Aprilscherz zu Asylpolitik:Landrat verärgert Bürgermeister mit falschem Hilferuf

Lesezeit: 2 min

Verwaltungsmitarbeiter, Kopierer, Zelte: Der Dachauer Landrat fordert bei den Bürgermeistern Hilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen an. Dann heißt es: April, April! Nicht alle können darüber lachen.

Anna-Sophia Lang, Benjamin Emonts und Robert Stocker, Dachau

Ein dringender Hilferuf des Landratsamtes erreichte am Mittwochvormittag die Bürgermeister der Landkreisgemeinden. Verwaltungsmitarbeiter, Kopierer, Zelte - all das würde dringend benötigt, damit die Behörde auch weiterhin mit den "immensen Zugangszahlen an Asylbewerbern" zu Rande käme. Bisher hätten die Mitarbeiter es geschafft, die Anforderungen zu stemmen. "Heute müssen wir nun aber leider feststellen, dass die eigenen Ressourcen nicht mehr ausreichen. Wir benötigen dringend Unterstützung", ist da zu lesen.

Es folgt die Bitte an die Gemeinden, bis zum nächsten Tag um 12 Uhr Bescheid zu geben, in welcher Form sie das Landratsamt unterstützen können. Pressesprecher Wolfgang Reichelt sagte der SZ, über die Osterfeiertage sei mit der Ankunft von bis zu 300 Asylbewerbern zu rechnen. Die Kollegen seien fieberhaft dabei, eine zweite Notunterkunft zu finden. Kurz darauf dann teilt er mit: April, April. Es war alles ein Scherz.

Nun gut, manches an dem Brief machte stutzig. Zum Beispiel, dass Landrat Stefan Löwl (CSU) als zuständiger Sachbearbeiter angegeben war. Oder dass ein Verwaltungsbeamter bereit wäre, 16 Stunden Dienst zu tun - spätestens da hätte man laut Reichelt erkennen müssen, dass das Schreiben nicht ernst gemeint sein könne.

Ärger und Ratlosigkeit bei Bürgermeistern

Viele Bürgermeister erkannten schnell, dass es sich um ein Fake handelte. Den Ärger mancher machte das nicht kleiner. Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) kam Löwl zwar schnell auf den Trichter, fand die Idee aber gar nicht witzig: "Da wird etwas ins Komische gezogen, obwohl es gar nicht komisch ist", sagte er. "Das Thema eignet sich nicht für einen Aprilscherz." Auf die Kommunen, die da veräppelt würden, werde beim Thema Unterbringung von Asylbewerbern sowieso immer mehr Verantwortung abgewälzt. Und dann das. Hartmann hat deshalb einfach gar nicht reagiert. "Das werden wir nicht kommentieren", sagte er. Und schickte eine Spitze gegen die Landkreisbehörde hinterher: "Da heißt es immer, sie haben keine Zeit, und dann kommt so was."

Indersdorfs Bürgermeister Franz Obesser (CSU) machte der Hilferuf etwas ratlos. Als er das Schreiben überflog, glaubte er spontan an einen Aprilscherz. Im zweiten Moment kam er aber ins Grübeln. "Ein Aprilscherz bei diesem ernsten Thema kam mir dann doch etwas komisch vor", sagte er. Löwls Parteikollege Richard Reischl, Bürgermeister in Hebertshausen, fand alles gar nicht so schlimm. Es sei ja niemand verletzt oder diskreditiert worden, sagte er. Schlussendlich, sagte Reischl, habe der Scherz ja niemandem geschadet. "Ich finde nicht, dass auf dem Rücken von Asylbewerbern Leid entstanden ist."

"Das Thema Asylpolitik ist vielleicht doch etwas brisant"

Vierkirchens Bürgermeister Harald Dirlenbach (SPD) lacht über Löwls Streich. "Ich habe sofort erkannt, dass es sich um einen Aprilscherz handelt." Doch auch er relativiert: "Das Thema Asylpolitik ist vielleicht doch etwas brisant." Die SZ-Leser kommentieren den Scherz auf Facebook als "humorlos". Eine Leserin schreibt: "Kann ich nicht glauben: Der Dachauer Landrat macht einen Aprilscherz auf Kosten der Asylbewerber im Landkreis." Ein anderer antwortet: "Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken." SPD-Kreisrätin Hiltraud Schmidt-Kroll findet den Scherz "ziemlich geschmacklos".

Was wohl die Mitarbeiter im Landratsamt sagen? Einige arbeiten längst mehr als üblich - vielleicht auch 16 Stunden. Das Amt kann nur hoffen, dass die Gemeinden auf den nächsten Hilferuf reagieren und nicht denken: "Das soll wohl ein Scherz sein."

© SZ vom 02.04.2015 / asl, emo, sto - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: