Jazz in Dachau:Expressiv, aber nie exzessiv

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Beim Konzert des Jazz e.V. in der Dachau Kulturschranne spielten Henning Sieverts am Bass, Moritz Stahl am Saxofon und Valentin Renner am Schlagzeug (von links). Auch Valentin Renner am Schlafzeug und Luca Zambito am Klavier verausgabten sich. (Foto: Toni Heigl)

In der Kulturschranne trägt das Luca Zambito Quartett durch einen wunderbaren Jazzabend. Der Namensgeber spielte einst in der Dachauer Big Band Klavier.

Von Andreas Pernpeintner, Dachau

Insbesondere Pianist Luca Zambito ist beim Konzert des "Luca Zambito Quartett" auf der Bühne des Jazz e.V. ein alter Dachauer Bekannter. Etliche Jahre drückte er für die Bigband Dachau die Tasten von Klavier und Synthesizer und war damit maßgeblich am wachsenden Erfolg dieser wunderbaren Band mit ihrem tänzerisch hochenergetischen Bigband-Jazz-Rock-Elektro-Rap-Furioso beteiligt, das die Band aus der Dachauer Sudetenlandstraße bis zur Expo nach Mailand und zum Jazzfestival nach Montreux führte.

Jetzt, in der Kulturschranne, ist Zambito stilistisch ganz anders unterwegs. Er präsentiert mit seinen Bandkollegen einen wunderbar fein austarierten akustischen Jazz, von Zambito selbst komponiert, im Quartett vorzüglich dargeboten.

Der Bassist begleitet ohne Manierismen

Am Kontrabass steht Henning Sieverts. Ja, der Sieverts. Hörfunkredakteur und Jazztime-Moderator auf BR-Klassik. Aber eben zugleich der großartige Bassspieler Henning Sieverts. Er ist im besten Sinne der Bauch des Ensembleklangs. Voluminös (der Klang, nicht der Sieverts!), volltönend, dabei nur dann vordergründig, wenn in die Arrangements Basssoli eingeflochten sind. Wenn Sieverts aber begleitet, dann begleitet er ohne Manierismen, grundiert unauffällig, rundet den Klang - und treibt ihn an anderen Stellen mit einem kraftvollen Walkingbass voran.

Dieses Vorantreiben leistet er freilich nicht allein. Einmal entfährt Sieverts ein besonders genussvoller Ruf, als ihm und Schlagzeuger Valentin Renner ein gemeinsamer markanter Tempowechsel besonders effektvoll gelingt: so, als würden sie zusammen mit Schwung ein großes Tor aufstoßen, hinter dem sich eine neue Klanglandschaft auftut und die Musik, in diesem wirklich zauberhaften Moment plötzlich auf eine andere Energiestufe gehoben, mit Macht darauf losmarschiert.

Sie schnurren sanft, aber mit starkem Drehmoment

Dieses prägnante, wohlkoordinierte Hinübergleiten in verschiedene Intensitätsstufen ist eines der auffallendsten Charakteristika dieses Konzerts. Und Renner ist zusammen mit Sieverts hierfür der Antriebsstrang. Sie schnurren sanft, aber mit starkem Drehmoment dahin wie ein moderner Elektroantrieb. Sie verzögern beherzt. Sie beschleunigen mit wohligem Brummen wie ein kultivierter V8. Renner wechselt auf Besen, er wechselt auf Sticks. Man kann einen Schlagzeugpart kaum ensembledienlicher interpretieren als er. Und gleichzeitig kann man im Jazz kaum energischere Beats in die Trommeln klopfen und selbstbewusstere Soli herausfeuern, als Renner dies an jenen Stellen tut, an denen das ideal passt.

Eine Musik, die auf Transparenz bedacht ist

Auf diesem Fundament kann sich Saxofonist Moritz Stahl mit Sopran- oder (meistens) Tenorsaxofon bestens entfalten, und wenn er seine musikalischen Linien in die Kulturschranne zeichnet, ist er der präsenteste im Gesamtklang. Seine Melodien und Skalen sind von schönster Klarheit. Expressiv, aber nie exzessiv, immer musikalisch maßvoll.

Dennoch geht die Initiative in dieser prozessualen Darbietung, in der Verdichtung und Entspannung, abrupte Charakterwechsel und fließende Übergänge eine so wichtige Rolle spielen, in aller Regel von Zambito am Klavier aus, der die Stücke (und deren Titel wie "Solarsturm") ja auch ersonnen, auskomponiert und auf das Papier gebracht hat, das die Musiker vor sich auf den Pulten liegen haben. Zambitos Kompositionen sind gehaltvolle, strukturell komplexe Musik, in der jedes Stück zwar eine gewisse Grundstimmung hat, hierbei aber aus vielschichtigen, kontrastierenden Ereignissen aufgebaut ist. Eine Musik, die auf Transparenz bedacht ist, in der die Stimmen klangfarblich äußerst durchdacht zueinander austariert sind, in der sich verschiedene Instrumentenpaarungen wirkungsvoll ablösen.

Dadurch entsteht ein abwechslungsreicher und effektvoller Gerüstbau. Weitgespannte, oft skalendominierte und virtuose Soli von Saxofon oder Klavier spielen darin eine wichtige Rolle. Koordinierte Riffs oder melodische Themen sind die musikalischen Bausteine, die der Konstruktion Struktur und Fasslichkeit geben. Dies alles wirkt mit der Triebkraft von Bass und Schlagzeug hervorragend zusammen, sodass bei aller Güte der kompositorischen Konstruktion immer die Expressivität im Vordergrund steht. Diese musikalisch-musikantische Qualität des Luca Zambito Quartetts trägt einen durch einen wunderbaren Jazzabend.

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