Krankenpflege:Die gute Fee und die Pflege

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Bei der Hebertshausener Gesprächsrunde zum Thema Pflege im Sportheim diskutieren Bernhard Seidenath und der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) mit zahlreichen Interessierten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) stellt sich beim Pflegestammtisch in Hebertshausen kritischen Fragen rund ums Gesundheitswesen. Für Antworten verweist er nach Berlin.

Von Maximilian Kornprobst, Hebertshausen

Ein gutes Dutzend Hände schnellt nach oben, als der Moderator am Montagabend im randvollen Sportheim Hebertshausen zum ersten Mal nach Wortmeldungen fragt. Der Ton ist kritisch, die Beiträge werden emotional vorgetragen, viele Anwesende sind von der Situation persönlich betroffen. Immerhin geht es um das Thema Pflege. Und da besteht Redebedarf, die Menschen wollen Antworten, möglichst konkrete.

Dass es viel zu besprechen geben würde, war bereits beim Titel der Diskussionsrunde klar, zu der der Kreisverband der CSU Dachau eingeladen hatte: "Pflege - auf dem Weg in die Katastrophe". Dazu waren prominente Gäste aus der Politik und Pflege nach Hebertshausen gekommen, allen voran der bayerische Staatsminister für Pflege und Gesundheit Klaus Holetschek (CSU) und sein Parteikollege Bernhard Seidenath, der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Pflege im bayrischen Landtag. Moderiert wurde der Abend von Burkhard Haneke (CSU).

Die Metapher von der Fee zieht sich durch den Abend

Zunächst geht es noch ruhig zu, die geladenen Gäste am Tisch werden aufgefordert, dem Minister ihre Situation zu schildern und einen Wunsch zu formulieren. Oder wie Moderator Haneke es nennt: "Stellen Sie sich vor, eine gute Fee sitzt vor Ihnen am Tisch und Sie können sich jetzt etwas wünschen." Eine Metapher, die sich durch den Abend ziehen wird.

Die Teilnehmer am Tisch fordern viel Bekanntes: Waltraud Baus von der Nachbarschaftshilfe in Petershausen will, dass der Mensch wieder mehr im Mittelpunkt des Pflegealltags steht. Ruana Dantas, eine Pflegeauszubildende im zweiten Lehrjahr, die ursprünglich aus Brasilien stammt, wünscht sich mehr Wertschätzung und eine positivere Wahrnehmung des Berufsstandes. Kristina Butorac, die einen ambulanten Pflegedienst in München leitet, spricht von zu viel Bürokratie und zu wenigen Arbeitskräften in der ambulanten Pflege. Die drei weiteren eingeladenen Stammtischteilnehmer stellen weitestgehend ähnliche Forderungen. All die angesprochenen Punkte sind Wünsche, denen der Minister im Wesentlichen zustimmt. Holetschek spricht davon, wie wichtig die Pflege sei, wie nah am Menschen sie sei und dass man die angesprochenen Probleme lösen müsse. Wie, wann oder von wem sie gelöst werden sollen, sagt der Minister nicht.

Holetschek fordert eine "Vertrauensgesellschaft."

Stattdessen fordert er einen "Mentalitätswechsel in der Gesellschaft", man müsse von einer Misstrauensgesellschaft, in der "jeder dauernd Angst vor dem Juristen hat" zu einer Vertrauensgesellschaft werden, in der "die Leute handeln, ohne Angst, einen Fehler zu machen".

Daraufhin wird die Runde für Publikumsfragen geöffnet. Und die werden unbequemer. So fordert Wilfred Landry aus Dachau, die Politik müsse den Menschen wieder das Vertrauen geben, das sie verloren haben, es würde im Moment einfach nichts passieren. Er schließt mit dem Satz: "Warum hat der ambulante Pflegedienst nur fünf Minuten Zeit für meine Mutter und muss dann 15 Minuten mit Bürokratie verbringen?"

"Wir haben kein Erkenntnisproblem."

Christine Traub von der Kinderpflege im Herzzentrum München sagt: "Ich höre ganz oft, dass das alles stimmt, was wir von den Problemen in der Pflege berichten. Wir haben kein Erkenntnisproblem. Ich würde dazu nur gerne einmal konkrete Lösungsvorschläge hören. Davon haben Sie heute noch keinen einzigen genannt."

Auch andere von der Situation in der Pflege Betroffene melden sich zu Wort. Sie berichten von Problemen bei der Versorgung von Demenzkranken, von pflegebedürftigen Kindern, von den Herausforderungen, mit denen pflegende Angehörige zu kämpfen haben und von der ständigen Bürokratie, mit der viele überfordert sind.

Minister und Publikum finden nicht wirklich zueinander

Holetschek und Seidenath hören ihnen zu und gehen auf die Wortmeldungen ein, verweisen aber oft auf die Zuständigkeit des Bundes und auf die kürzlich verabschiedete Pflegereform. Seidenath formuliert es so: "In Berlin müsste eigentlich die gute Fee sitzen. Der Lauterbach ist sie aber sicher nicht." Woraufhin aus dem Publikum die Frage kommt, warum denn in den 16 Jahren unionsgeführter Bundesregierungen nichts in der Pflege passiert sei.

So wirklich zueinander finden Minister und Publikum nicht. Was auch daran liegt, dass Holetschek nach einer guten halben Stunde an Wortmeldungen wieder nach München muss, obwohl noch viele Fragen offen sind. Er würde gerne noch bleiben, sagt er, aber ein wichtiger Mitarbeiter sei heute krank geworden und er müsse noch arbeiten. Für eine namentliche Vorstellung der CSU-Listenkandidaten für die bevorstehende Landtagswahl, die Übergabe eines Geschenkkörbchens mit Marmelade und eine Eintragung ins goldene Buch der Gemeinde Hebertshausen hat die Zeit dann aber doch noch gereicht.

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