Karlsfeld:Die reisehungrige Malerin

Karlsfeld: Ihre beiden Leidenschaften, das Reisen und Malen, verbindet sie gerne: Künstlerin Anja Grafe-Friedrich stellt in der Galerie Kunstwerkstatt aus.

Ihre beiden Leidenschaften, das Reisen und Malen, verbindet sie gerne: Künstlerin Anja Grafe-Friedrich stellt in der Galerie Kunstwerkstatt aus.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn Anja Grafe-Friedrich auf Reisen geht, hat sie ihre Maluntensilien immer dabei. Rund 90 Länder hat sie mittlerweile bereist. Ihr Fernweh begründet sie auch mit ihrer DDR-Vergangenheit. Nun sind ihre Aquarelle in Karlsfeld zu sehen.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Ihr Handgepäck wird oft besonders gefilzt. Wenn Anja Grafe-Friedrich durch den Check-In am Flughafen will, kann es länger dauern. Denn mit den Aquarellfarben und Metallboxen können die Sicherheitskräfte meist nichts anfangen, erzählt sie lachend. In den Flieger hat es die Karlsfelder Künstlerin aber bisher immer geschafft. Ihre Malutensilien hat sie jedes Mal dabei, rund 90 Länder bereiste sie schon in ihrem Leben, schätzt sie. Währen des Urlaubs packt sie immer wieder spontan den Klapphocker aus und zeichnet, zum Beispiel Moscheen mit prächtigen Kuppeln im Iran, Berglandschaften in Äthiopien oder den von Christo verhüllten Arc de Triomphe in Paris. Demnächst zeigt sie rund 120 ihrer Architekturaquarelle in der Galeriekunstwerkstatt Karlsfeld bei ihrer Ausstellung "50 Jahre - 50 Länder".

"Schuld an meinem Reisehunger ist wohl die ehemalige DDR"

Eigentlich sollte die bereits zu ihrem 50. Geburtstag stattfinden, aber dann kam Corona, erzählt die mittlerweile 51-Jährige. Sie ist Teil des Kunstkreises Karlsfeld und dort sei es Usus, dass man zu seinem runden Geburtstag auch eine Ausstellung gestaltet, im Fall von Grafe-Friedrich war das Thema schnell klar: Natürlich das Reisen. "Schuld an meinem Reisehunger ist wohl die ehemalige DDR", erzählt die Künstlerin. Sie ist in Halberstadt in Sachsen-Anhalt aufgewachsen, die Familien-Urlaube waren begrenzt auf Länder des Ostblocks, in Tschechien, Polen oder am Balaton in Ungarn. Mit den Reisebeschränkungen der DDR konnte sie sich einfach nicht arrangieren.

Sie hatte keine Vorstellung davon, wie es in anderen Ländern so sei, lediglich von Tierdokus im Fernsehen konnte sie erahnen, wie es etwa in afrikanischen Ländern aussehe. Doch damit war nach der Wende Schluss. Die erste Reise von Anja Grafe-Friedrich ging nach Südfrankreich, wo ihre Mutter Bekannte hatte. "Mit Europa bin ich mittlerweile gut durch", sagt sie. Außerdem hat sie bereits die Kontinente Asien, Australien, Nordamerika, Südamerika, und Afrika bereist. Von der Natur her am schönsten fand sie Hawaii und Island wegen der vulkanischen Landschaften, im Iran und Usbekistan habe sie die islamische Architektur mit den Kuppeln und farbigen Mosaiken fasziniert und in Äthiopien haben sie die herzlichen Menschen begeistert. Einmal packte sie dort ihren Klapphocker vor einer Berglandschaft aus, um zu malen. Prompt versammelten sich zehn Leute um sie herum und wollten wissen, was sie da mache: "Da wurde es schwierig mit dem Zeichnen", lacht sie.

Karlsfeld: Schlicht mit wenigen Farben aquarelliert hat Anja Grafe-Friedrich hier die Windmühlen von Olympos auf der griechischen Insel Karpathos.

Schlicht mit wenigen Farben aquarelliert hat Anja Grafe-Friedrich hier die Windmühlen von Olympos auf der griechischen Insel Karpathos.

(Foto: Niels P. Jørgensen)
Karlsfeld: Während einer Toskana-Reise hat sie den Marktplatz von San Gimignano künstlerisch festgehalten.

Während einer Toskana-Reise hat sie den Marktplatz von San Gimignano künstlerisch festgehalten.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das passiert ihr immer wieder, wenn sie den Klapphocker auspackt. Sie kommt mit Journalisten oder anderen Touristen ins Gespräch, die wissen wollen, warum sie da sitzt und malt. Auch als sie den verhüllten Reichstag in Berlin zeichnete, wurden Passanten neugierig und kauften ihre Aquarelle - damit finanzierte sie sich eine USA-Reise. Heute fällt ihr das nicht mehr so leicht, ihre Werke verkauft sie eigentlich nicht, denn die gemalten Erinnerungen an ihre Reisen bedeuten ihr mehr als das "bisschen Geld".

Durch das Malen erlebt sie ihre Reisen noch intensiver

Traditionell zeichnet sie mit dem Fineliner vor und aquarelliert anschließend mit dem Pinsel. Am liebsten malt die Architektin, die als Projektmanagerin für Schulen im Münchner Baureferat arbeitet, Architektur: Dafür setzt sie sich vor ältere Gebäude, Ruinen und Ausgrabungsstätten, um sie auf dem Malblock festzuhalten, meistens dauert es etwa eine Viertelstunde, bei größeren Bildern können es auch mal drei Stunden werden. Dadurch erlebe sie das Gesehene auf Reisen nochmal intensiver, denn sie schaue ganz genau hin, zum Beispiel wie viele Fensterreihen hat das Gebäude oder was ist in der Umgebung der Sehenswürdigkeit zu sehen? Fotos mache sie im Urlaub trotzdem: "Das ist nochmal ganz etwas anderes - ein anderes Medium."

Die nächste Reise hat sie auch schon geplant, mit ihrer Familie wird sie im Sommer die US-amerikanische Westküste entdecken, auf der Liste stehen Nationalparks, ebenso wie Los Angeles und San Francisco - die Malutensilien kommen natürlich ins Handgepäck.

Die Vernissage zur Ausstellung "50 Jahre - 50 Länder" beginnt am Freitag, 1. Juli, um 19 Uhr in der Galerie Kunstwerkstatt. Weitere Öffnungszeiten jeweils von 14 bis 18 Uhr sind am Samstag, 2. Juli, Sonntag, 3. Juli, Samstag, 9. Juli, und Sonntag, 10. Juli.

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