Nach Großbrand:Eine Welle der Hilfsbereitschaft

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Das Feuer zerstörte auch das Wohnhaus der Familie von Joanna und Stephan Keller. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mehr als 2000 Menschen spenden über 100 000 Euro für eine Familie, die bei einer Feuerkatastrophe in Sulzemoos ihr Unternehmen und ihr Wohnhaus verloren hat.

Von Helmut Zeller, Sulzemoos

Die Welle der Hilfsbereitschaft für die von einem Großbrand betroffene vierköpfige Familie in Sulzemoos ebbt nicht ab. Mehr als 2000 Menschen, überwiegend Gemeindebewohner, haben bisher inzwischen 107 000 Euro für die Betroffenen gespendet. Geld floss aber nicht nur aus dem 3000 Einwohner zählenden Sulzemoos an der A8, sondern auch aus umliegenden Gemeinden im Landkreis Dachau, aus München und weiter entfernten Orten. "Wir waren selbst überrascht", sagt die Initiatorin Annika Mumme, die mit ihrer Freundin und Nachbarin Valerie Arslan sofort nach dem Unglück in der Nacht auf den 19. Oktober die Hilfsaktion initiiert hat.

Auf der Website seiner Gemeinde schrieb Bürgermeister Johannes Kneidl (CSU) vor einiger Zeit: "In Sulzemoos funktioniert das Zusammenleben noch." Nun hätte er auf diesen aktuellen Beweis für seine Behauptung gerne verzichtet. Aber die Hilfswelle beweist doch, dass der Nachbarschaftsgedanke in Sulzemoos lebt. "Ich bin überwältigt", sagt der Bürgermeister.

Die extreme Hitze verhindert ein Eingreifen

Kneidl war dabei, in jener Nacht war er sofort zum Brandort geeilt und hatte alles gesehen. Das Feuer war in einer Halle ausgebrochen, in der sich eine Hackschnitzelheizung befindet, die das Ortsviertel versorgt. Die Familie Keller stellt Fahrzeuge ihres Elektro-Unternehmens in dieser Halle unter und nutzte sie als Lager. Eine derartige Brandkatastrophe, wie der Bürgermeister sagt, hat Sulzemoos seit 1945 nicht erlebt. Es komme vor, dass alle paar Jahrzehnte ein Stadel abbrenne. "Aber so etwas, und ich bin seit 30 Jahren selbst bei der Feuerwehr, habe ich noch nie erlebt", sagt Kneidl.

Das Feuer griff rasch auf das benachbarte Wohnhaus der Familie von Joanna und Stephan Keller im hinteren Teil des Grundstücks über, sie verloren alles. Der Holzbau brannte innerhalb von Minuten lichterloh. Die Familie mit zwei Söhnen im Kindergarten- und Grundschulalter konnte sich retten. "Das war ein Riesenglück", sagt Kneidl. Die Hitze, so der Bürgermeister, war so stark, dass die Feuerwehr, 200 Helfer waren im Einsatz, an das Wohnhaus gar nicht herankam. Sie konzentrierten sich auf drei anliegende Wohnhäuser, die beschädigt wurden, um ein völliges Übergreifen der Flammen zu verhindern. Der Schaden wird insgesamt auf fünf Millionen Euro geschätzt, mindestens.

Betrüger wollen Spenden abgreifen

Neben dem Wohnhaus und der Halle brannten, wie das Polizeipräsidium Oberbayern Nord in Ingolstadt mitteilte, vier Firmenfahrzeuge, alles Kleinbusse, sowie ein Privatfahrzeug aus. Auf der Ostseite wurden laut Pressesprecherin Michaela Grob drei Fahrzeuge massiv beschädigt. Außerdem sind ein Wohnwagen und ein Wohnmobil komplett ausgebrannt, und zwei Anhänger wurden demoliert. Auch die Fassaden anliegender Wohnhäuser wurden beschädigt. Die Kripo Fürstenfeldbruck ermittelt die Brandursache. Für eine Brandstiftung gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Hinweise. Die Hackschnitzelheizung in der Halle, das ist geklärt, hat den Brand nicht verursacht. Am Dienstag bargen Polizeibeamte verbrannte Fahrzeuge und demoliertes Gerät aus der Halle - die Ermittlungen zur Brandursache dauern an.

Inzwischen haben Kriminelle versucht, sich an die Spendenaktion anzuhängen. Mit zwei gefälschten Accounts wollten sie Geld für die Spendenaktion abgreifen. Allerdings scheiterten die Betrüger: Annika Mumme ließ die entsprechenden Seiten auf der Online-Plattform "GoFundMe" sofort löschen. Am Montag erstattete sie bei der Dachauer Polizei Strafanzeige. Die Betrüger konnten sich keine Hilfsgelder aneignen, die Spender können beruhigt sein.

Am Mittwochabend, 25. Oktober, treffen sich Bürgermeister Kneidl, die Initiatorinnen der Spendenaktion sowie die Familie Keller, um zu besprechen, wie es weitergehen soll. Die Familie Keller hat den ausdrücklichen Wunsch, so Mumme, dass ein Teil der Geldspenden den Nachbarn zugutekommt, die durch das Großfeuer auch geschädigt wurden.

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