Karlsfeld:Nach der Pleite droht die Flut

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Die Baugrube der Neuen Mitte in Karlsfeld liegt nicht nur brach, sondern staut auch noch das Grundwasser auf - bei starkem Regen laufen die Keller von Anliegern voll.

Gregor Schiegl

Was viele Karlsfelder Bürger schon lange vermutet haben, bestätigt nun das Wasserwirtschaftsamt München: Die zwei Hektar große Baugrube der Neuen Mitte staut das Grundwasser auf und führt - zumindest lokal - zu deutlich erhöhten Pegelständen. "So ein großes Objekt führt unmittelbar vor der südlichen Wand zu einer Aufstauung", sagte Josef Höschl, der im Wasserwirtschaftsamt auch für die Gemeinde Karlsfeld zuständig ist, der SZ.

Seit bald vier Jahren schauen die Karlsfelder auf die zwei Hektar große Baugrube im Zentrum ihres Orts. Alle Pläne für die Neue Mitte der zweitgrößten Gemeinde im Landkreis Dachau sind gescheitert. Jetzt bereitet das Loch ganz neue Probleme: Die Baugrube staut das Grundwasser auf. (Foto: joergensen.com)

Die "Interessengemeinschaft Hochwasser Krenmoosstraße", die 145 Karlsfelder Haushalte vertritt, wusste das schon lange. "Nach unseren Messungen ist das Grundwasser an der Krenmoosstraße im Normalfall bei etwa 1,50 Metern", schrieb sie im August 2010 an die Gemeinde. "Seit den Baumaßnahmen hat sich dieser Wert bei circa 1,15 Metern eingependelt." Damals hatte es fünf Tage am Stück geregnet, an einem davon so viel wie sonst in einem halben Monat. Hunderten von Karlsfeldern liefen infolgedessen die Keller voll; selbst Alteingesessene, die zuvor noch nie nasse Keller gehabt hatten, waren betroffen - davon auffallend viele an der Krenmoosstraße, die südlich der Baugrube liegt.

Im Auftrag des Wasserwirtschaftsamts prüft ein Ingenieur in monatlichen Abständen den Grundwasserstand an der Baugrube. Die Daten bestätigen offenbar, dass im näheren Umfeld von mindestens 100 Metern die Pegelstände dauerhaft um mehrere Zentimeter erhöht sind - was in manchen Fällen durchaus entscheidend dafür sein könnte, ob das Wasser über die Kante des Kellerfensters sprudelt. Die Fernwärmeleitungen der Gemeinde sind nach Überzeugung Höschls nicht mitverantwortlich. Rohre, die in zwei Meter Tiefe vergraben seien, tangierten den Wasserhaushalt kaum.

Ganz im Gegensatz zur Neuen Mitte: An der Baustelle sind Schlitzwände eingezogen, die Höschl zufolge 18 Meter tief in den Boden reichen und in diesem Bereich den gesamten Grundwasserstrom blockieren. "Im Normalfall wird mit Grundwasserabsenkung gearbeitet", erklärt Höschl. Die große Schwierigkeit besteht in der zentralen Lage der Baustelle - und darin, dass es kein Gewässer in der Nähe gebe, in das man das verdrängte Grundwasser ableiten könne.

So ein massiver Eingriff in den Grundwasserhaushalt wird in der Regel nach einem halben Jahr beendet", sagt Höschl. Tatsächlich dauert er bereits seit bald vier Jahren an und wird wohl noch lange andauern. "So eine Schlitzwand aufzubohren wäre kostenaufwendig." Schon der Bau habe "mehrere Millionen Euro" gekostet. "Das ist ein Wert, den der Investor mit dem Grundstück mitverkaufen kann."

2008 begann der Hamburger Investor HIH mit der Umsetzung der Pläne für eine 80 Million Euro teure Ortsmitte, 2009 brach er die Bauarbeiten ab, um sie unter günstigeren Rahmenbedingungen später fortzusetzen. Ende 2011 gab HIH die Pläne auf. Das Unternehmen versucht nun, das Areal zu verkaufen. Die Gemeinde vermittelt im Hintergrund. Trotz zahlreicher Interessenten gab es bislang offenkundig noch keinen Vertragsabschluss.

Für den Mann vom Wasserwirtschaftsamt ist die Lage an der Neuen Mitte "ein unbefriedigender Zustand". Aber vermutlich nicht nur für ihn.

© SZ vom 15.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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