Auslandsvertretungen:"Abenteurerleben mit Sicherheitsnetz"

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Die österreichische Generalkonsulin Eva Maria Ziegler wollte erst Musikmanagerin, dann Botschafterin in Asien werden. Heute arbeitet sie in München. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die österreichische Generalkonsulin Eva Maria Ziegler erzählt beim Dachauer Forum vom Aufwachsen und Arbeiten in Diplomatenkreisen. Warum sie es genießt, alle paar Jahre von vorn anzufangen.

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Die Sprache verklausuliert, das Auftreten weltmännisch und das äußere Erscheinungsbild eher konservativ. So stellt man sich landläufig wohl Diplomaten vor. Eva Maria Ziegler stammt aus einer Diplomatenfamilie und sie ist ganz anders. Sie ist österreichische Generalkonsulin in München, liebt klare Worte, lacht gerne und trägt einen modischen schwarzen Hosenanzug. Aber das Wichtigste: Sie ist eine sehr nahbare Frau. Am vergangenen Freitag war sie zu Gast bei "Freitags um fünf", einer Veranstaltungsreihe des Dachauer Forums und der Pfarrei Heilig Kreuz. "Heimat - Stimme im Ausland" hatte sie ihren humorvollen, selbstironisch gefärbten Einblick in ihr Leben und ihre Arbeit genannt.

Die Generalkonsulin selbst stammt aus einer Diplomatenfamilie. Schon als drei Monate altes Baby ging es "über den Nordpol nach Japan", sie lebte als Kind im kommunistischen Prag und im muslimischen Malaysia, verbrachte ein "schreckliches Jahr" im Internat in Wien - und resümiert: "Diplomatenkinder vagabundieren durch die Welt oder sie brauchen einen Platz, an dem sie Wurzeln schlagen." Eva Maria Ziegler wollte eigentlich Wurzeln schlagen, studierte Jura - und klassischen Gesang. Ihr Traum: Ein Platz im Musikmanagement, nicht irgendeinen, denn "ich wollte immer an der Spitze stehen".

Konsulate sind nicht nur in Visafragen zuständig

Das klappte nicht so ganz, und so trat Plan B in Kraft. Die Frau mit der Lockenpracht bricht in ein unwiderstehliches herzhaftes Lachen aus, setzt sich etwas bequemer auf der Tischkante zurecht, ihrer selbst gewählten Sitzgelegenheit, und erzählt vom schwierigen Start ins Diplomatenleben. "Ich wollte immer nach Ostasien zurück - und landete in Brüssel", sagt sie. Ihr Aufgabengebiet: Wirtschaftsfragen und nach gut zwei Jahren in Bonn: Sicherheitspolitik; nichts also, was mit den schönen Künsten oder auch nur entfernt mit Ostasien zu tun hatte. Es folgten Positionen im Außenministerium, Botschafts- und konsularische Posten in Mailand, im Libanon und auf Zypern. Seit 2021 ist Eva Maria Ziegler Generalkonsulin in München.

Sie räumt rasant mit der gängigen Meinung auf, Konsulate seien lediglich für Visa- und Passangelegenheiten zuständig: "Unsere Daseinsberechtigung ist, dass wir unseren Staatsbürgern helfen, wenn sie im Ausland in Not geraten sind", sagt sie und wird ganz ernst. Sie erinnert sich an Haftbesuche, an tragische Unglücksfälle, bei denen sie die einzige Ansprechpartnerin war, weil die lokalen Behörden sich nicht zuständig fühlten. Man merkt ihr an, wie sehr sie einzelne Schicksale noch heute berühren.

Österreich ist Bayerns größter Handelspartner

Da gab es im Libanon "eine junge Österreicherin, die ihr fünftes Kind vom vierten Mann erwartete". Zwei der Kinder sollten auf Anordnung der österreichischen Jugendbehörden ohne Mutter zurück nach Österreich gebracht werden. Ein organisatorischer und emotionaler Kraftakt, den die damalige Botschafterin stemmen musste.

Sie erinnert sich auch an "das Durcheinander", das die "Repatriierungen" österreichischer Staatsbürger aus Zypern während der Corona-Pandemie ausgelöst hatte: "Wir wussten ja nicht einmal, wie viele Österreicher im türkischen Norden Zyperns lebten", sagt sie. Und schafft spielend den Schwenk von der Botschafterinnen-Vergangenheit in die Generalkonsulin-Gegenwart. Schließlich, so erfährt man, ist Österreich der größte Handelspartner Bayerns. Mit anderen Worten: "Neun Millionen Österreicher schlagen 1,3 Milliarden Chinesen."

Was letztlich für das Münchner Generalkonsulat heißt, auch Politikerbesuche akribisch vorzubereiten. "Wenn der Bundespräsident kommt, sind 120 Seiten Anweisungen abzuarbeiten", seufzt sie. Und ist doch glücklich, dass sie ein "Abenteurerleben mit Sicherheitsnetz" hat und "alle vier bis fünf Jahre von vorn anfangen kann" - auch wenn sie niemals Botschafterin in Asien geworden ist.

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