Konzert:Schlagzeug-Akrobaten

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Bewegungen, so schnell, dass die Zuschauer ihnen mit den Augen nicht folgen können und perfektes Synchron-Spiel: Zum 35-jährigen Bestehen der Schlagzeugschule "Drums" spielen Stars der internationalen Percussion-Szene in Dachau

Von Andreas Förster, Dachau

Der "Drums"-Gründer Norbert Siegl hatte für seine Jubiläumsfeier extra die große Tennishalle des TSV Dachau 1865 an der Alten Römerstraße zur großen Konzertbühne umfunktioniert. Der Organisationsaufwand mit dem Aufbau einer zehn Meter breiten Bühne war enorm. Alleine die Teppiche, die den Hallenboden schützten, wogen mehr als eine Tonne. Siegl legte überall selbst mit Hand an und freute sich am Ende des fünfstündigen Konzerts über eine "unfassbar gute Show, die allen riesigen Spaß gemacht hat." Nur die Stifte für die Autogramme nach dem Mega-Konzert hatte er vergessen. Kaum ausgesprochen, wurden ihm schon von allen Seiten bunte Eddings gereicht, so dass sich schließlich jeder Besucher noch ein Autogramm von Claus Hessler, Dirk Brand, Christian Benning und seinen Mitstreitern von Percussion No. 1, Patrick Stapleton und Felix Kolb, sowie den Drumbassadors René Creemers und Wim de Vries abholen konnte.

Norbert Siegls Schlagzeugschule "Drums" hat in diesem Jahr einen guten Grund, ordentlich auf die Pauke zu hauen: einen sehr runden Geburtstag. (Foto: Toni Heigl)

Die Begeisterung über die Stars war so groß, dass aus den fünf Autogramm-Minuten, die Siegl zunächst angekündigt hatte, eine halbe Stunde wurde. Schließlich bekommt man nicht alle Tage einen Dirk Brand oder Claus Hessler zu fassen. Brand beispielsweise tritt sonst in Wacken auf, dem Mekka der Hardrock- und Heavy-Metal-Fans, und spielt bei der deutschen Metal-Band Axxis Schlagzeug. Hessler wird als der deutsche Jim Chapin verehrt und die Drumbassadors sind ein weltweit einzigartiges Drumset-Duo aus den Niederlanden. Zu allen pflegt Siegl seit vielen Jahren eine innige Freundschaft. Creemers und Brand kennt Siegl seit Mitte der Neunzigerjahre aus Schlagzeug-Seminaren in den USA, beide haben mehrfach in seiner Drum-School Workshops gegeben.

Eine besondere Freundschaft verbindet Siegl mit seinen Musterschülern, Multi-Instrumentalist und Popsänger Tommy Reeve, Tassilo-Preisträger Christian Benning, Bigband-Dachau-Schlagzeuger Jan van Meerendonk und Tonair-Drummer Bernd Braun. Alle haben einst bei ihm dem Grundstein für ihre spätere musikalische Karriere gelegt. Gemeinsam spielten sie für ihren Mentor "Le Train", Reeve legte noch zwei eigene Songs als Geburtstagsständchen nach und Benning spielte gar ein ganzes Set, zunächst "Tornado" von Mitch Markovich und eine Eigenkomposition, anschließend das afrikanisch anmutende Stück "Ghanaia" gemeinsam mit seinem Ensemble, Percussion No. 1.

Norbert Siegl (im Bild rechts) mit Metal-Drummer Dirk Brand. (Foto: Toni Heigl)

Danach zeigte Dirk Brand sein Können und heizte den Zuschauern mit seinen pulsierenden Drum-Soli à la Wacken ein. "Ein absoluter Traum", jubelte anschließend eine Dame aus dem Publikum, die aus Gröbenzell angereist war. Andere Schlagzeugfans kamen extra aus Ulm, Kaufbeuren, Ingolstadt oder vom Chiemsee nach Dachau.

Die Drumbassadors wiederum sind ein perfekt eingespieltes Team. Sie pflegen einen anderen Stil, der weniger Raum für Improvisation lässt und im Vergleich zum einem Dirk Brand etwas ruhiger anmutet. Doch ihre Doppel-Drum-Soli sind so perfekt synchron, dass es einem den Atem raubt. Claus Hessler zeigte er bei einem unglaublichen, 15-minütigen Drum Solo, zu welchem Trommelfeuerwerk er im Stande ist. Dabei zeigte er seine berühmte Open-Hand-Technik, bei der er die Hände gerade hält und nicht kreuzt. Hessler spielte sich regelrecht in einen Rhythmusrausch, bei dem die Zuschauer den fliegenden Händen - er hält teilweise zwei Sticks in einer Hand und trommelt mit der freien Handfläche auf die Conga vor ihm - und Beinen mit bloßen Auge nicht mehr folgen konnten. Man muss es gesehen haben, um es glauben zu können.

Die Auswahl an Schlaginstrumenten war auf dem fünfstündigen Konzert deutlich umfassender. Die Bühne war 60 Quadratmeter groß. (Foto: Toni Heigl)

Anschließend durften die Künstler an Marimba und Vibrafon, Percussion No. 1, gemeinsam mit Hessler mit zwei neu arrangierten Bach-Stücken sowie einem Ragtime aus dem Berlin der Zwanzigerjahre die Bühne rocken. Im Finale rissen alle Künstler in einem gemeinsamen Auftritt das Publikum von den Stühlen. Sie spielten mit derselben schier wahnwitzigen Qualität wie zuvor, obwohl sie die Stücke am Vormittag nur einmal gemeinsam geübt hatten. Ein erschöpfter Christian Benning resümierte: "Es hat unfassbar viel Spaß gemacht."

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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