Konzert:Die Botschafter

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Was für ein Wechsel: Von lokalen Orten wie dem Echodrom (Foto) beim Amperitiv geht die Reise für die Bigband Dachau direkt nach Montreux. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wie sich die Bigband Dachau beim Jazzfestival in Montreux fühlt

Von Gregor Schiegl, Dachau / Montreux

Die Bigband Dachau fiebert dem größten Auftritt ihrer Geschichte entgegen. Sie spielt auf dem Jazz Festival in Montreux. Für die 30 jungen Musiker der Knabenkapelle Dachau ist die Einladung so etwas wie ein künstlerischer Ritterschlag. Montreux gilt als bedeutendstes Jazz-Festival in Europa; in diesem Jahr spielen dort unter anderem Herbie Hancock und Tom Jones. Die Band ist sich ihrer Rolle als Botschafter Dachaus wohl bewusst. Bei den Gastgebern und dem Publikum will sie nur den allerbesten Eindruck hinterlassen. Im Reisebus unterwegs in die Schweiz schärft Band-Leader Tom Jahn seinen Mitspielern am Donnerstag noch ein: "Den Leuten hier, auch der Verkäuferin im Supermarkt, begegnen wir mit einem Lächeln. Sie sollen sich an uns als die geilste Bigband der Welt erinnern."

Die Bigband Dachau hat mit ihrem speziellen Stil, einem druckvollen, mitreißenden Sound, der direkt ins Tanzzentrum des Hirns zielt, eine beachtliche Anhängerschaft gewonnen. Sie zeigt dabei auch keine Berührungsängste mit anderen Genres. "Ich glaube, dass wir eher eine Techno- als eine Jazz-Band sind", sagt Keyboarder Luca. Das ist natürlich überspitzt formuliert, aber ganz falsch ist es auch nicht. Vom Techno habe die Band das Hypnotisch-Repetetive adaptiert, erklärt Bandleader Tom "Tornado" aber natürlich macht die Bigband auch Jazz. "Improvisation ist Jazz." Dazu fließen eine Vielzahl weiterer Einflüsse ein, auch gespeist durch die persönlichen musikalischen Vorlieben der Mitglieder.

Die einzelnen Bausteine sind relativ einfach. "Wie Sechser-Lego-Steine", sagt Bandleader Tom Jahn. Aber auch aus einfachen Elementen lässt sich gemeinsam Großartiges schaffen, das ist die Idee, das ist das Rezept der Bigband Dachau. "Jeder spielt, was er kann, und jeder macht das mit absoluter Hingabe."

Von Lampenfieber ist bei den jungen Musikern bislang noch nichts zu merken. Respekt, ja, aber sonst herrscht fiebrige Vorfreude. Die Band ist gut vorbereitet. In den vergangenen Wochen wurden die Proben noch einmal deutlich intensiviert. Unter Druck gesetzt fühlen sich die jungen Musiker nicht. "Montreux hat uns allen noch mal einen Wahnsinnsmotivationsschub gegeben", sagt Tom Jahn.

Der Wahl-Münchner Sänger J.J. Jones, Musikgewächs aus Nashville, Tennessee, ist große Bühnen gewohnt. Er ist bereits in Hongkong, Tokio oder Paris aufgetreten. Kalt lässt ihn der bevorstehende Auftritt mit der Bigband trotzdem nicht. "Ich freu mich riesig." Las McCann und Eddie Harris haben 1966 in Montreux eine fantastische Aufnahme eingespielt. Die Bigband will in Montreux wenigstens eine Strophe von seiner Nummer "Compared to what" in ihr Konzert einschmuggeln. Das kann man eine musikalische Reverenz nennen. Oder ein Sampling. Für das Publikum wird das keine Rolle spielen: Hauptsache, es kesselt. Der Erwartungsdruck ist riesengroß.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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