Grund- und Mittelschulen:Der Unterricht fällt aus

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An den Grund- und Mittelschulen im Landkreis fehlen wieder Lehrer, mancherorts können 74 Stunden pro Woche nicht besetzt werden. Die Schulleiter fordern jetzt mehr Personal für die mobile Reserve.

Petra Schafflik

Karlsfeld Krenmoosstraße Grundschule Rektor Roland Karl npj / Foto: Jørgensen (Foto: DAH)

Allen Beteuerungen des bayerischen Kultusministeriums zum Trotz: Es reicht einfach nicht. An den Grund- und Mittelschulen im Landkreis fehlen schon wieder Lehrer. "Die Situation ist nicht mehr hinnehmbar", sagte Jutta Gerstl, Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), der SZ. Tatsächlich können Schulen den Unterricht nur mit Mühe aufrecht erhalten, wenn mehrere Lehrkräfte ausfallen. Denn die Pädagogen der Mobilen Reserve, die in solchen Fällen einspringen sollen, sind meist längerfristig ausgebucht. Die Folge: Unterrichtsstunden werden von wechselnden Lehrkräften in Vertretung erteilt oder fallen gleich ganz aus, Schüler werden in Parallelklassen mitbetreut, Förderunterricht, Arbeitsgemeinschaften und Differenzierungsmaßnahmen gestrichen. Der Lehrerverband hat jetzt die Nase voll und fordert "eine erhebliche Aufstockung der mobilen Reserve im kommenden Schuljahr".

Die Situation an den Schulen im Landkreis hat sich zugespitzt. "Vor Weihnachten war es ganz schlimm", berichtet Gabriele Dörfler, Schulleiterin der Grundschule in Dachau-Ost. In einer Woche waren dort 90 Unterrichtsstunden vakant, nur 16 davon konnten über die Mobile Reserve abgedeckt werden. Also wurden die Schüler andern Klassen zugeteilt. "Effektiver Unterricht läuft da nicht mehr", räumt die Rektorin unumwunden ein. "Das ist mehr ein Beaufsichtigen." Auch in den Wochen vor Fasching hatten einige Mittelschulen einen personeller Engpass. "Diese Krankheitswelle war nur mit unkonventionellen Maßnahmen zu organisieren", berichtet Albert Sikora, der als Schulleiter in Bergkirchen auch den Mittelschulverbund Dachau mit fünf Schulen organisiert.

Manchmal ließen sich aber akzeptable Lösungen im Schulverbund finden. Weil ein Werklehrer an der Thoma-Schule längere Zeit ausfällt, werden nun seine Schüler an ihrem Werknachmittag in Dachau-Süd mit unterrichtet. "Zwölf statt sieben Schüler in einer Arbeitsgruppe, das geht noch in Ordnung", meint Sikora. Im Moment kämpft dagegen Schulleiterin Ulrike Schneider-Güll gegen den Personalnotstand. Aktuell sei die Vertretung einer erkrankten Lehrkraft ausgefallen. "Es ist ein Jonglieren, jeder ist am Limit." Genau diesen Zustand kritisiert der BLLV scharf. Wenn Klassen aufgeteilt werden, Differenzierungs-, Förder- und Neigungsgruppen ausfallen, würden die betroffenen Schüler benachteiligt. "Es ist ein Unterschied, ob eine Lehrkraft der mobilen Reserve eine Klasse übernimmt, oder die Schüler durch wechselnde Lehrkräfte nur beaufsichtigt werden". Auch für die Pädagogen bedeuteten Vertretungen "eine Belastung, die das erträgliche Maß längst überschritten hat", erklärt BLLV-Vorsitzende Gerstl.

Dabei ist der Landkreis auf dem Papier mit Lehrkräften gut versorgt. Neben den festen Pädagogen gibt es für die 19 Grundschulen 24 Lehrer in der mobilen Reserve, dazu elf Springerkräfte für die Mittelschulen plus vier mobile Fachlehrer. "Eigentlich eine stattliche Zahl", sagt Schulamtsleiterin Isolde Stefanski. Doch diese Kräfte sind oft rasch nach Schuljahresbeginn fest verplant, weil Lehrer Elternzeit nehmen, länger erkranken, Kuraufenthalte absolvieren oder Lehrerinnen schwanger werden. Daher ließen sich Engpässe nicht verhindern, so Stefanksi, wenn wie vor den Faschingsferien eine akute Grippewelle durch den Landkreis rolle. Zum Halbjahr könnte die Schulamtsleiterin jetzt noch eine zusätzliche Stelle besetzen. Doch die Personalsuche gestalte sich schwierig, erklärt die Schulamtsleiterin. Die Junglehrer, die im Herbst nicht in den Staatsdienst übernommen worden sind, seien längst übergangsweise anderswo beschäftigt.

"Ich bin auf der Suche", sagt Stefanski. Der BLLV erkennt diese Bemühungen an und meint mit seiner Kritik nicht das Schulamt. "Die Zahl der Mobilen Reserve wird ja nicht dort festgelegt", sagt der stellvertretende BLLV-Kreisvorsitzende Stefan Wohletz. Doch im Landkreis seien überdurchschnittlich viele junge Lehrerinnen tätig, entsprechend oft sind langfristige Schwangerschaftsvertretungen notwendig. Deshalb müsse die mobile Reserve aufgestockt werden. Ideal wäre eine zusätzliche Kraft für jede Schule, so Wohletz. "Aber das kostet Geld." Ausgebildete Kräfte gebe es ja, weit über tausend Bewerber standen im vergangenen Herbst nach der Lehramtsprüfung auf der Straße. Genau deshalb sei es doch Eltern und Lehrern nicht einsichtig zu machen, "dass es ein Heer von arbeitslosen Junglehrerinnen gibt und gleichzeitig Unterricht ausfällt," sagt Wohletz. "Es ist nicht hinzunehmen, dass dieser Sparkurs länger auf dem Rücken von Lehrern und Schülern gefahren wird."

© SZ vom 02.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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