KZ-Gedenkstätte Dachau:Lädiertes Mahnmal

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Für Abba Naor (2.v.l.) verdeutlicht die Tür die Grausamkeit der Nazis. Im Glaskasten, so hoffen Kultusminister Ludwig Spaenle, Gabriele Hammermann und Karl Freller (v.l.), ist das Original nun diebstahlsicher. (Foto: Toni Heigl)

Das echte KZ-Tor ist nun konserviert und kann in einer Vitrine am Ende der Ausstellung über die Geschichte des Lagers betrachtet werden. "Das ist ein guter Platz", sagt der Holocaust-Überlebende Abba Naor

Von Viktoria Großmann, Dachau

Der Tür mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" begegnen die Besucher der KZ-Gedenkstätte Dachau nun zweimal. Die Tür im Jourhaus, durch die sie das ehemalige Lagergelände betreten, auf dem zwischen 1933 und 1945 etwa 200 000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert waren, ist eine originalgetreue Kopie. Sie hatte 2015 der Biberbacher Kunstschmied Michael Poitner angefertigt, nachdem das Original in der Nacht zum 2. November 2014 gestohlen worden war. Zwei Jahre später wurde es auf einer Müllkippe bei Bergen in Norwegen gefunden. Dieses Original steht nun, gut gesichert, in einer klimatisierten Vitrine am Ende der Ausstellung über die Geschichte des Lagers im ehemaligen Wirtschaftsgebäude.

Lädiert sieht die etwa 100 Kilo schwere und zwei Meter hohe Eisentür aus. Rost frisst sich ins Material, Farbe platzt ab. Doch die Tür wurde bewusst nicht restauriert, sondern sorgfältig in dem Zustand konserviert, in dem sie aufgefunden wurde. Nun wird sie so aufbewahrt, dass sie durch die Witterung nicht weiter zerstört wird. Der Diebstahl ist nun Teil der Geschichte der KZ-Gedenkstätte und dieser Tür, die Häftlinge 1936 anfertigen mussten. Die Inschrift verschwand nach dem Krieg und wurde in den Siebzigerjahren ersetzt. Doch die eigentliche Tür ist das Original. Bis zu 20 Farbschichten hat der Bielefelder Restaurator entdeckt, erklärt Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann. "Rostbraun und lichtgrün" sei die Tür wohl ganz zu Anfang einmal gestrichen gewesen. Erst in den Vierzigerjahren wurde offenbar die massive Mittelstrebe eingefügt - wohl, um Fluchtversuche zu verhindern. Denn ein abgemagerter Mensch hätte durch das Gitter gepasst.

Die Inschrift "Arbeit macht frei" zeigt nach außen. Um zu suggerieren, dass es sich um ein Arbeitsumerziehungslager handelt, erklärt Hammermann. Doch vielen Ankömmlingen hätten die SS-Leute sofort mitgeteilt, dass sie das Lager nicht mehr verlassen würden. Etwa 41 500 Menschen kamen im Konzentrationslager Dachau ums Leben. "Dieses Tor gibt Zeugnis vom Zynismus der Nazis", sagt Karl Freller, Direktor der Bayerischen Stiftung Gedenkstätten. "Es verhöhnte die Häftlinge." Er bedauert, dass die Diebe nicht gefasst wurden.

"Was sind das für Menschen? Was hatten die damit vor?", fragt Abba Naor. Der Holocaust-Überlebende Naor ist als Vertreter des Internationalen Dachau Kommittees CID an diesem Donnerstag aus Israel in die Gedenkstätte nach Dachau gekommen und bedankt sich bei jenen, die nach dem Tor gesucht haben und jenen, die es nun für die Ausstellung konserviert haben. "Das ist ein guter Platz", sagt er. "Hier haben die Leute mehr Zeit, es zu betrachten und seine Bedeutung als echtes historisches Relikt zu würdigen."

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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