Karlsfelds Neubaugebiet "Nido":Irrsinnige Gartenberatung

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Ein Haus nach dem anderen schießt auf dem Nido-Gelände aus dem Boden. Und demnächst sicher auch einige neue Gartenhäuschen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mehr als 200 Anfragen zu Gartenhäuschen, Sichtschutzwänden und Wintergärten machten den Mitarbeitern des Bauamts das Leben schwer. Jetzt steht alles im Bebauungsplan, Friede ist damit aber keineswegs eingekehrt.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Das Neubaugebiet Nido macht Günter Endres, dem Leiter des Karlsfelder Bauamts, eine Menge Arbeit, und das nicht nur, weil das Areal westlich der Bahn mit mehr als 540 Wohneinheiten das größte im Landkreis ist. Seit einigen Monaten kommen immer wieder Anfragen der Zugezogenen, die die Gestaltung ihrer nicht eben weitläufigen Gärten und Terrassen betreffen. Mal geht es um eine Überdachung, mal um eine Sichtwand, mal um ein Gartenhäuschen. Manchmal kommen die Leute gleich mit dem Prospekt vom Baumarkt unterm Arm. Man will ja wissen, ob man Gartengeräte und Bobbycars im geräumigen Gartenhaus "Fürstenfeld" (18 Quadratmeter plus) einquartieren kann oder ob man sie doch eher in das bescheidene Drei-Quadratmeter-Modell "Cortina" stapeln soll.

Mehr als 200 solcher Anfragen mussten Endres und seine Mitarbeiter bisher abarbeiten. Immer wieder die gleichen Anfragen, immer wieder dieselben Antworten. Dass dies nicht im Sinne einer effizienten Verwaltung sein kann, liegt auf der Hand. Alle Detailfragen - von der zulässigen Größe des Gartenhäuschens (maximal sechs Quadratmeter) bis zu seiner Dachneigung (nicht mehr als acht Grad) - sind deshalb nun klar im Bebauungsplan geregelt. Damit endet der Irrsinn der baurechtlichen Gartenberatung. Was geht und was nicht, steht jetzt alles im Bebauungsplan. Es steht auch ausdrücklich darin, dass Wintergärten nicht erlaubt sind. Neu ist das nicht. Es handelt sich nur um eine Klarstellung: Das Baurecht auf dem Gelände ist ausgereizt. Für Wintergärten wäre sowieso kein Platz mehr.

"Wir wollten es den Leuten leichter machen", erklärte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) jüngst in der Sitzung des Bauausschusses. Es sind ja nicht nur Endres und seine Mitarbeiter, die sich mit Petitessen herumschlagen mussten, auch für die Bürger war die Erforschung ihrer Gestaltungsräume enervierend, zeitraubend und auch kostspielig. Für jedes Gartenhäuschen musste schließlich erst ein Antrag auf Befreiung gestellt werden. Die Bearbeitung dauert eine Weile. Und sie kostet Geld. Man müsste also annehmen, alle seien nun glücklich und zufrieden.

Sind sie aber nicht.

33 Anwohner der Zugspitzstraße und des Heimgartenwegs protestierten mit einer Unterschriftenliste gegen die Änderungen des Bebauungsplans, und zwar gegen so gut wie jeden Punkt. Fast in jedem Satz findet sich einmal das Attribut "unangemessen". Viele der neuen Hausbesitzer kommen aus dem teuren München in das fast genau so teure Karlsfeld. Von den vielen detaillierten Vorgaben der Gemeinde fühlen sie sich in ihrem Gartenglück eingeengt. Und überhaupt: Muss man denn alles so haarklein vorschreiben auf dem Land? Geht es nicht etwas großzügiger?

Leider nein, sagt Bauamtsleiter Günter Endres. "Sie glauben gar nicht, wegen was sich Nachbarn alles streiten." Und wo die Leute so dicht auf dicht säßen, müsse man besonders darauf achten, dass sich alle weiteren baulichen Maßnahmen im Rahmen hielten. Maßstab für das, was den neuen Bürgern erlaubt wurde, sei das, was man auch den anderen bisher zugebilligt habe. Gleiches Recht für alle.

Trotzdem ist der Ärger groß. Die Unterzeichner der Protestschrift beschweren sich, dass man sie vorher gar nicht zu dem Thema angehört habe. Baureferent Günter Meikis (SPD) stimmte das nachdenklich. "Hier habe ich ein echtes Problem." Man könne doch nicht einfach so über die Betroffenen hinweggehen. Widerspruch vom Bauamt: Man habe ja mit den Anwohnern gesprochen, sagte Endres' Stellvertreterin Simone Hotzan, aber eben nicht mit diesen. Die, die jetzt protestierten, seien erst später hergezogen. Ohne Kenntnis der Vorgeschichte lesen sich die Änderungen des Bebauungsplans in der Tat wie eine einzige Liste von Einschränkungen und Verboten. Tatsächlich sei nun mehr erlaubt als vorher, sagte der Bürgermeister. Es handele sich um nichts weiter als ein Nachjustieren in der Praxis des Bebauungsplans.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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