Karlsfeld:Eltern verärgert wegen Schließung von Hortgruppe

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Protestierten gegen die Gruppenschließung im Hort St. Josef: Mütter wie Elke Ruppert (2.v.l.) und Tamara Inan (3. v.r.) wünschen sich eine andere Lösung von der Gemeinde. (Foto: Toni Heigl)

Weil eine Gruppe im Karlsfelder Hort St. Josef schließt, ist der Ärger bei vielen Eltern so groß, dass sie sich zu einer Initiative zusammengeschlossen haben. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) hingegen verweist darauf, dass man sich in diesen Zeiten nicht jedem "Luxusproblem" annehmen könne.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Elke Ruppert ist überzeugt: "Wenn Sie Wohnraum in Karlsfeld wollen und sich mit drei Kindern halbwegs durchschlagen wollen, dann braucht es ein zweites Einkommen." Die Karlsfelderin arbeitet als Kommunikationsberaterin, ist dreifache Mutter und kritisiert die Kinderbetreuungssituation in der Gemeinde. Sie habe oft das Gefühl, dass es für die Gemeinde keine große Rolle spiele, "was für Kinder und Familien gut ist". Das zeige auch das jüngste Beispiel, findet sie: Ab kommenden Schuljahr wird eine von fünf Gruppen im Karlsfelder Hort St. Josef schließen. Die Gruppe mit 27 Kindern ist seit 15 Jahren in einem provisorischen Container untergebracht, der mittlerweile marode ist. Die Konsequenz: Ab nächstem Schuljahr muss der Container weg und mit ihm die Hortgruppe.

Das bereitet Ruppert Sorgen: Denn ihre ältere Tochter geht in die dritte Klasse, nach der Schule wird sie im Hort St. Josef betreut. Das würde sich die Mutter auch für ihre Zwillinge wünschen, die nächstes Jahr an der Verbandsgrundschule eingeschult werden. Doch weil die Hortgruppe schließt, muss Ruppert ihre Zwillinge wohl für die Mittagsbetreuung in der alten Grundschule an der Krenmoosstraße anmelden, die etwa zwei Kilometer vom Hort St. Josef entfernt liegt.

Für Ruppert bedeutet das einen "großen Organisationsaufwand", wenn ihre drei Kinder nach der Schule in unterschiedlichen Einrichtungen sind: "Ich muss sie nachmittags wieder einsammeln und mit dem Auto durch ganz Karlsfeld fahren" - und das in einer Zeit, in der die Gemeinde ein Klimaschutzkonzept und ohnehin "verkehrsgeplagt" ist, kritisiert sie. Ähnlich geht es vielen betroffenen Eltern, deshalb haben sie nun eine Elterninitiative gegründet und wollen einen offenen Brief an Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) schicken. Ruppert wünscht sich etwa, dass die Gemeinde ein langfristiges Konzept für die Kinderbetreuung erarbeitet und dass der marode Container von St. Josef durch einen neuen ersetzt wird.

"In dieser Zeit kann die Gemeinde nicht jedes Luxusproblem lösen, das Eltern haben"

Diesen Vorschlag lehnt Bürgermeister Kolbe ab: Schließlich sei ein neuer Container mit erheblichen Kosten verbunden und es würde etwa ein Jahr dauern, bis die Planungen abgeschlossen und der alte Container zurückgebaut ist sowie die neuen Anschlussleitungen verlegt sind. Er verstehe den Ärger der Hort-Eltern, die sich eine relativ nahe Nachmittagsbetreuung zur Verbandsgrundschule wünschen. Gleichzeitig betont er: "In dieser Zeit kann die Gemeinde nicht jedes Luxusproblem lösen, das Eltern haben." Außerdem gebe es noch den Karlsfelder Hort "Wiesenkinder" . Weiter verweist Kolbe auf den Neubau der Verbandsgrundschule, der bis 2024 fertig sein soll. Auch dort sind Ganztageszüge und eine Mittagsbetreuung geplant, bis dahin müsse man "eben ein Jahr überbrücken", so Kolbe.

Für die Karlsfelder Mutter Tamara Inan werde es wohl "ein Jahr mit extremer Doppelbelastung und noch schwieriger, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen". Sie kritisiert: "Für mich ist die Lösung der Gemeinde keine Lösung." Ihre große Tochter besucht den Hort St. Josef, das würde es sich Inan ebenso wie Ruppert auch für ihre jüngste Tochter wünschen, die nächstes Jahr eingeschult wird - doch wegen der Hortgruppenschließung wird das nicht klappen. Inan macht sich schon jetzt Sorgen. Sie arbeitet als Bürokauffrau im Vertrieb in Grasbrunn, habe viele Außendienst-Termine, für ihren Arbeitsweg brauche sie mindestens eine halbe Stunde, stehe oft im Stau und müsste sich noch mehr als ohnehin abhetzen, um ihre Kinder pünktlich aus den zwei Einrichtungen abzuholen und "mit dem Auto quer durch Karlsfeld fahren".

Auch sie plädiert für einen neuen Hort-Container: "Das sehe ich als schnellste und unkomplizierteste Lösung." Schließlich gebe es auch viele Büros, die in Containern untergebracht sind. Zudem wundere sie sich über die Gemeinde, die schon lange gewusst habe, dass der Hort-Container ersetzt werden müsse und in der Zwischenzeit keine andere Lösung gefunden habe: "Es ist ja bekannt, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen groß ist."

"Es ist ja bekannt, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen groß ist"

Außerdem ärgert sie sich über die zusätzlichen Kosten, die anfallen: Denn zukünftige Erstklässler, wie die Töchter von Inan und Ruppert, können nicht zu Fuß von der Verbandsgrundschule zur Mittagsbetreuung in die Krenmoosstraße spazieren oder radeln, schließlich liegt die vielbefahrene Münchner Straße dazwischen. Deshalb organisiert die Gemeinde einen Shuttlebus, der die Eltern 3,80 Euro pro Tag und pro Kind kostet. Insgesamt kommen da rund 80 Euro im Monat zusammen, sagt Tamara Inan: "Das ist eine finanzielle Belastung, die man erstmal tragen muss." Dazu meint Kolbe, dass man keinen günstigeren Busanbieter gefunden habe.

Die Fahrerei soll irgendwann aber ohnehin ein Ende nehmen, die erste Ganztagesklasse an der Verbandsgrundschule soll zum Schuljahr 2023/24 wird starten. Aber: Für einige Eltern sei der Ganztag keine Traumlösung, sagt Ruppert. Sie wünscht sich, dass Kinder mit sechs oder sieben Jahren nach der Schule - etwa im Hort - draußen spielen und nicht im Klassenzimmer pauken müssen. Dazu sagt die Schulleiterin der Verbandsgrundschule Ursula Weber: "Natürlich muss man den Schultag rhythmisieren, die Kinder können nicht den ganzen Tag lernen", sie denke zum Beispiel an sportliche Betätigung oder andere Angebote am Nachmittag.

Nachdem die Hortgruppenschließung öffentlich geworden ist, hat die Grünen-Fraktion im Gemeinderat einen Antrag gestellt: Sie fordert "eine qualifizierte Hochrechnung, wie viele Grundschulkinder derzeit und in den nächsten zehn Jahren einen Platz in der Nachmittagsbetreuung benötigen und in welchen Einrichtungen welche Anzahl an Plätzen zur Verfügung stehen". Gegebenenfalls sollte die Gemeinde dafür eine Beraterfirma beauftragen. Zur Begründung ihres Antrags schreiben die Grünen, dass die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 ohnehin zur Pflichtaufgabe für Kommunen wird. Hinzu komme, dass auch für die Container, in denen die Karlsfelder "Wiesenkinder" mit zwei Hortgruppen untergebracht sind, aus baurechtlichen Gründen in den kommenden fünf Jahren eine Anschlusslösung gefunden werden müsse.

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