Stadtentwicklung:"Hier kann man abhängen"

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"Blütendach" heißt das Foto von Hans-Karl Heider, in dem die triste Hausfassade durch den Blütenbaum etwas Heimeliges bekomme. (Foto: Hans-Karl Heider/Fotoclub Dachau)

Der Fotoclub Dachau spürt in seiner Ausstellung "Zeitenwechsel in Dachau-Ost" einem Perspektivenwandel nach.

Von Marie Kermer, Dachau

Noch bis Sonntag, 27. Juli, zeigt die Ausstellung "Zeitenwechsel in Dachau-Ost" des Fotoclubs Dachau den sanften Umbruch, der in dem Stadtteil in den vergangenen Jahrzehnten vonstatten ging und stellt dabei Alt und Neu in weichen Kontrasten gegenüber. In 36 Bildern beschreiben Fotografinnen und Fotografen den Perspektivenwechsel im einstigen Scherbenviertel, das in seiner Diversität inzwischen geradezu aufgeblüht ist.

"Die Ausstellung ist ein Signal an die Bürger und Bürgerinnen aus Dachau-Ost, wie sehr sich ihr Stadtteil verändert hat", sagt Helmut Stegmann, Vorsitzender des Fotoclubs. Für ihn zeigt vor allem sein Foto "Die Jagd nach dem gelben Ball" das Dynamische in dem Stadtteil. Das abgebildete Tennisspiel fand laut Stegmann "mitten in Dachau-Ost" und "mitten im Leben" statt. Für ihn selbst ist das Viertel geprägt von Kommunikation und Miteinander. "In den Städten ist es meistens so, dass jeder für sich lebt und wartet bis der Tag rum ist - hier ist es nicht so."

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten hier Flüchtlinge

Der Ausdruck "Zeitenwechsel" rührt von der bewegten Geschichte des Stadtteils her. Lange war hier die Vergangenheit der Flüchtlingssiedlung zu spüren, in der nach dem Zweiten Weltkrieg Heimatvertriebene lebten. Später kamen Menschen mit Migrationshintergrund, deren Integration bis in die 2000er Jahre hinein nicht recht zu gelingen schien. Dann kam der Wechsel: Einen Meilenstein für eine aussichtsreiche Zukunft legte 2008 das Förderprogramm "Soziale Stadt Dachau-Ost", das Bund und Länder unterstützten. Durch Bauvorhaben und lokale Kulturangebote steigerte es die Lebensqualität, insbesondere der Bürgertreff-Ost ist noch heute eine wichtige Komponente für den Zusammenhalt im Viertel. Er begünstigt mit sozialen Programmen das Multi-Kulti, das Dachau-Ost so besonders macht.

Bereits vergangenes Jahr fand die erste Ausstellung des Fotoclubs Dachau zum Thema "Zeitenwechsel in Dachau-Ost" gemeinsam mit dem Bürgertreff Dachau-Ost statt, nun greifen sie das Thema erneut auf. Parallel dazu planen die Veranstalterinnen und Veranstalter jedes Jahr eine gemeinsame Ausstellung im Dachauer Moos. Einige Werke aus beiden Ausstellungen möchte der Fotoclub auch in die Dachauer Partnerstadt Fondi nach Italien bringen.

Hans-Karl Heiders Foto vom Imbissstand "1001 Nacht", der mit seinen bunten Farben die Nacht erleuchtet. (Foto: Hans-Karl Heider/Fotoclub Dachau)
Holger Jörg Krauses Foto "Hier kann man abhängen" von einem Spielplatz in Dachau-Ost, der zum Verweilen einlädt. (Foto: Holger Jörg Krause/Fotoclub Dachau)
Heiner Buthmanns Foto "Der Wachturm" lockert die harte Vergangenheit von Dachau-Ost auf, ohne zu Vergessen. (Foto: Heiner Buthmann/ Fotoclub Dachau)

Hans-Karl Heider ist seit 2019 Mitglied im Fotoclub. Er freut sich darüber, wie die Fotos wirken. "Die Brillanz, die der Druck bietet, bringt eine neue Dimension dazu." Von Heider stammen unter anderem die Werke "1001 Nacht" und "Blütendach". Auf den ersten Blick erinnert 1001 Nacht mit seinen kräftigen Farben an Pop-Art. Für Heider ist der orientalische Stand ein Fremdkörper in der ansonsten leblos wirkenden Sudetenlandstraße. Ein farbenfroher Eindringling in das markante Grau der Straße, der zeigt welche schönen Impulse kulturelle Diversität nach Dachau-Ost bringt. "Der Imbiss lockt an", sagt Heider: "1001 Nacht ist für mich ein Traumbegriff, bei dem man sich in den Orient hineinträumt."

Sein nächstes Kunstwerk Blütendach kommentiert er mit: "Ich finde die Balkone ja scheußlich." Die Schönheit kreiere aber das Beisammensein mehrerer Balkone, so Heider. Das Motiv wählte er, weil die Hausfassade durch den Blütenbaum etwas Heimeliges bekomme. "Man hat ein buntes Dach über sich. So habe ich die Bewohner des Hauses beneidet." Im Besonderen zeige das Foto laut Heider auch den Kontrast, der Wohnen lebendig mache. Der Blütenbaum stehe für einen jahreszeitlichen Wechsel und so für das Aufkommen von etwas Neuem.

Dass die Vergangenheit von Dachau-Ost nicht in Vergessenheit gerät, zeigt Heiner Buthmanns Foto "Der Wachturm". Buthmann möchte darin harte Akzente auflockern und durch einen Wischeffekt mit weichem Licht Raum für neues Leben kreieren. Ein Blick in die Vergangenheit, der nicht verleugnet, aber Optimismus für die Zukunft schafft und ein weiterer Inbegriff für einen "Zeitenwechsel in Dachau-Ost" ist. Die Ausstellung des Fotoclubs in der Volkshochschule Dachau lädt zum Verweilen ein und zeigt, dass Dachau-Ost ein angenehmer Ort zum "Abhängen" ist.

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