Dorfverein Pipinsried:Bereit für die Löwen

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Zweifel, dass die Regionalliga eine Nummer zu groß für den FC Pipinsried sein könnte, sind nach acht Saisonsiegen verflogen. Jetzt schafft der Dorfverein Platz für mehr als 5000 Sechziger-Fans

Von Benjamin Emonts, Altomünster

Ein halbes Jahr ist inzwischen vergangen, seit der FC Pipinsried in die Fußball-Regionalliga Bayern aufgestiegen ist. Das entscheidende Spiel in Fürth - davon schwärmen sie bis heute - erlebten damals Hunderte Fans aus dem Landkreis im Stadion mit, darunter auch der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU). Für das kleine 550-Einwohner-Dorf begann an diesem Tag ein großes Abenteuer, das noch eine Zeitlang andauern dürfte. Denn entgegen allen Befürchtungen, behauptet sich der Verein in der Regionalliga bislang respektabel. Sogar der anfangs so skeptische Klub-Boss Konrad Höß frohlockt jetzt pünktlich zur Winterpause: "Der Abstieg ist für mich gar kein Thema mehr. Die Sechziger müssen sich warm anziehen, wenn sie im Mai nach Pipinsried kommen."

Das muss man sich ja immer wieder auf der Zunge zergehen lassen. Der traditionsreiche Ex-Bundesligist TSV 1860 München spielt jetzt in der selben Liga wie der Dorfverein FC Pipinsried. Um das zu ermöglichen, reichte der sportliche Aufstieg aber längst nicht aus. In nur wenigen Wochen mussten die Pipinsrieder mit der Unterstützung lokaler Unternehmer ihr Stadion weitreichend umbauen, um die strengen Auflagen für die Regionalliga, die höchste deutsche Amateurklasse, erfüllen zu können. Und dann stellte sich ja noch die nicht ganz unwichtige Frage, ob man sportlich überhaupt mithalten könne mit Profi-Mannschaften wie 1860 München oder dem 1. FC Schweinfurt.

Sensationelle Auswärtserfolge

Die Antwort ist inzwischen ein klares Ja. Nach 22 von 36 Spielen haben die Pipinsrieder 29 Punkte gesammelt und stehen auf Tabellenplatz 14, mit neun Punkten Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz. Auf die leichte Schulter nimmt den Dorfverein niemand mehr. Bei der zweiten Mannschaft des FC Bayern oder in Schweinfurt landete das Team von Spielertrainer Fabian Hürzeler sensationelle Auswärtserfolge. Die gegnerischen Fans rieben sich danach jedes Mal verwundert die Augen und fragten sich, wie sie gegen eine Dorfmannschaft verlieren konnten, die nur zweimal in der Woche trainiert und mit Privatautos zu Auswärtsspielen anreist. "Wir werden mittlerweile sehr ernst genommen", sagt der sportliche Leiter Roman Plesche.

5000 Löwen-Fans sollen im Mai auf dem grünen Feld Platz finden. Holzschnitzel sollen dafür sorgen, dass sie im Trockenen stehen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die anfänglichen Zweifel, dass die Regionalliga eine Nummer zu groß für Pipinsried sein könnte, sind nach einem halben Jahr verflogen. Im Schnitt besuchten die Heimspiele der Pipinsrieder 470 Zuschauer, das sind 120 mehr als noch zu Bayernliga-Zeiten. Die Tendenz dürfte allerdings steigen. Bei den bisherigen Heimspielen hatte es jedes Mal geregnet, was einige Fans zum Daheimbleiben verführte. Die ganz attraktiven Gegner wie Bayern München oder insbesondere 1860 kommen erst in der zweiten Saisonhälfte nach Pipinsried. Das Spiel gegen die Löwen treibt den Verein schon seit Wochen um. Präsident Konrad Höß hatte auch mit dem Gedanken gespielt, in ein größeres Stadion umzuziehen, um mehr Einnahmen aus dem Ticketverkauf zu generieren.

Naturtribüne mit 5000 Plätzen

Die jetzige Lösung aber klingt noch spektakulärer. Auf dem ansteigenden Acker nördlich des Stadions soll eine große Naturtribüne errichtet werden, auf der zusätzlich zu den 2000 Fans im Stadion 5000 Sechziger Platz finden sollen. Eine Ortsbegehung mit Vertretern von Landratsamt, Gemeinde, Feuerwehr und Polizei hat bereits stattgefunden. Jetzt warten die Pipinsrieder noch auf eine Genehmigung seitens der Behörden. Das Spiel gegen 1860 am Samstag, 5. Mai, würde damit zum größten Fußballspektakel avancieren, das der Landkreis Dachau seit Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten erlebt hat. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Roland Küspert, sagt am Montag: "Wir sind zuversichtlich."

Bei Kartenpreisen von bis zu 13 Euro würde das Spiel wichtige Zusatzeinnahmen für den Verein bringen. Der Stadionumbau vor Saisonbeginn hat einen niedrigen sechsstelligen Betrag verschlungen und Spieler und Trainer kicken auch nicht für lau in der Regionalliga. Eine Crowd-Funding-Aktion von Team-Manager Roman Plesche zur Refinanzierung der Baumaßnahmen scheiterte während der Saison, weil die erforderlichen 25 000 Euro nicht zusammen kamen. Gegen eine Spende konnten Fans und Gönner sich zum Beispiel ein Training mit der Mannschaft erkaufen oder sich von einem Spieler den Rasen mähen lassen. Die fast 400 Spender hatten am Ende aber nur einen Gesamtbetrag von 8000 Euro überwiesen.

Enormer Bekanntheitsgrad

Die Befürchtung von Präsident Höß, dass die Regionalliga ein Minus-Geschäft für seinen Klub werden könnte, hat sich offenbar nicht bewahrheitet. "Es bleibt insgesamt mehr in der Kasse als in der Bayernliga", sagt Höß. Will man dem 76-Jährigen glauben, so zahlt er seinen Spielern keinen Cent mehr als noch eine Liga weiter unten. Spieler zu bekommen, sei in der Regionalliga sogar weitaus einfacher, weil sich viele selbst anböten und das Ziel verfolgten, den Sprung in den Profi-Fußball zu schaffen. Das Budget generiert Höß demnach ausschließlich aus Sponsoren- und Werbeeinhamen, abgesehen von den leicht gestiegenen Zuschauereinnahmen. Im Moment sucht Höß nach einem Unternehmen, das dem Pipinsrieder Stadion gegen Geld zeitweise seinen Namen geben will. Der Bekanntheitsgrad des Dorfvereins sei "enorm", sagt Höß. Nicht auszumalen, was passiert, wenn im Mai die Münchner Löwen geschlagen werden.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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