durch und kontrolliert teils stichprobenartig, etwa in Bereichen wie Lebensmittel, Gesundheit, Naturschutz oder Tierhaltung. Mitarbeiter sollten sich nicht "den ganzen Tag über mit Sinnlosigkeiten" beschäftigen müssen - nur wo es auch im Sinne des Bürgers sei, solle weiterhin sehr genau hingesehen werden.
Zwar seien viele Verordnungen berechtigt, manche aber eben auch "ins Unsinnige verkehrt" und übertrieben. Das Ergebnis liest sich in der Dienstanweisung so: Besteht keine Rechtspflicht zum Einschreiten des Landratsamtes, sollen die Verwaltungsmitarbeiter nur noch dann tätig werden, wenn Gefahr für Leib und Gesundheit von Menschen oder erheblichen Sachwerten gegeben sind, wenn es um einen "Verstoß von einigem Gewicht" geht oder wenn die Gefahr besteht, einen unerwünschten Präzedenzfall zu schaffen.
Auch die Einhaltung von Bausatzungen, die von Gemeinden in Einzelfällen sehr eng gefasst werden, soll nur noch mit Augenmaß überprüft werden. Karmasin glaubt, dass das auch im Sinne der Kommunen ist, die sich regelmäßig über die hohe Kreisumlage beschweren.
Mehr Handlungsspielraum
Die Ankündigung des Landrats findet im Landkreis ein positives Echo. So begrüßte Dieter Ernst, der Vorsitzende des Vogelparks Olching, den Vorstoß ausdrücklich: "Diese Initiative ist sehr gut." Seine Einrichtung müsse teils unsinnige bürokratische Vorschriften erfüllen. Den Mitarbeitern des Landratsamts bescheinigt er ebenso wie der Brucker Metzgermeister Georg Eser, auch bislang bei Kontrollen kooperativ aufgetreten zu sein. Karmasin räumt durchaus ein, dass dies alles eine Gratwanderung ist. Denn auch wenn allerorten nach Entbürokratisierung gerufen werde, so werde doch schnell wieder aufs Gesetz gepocht, wenn sich jemand benachteiligt fühlt.
Zu den "klaren Zielen und Grundsätzen der Amtsleitung", die der Landrat bei so genannten Kaminabenden mit seinen Führungskräften ausgearbeitet hat, gehört auch eine Eingrenzung des Begriffs "Bürgerfreundlichkeit". Unter einer bürgerorientierten Verwaltung sei nicht zu verstehen, den Bürgern möglichst viel zu ermöglichen. Vielmehr solle die Verwaltung freundlich und höflich auftreten.
Laut SZ-Informationen stößt dieser Punkt im Amt auf Unverständnis. Einige Angestellte fragen sich, ob sie künftig Bürger bei berechtigten Anliegen freundlich aus dem Amt "hinauskomplimentieren" sollen. Karmasin lässt sich von solchen Stimmen nicht beirren, verspricht er sich so doch mehr Handlungsspielraum für Kernaufgaben des Kreises, zu denen der Sozialbereich, die Trägerschaft für weiterführende Schulen und der Öffentliche Nahverkehr zählen.
Die Haushaltsmittel für die Kulturförderung lägen seit zwei Jahrzehnten im Bereich von 500.000 bis 600.000 Euro, das sei sowieso schon das Minimum. Für den Bereich der Jugendhilfe wiederholt der Landrat seine Kritik an der Vorgabe, Maßnahmen unabhängig vom Einkommen der Eltern gewähren zu müssen. Würde der Chef der Deutschen Bank im Landkreis leben und dessen Sohn hätte Legasthenie, müsste der Kreis die Therapie bezahlen. Es gebe Fälle, in denen wohlhabende Familien die Kosten für den Internatsaufenthalt ihrer Kinder beim Landratsamt eingeklagt hätten.