Klassik:Mit Forte in den Frühling

Lesezeit: 2 min

Wie die Sinfonietta Dachau im Schloss Beethoven und Mozart interpretiert.

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

"Frühjahrskonzert" und nicht etwa "Frühlingskonzert" nennt sich das von der "Sinfonietta Dachau" jeweils im März im Dachauer Schloss gegebene Konzert. Und das ist auch gut so. Denn dass dieses Konzert früh im Jahr stattfindet, kann man nicht bestreiten. Ob es mit dem, was wir gern mit "Frühling" in Verbindung bringen, zu tun hat, ist eine andere Frage. In diesem Jahr war die ungeheuere Lautstärke des Musizierens vielleicht darauf zurückzuführen, dass man damit den Frühling herbeiblasen und herbeistreichen wollte, wobei die Pauken und Trompeten als führende Instrumente hervortraten. Aufgeführt wurde die Symphonie Nr. 2 von Beethoven, und diese Aufführung geriet sehr stark - aber nicht nur in Hinsicht auf die Lautstärke.

Victor Bolarinwa, Gründer und von Anfang an einziger Dirigent der Sinfonietta Dachau, hat sein Orchester auf hohes Niveau gebracht. Die Stimmführer aller Orchestergruppen sind jetzt professionell besetzt, und bei den dazugekauften Bläsern hat Bolarinwa in der vergangenen Zeit auch eine glückliche Hand. Heftig dirigierend führte er sein Orchester durch Beethovens "Zweite". Professionelle Orchestermusiker reagieren auf heftiges Dirigieren mit heftigem Musizieren und reißen die Laienmusiker an den hinteren Pulten mit. Beethoven hätte an dieser Aufführung sicher seine Freude gehabt, nicht nur weil er trotz fortgeschrittener Taubheit alles gehört hätte, sondern weil zudem alles auch gut gespielt war. Freilich, im Forte und Fortissimo lässt sich leichter spielen als im Piano.

Nicht nur die junge japanische Fagottistin Nana Ozaki überzeugt mit Spielfreude. (Foto: Toni Heigl)

In der Fachliteratur wird Beethovens zweite Symphonie (wie die erste) nicht besonders gut besprochen. Der Münchner Beethoven-Biograf Walter Riezler etwa meint, dass sich Beethoven hier, verpflichtet auf die von den Vorgängern überkommene sinfonische Form, nicht immer ganz frei bewegt. "Daher mag es kommen, dass diese beiden Werke, trotz vieler Herrlichkeiten, die sie enthalten, heute nicht mehr so stark wirken (... ) und dass sie auch hinter anderen Werken Beethovens zurücktreten müssen." Mit diesem Urteil hat Victor Bolarinwa jetzt tüchtig aufgeräumt, seine Interpretation sprach unverkennbar und deutlich Beethovens Sprache.

Die große Intensität, mit der Bolarinwa musizierte beziehungsweise musizieren ließ, kam zu Beginn des Konzerts der "Don Giovanni"-Ouvertüre von Mozart zugute. Mozart hat die Ouvertüre bekanntlich als letztes Stück der Oper erst in Prag, in der Nacht vor der Premiere, komponiert. So geriet sie zur höchst konzentrierten musikalischen Zusammenfassung der ganzen Oper, und so war sie auch im Dachauer Schloss von der Sinfonietta Dachau zu erleben. Das Publikum war sprachlos, der Beifall blieb aus. Erst nach geraumer Zeit regten sich schüchtern ein paar Hände zum Einsatz des fälligen Beifalls. Darin sah das Publikum offenbar ein Fehlverhalten, das es nicht wiederholen wollte. Also wurde sowohl beim jetzt folgenden Fagottkonzert von Mozart als auch bei der Beethoven-Sinfonie nach jedem Satz heftig geklatscht.

Auch das Orchester brilliert im Schloss Dachau. (Foto: Toni Heigl)

Die junge japanische Fagottistin Nana Ozaki wirkte und spielte aber auch so bezaubernd, dass man hingerissen war. Als das Fagott in barocker Zeit ins Orchester einzog, hieß es: "Neue Erfindung von allgewaltiger Wirkung" und man meinte dann, man habe es so zum Solospielen "hinaufgestimmt, dass jetzt der Fagott mit den ersten Instrumenten der Welt wetteifert". Trotzdem hat nur ein einziges Fagottkonzert die Zeiten überdauert - natürlich das von Mozart. Bei der ersten Aufführung im Dachauer Schloss brillierte nicht nur die Solistin, sondern auch das Orchester. Es ist bei diesem Konzert wie bei allen Mozart-Konzerten nicht nur Begleiter, sondern hat viel und sehr Schönes zu sagen. Die Sinfonietta Dachau nahm das mit Bravour und Spielfreude wahr. Wer freut sich nicht, eine bezaubernde Solistin begleiten zu dürfen? Da lässt man sich sogar zum vergleichsweise mühevollen Piano herbei.

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: