Erdweg/Hebertshausen:"Arbeitsverbot ist ermessensgerecht"

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Der bayerische Innenminister hat auf den Brief der Helferkreise geantwortet. Die Dachauer Ehrenamtlichen sind von seinem Schreiben enttäuscht

Von Anna-Sophia Lang, Erdweg/Hebertshausen

Sieben Dachauer Helferkreise haben Ende Mai einen Brandbrief an den bayerischen Innenminister, Joachim Herrmann, unterschrieben. Insgesamt 57 Initiativen aus dem ganzen Freistaat übten darin scharfe Kritik am Beschäftigungsverbot für Asylbewerber und Geduldete aus sicheren Herkunftsstaaten. Herrmann, schrieben sie, werfe ihnen Knüppel zwischen die Beine und missachte ihre ehrenamtliche Arbeit. Inzwischen haben sie eine Antwort bekommen. Die Dachauer sind enttäuscht. "Nicht das geringste Entgegenkommen", kommentiert Peter Barth vom Helferkreis Hebertshausen. Monika Sedlatschek aus Erdweg sagt: "So ist unser Brief einfach verpufft."

Das vierseitige Schreiben des Innenministers liegt der SZ Dachau vor. Darin rät Herrmann den Helferkreisen, ihr Engagement auf die Asylbewerber zu konzentrieren, die "eine echte Bleibeperspektive in Deutschland haben". Derzeit seien das vor allem Menschen aus Syrien und dem Irak. Peter Barth reagiert verärgert. "Wir Ehrenamtliche sind nicht weisungsgebunden", kommentiert er den Hinweis, "wir unterscheiden nicht zwischen echten und falschen Flüchtlingen." In ihrem Brief hatten die Helferkreise kritisiert, die bayerische Staatsregierung unterschätze den Willen von Bevölkerung und Wirtschaft, Asylbewerber unabhängig von den Gründen ihrer Flucht zu integrieren. Also auch aus Herkunftsländern, die als sicher kategorisiert wurden - wobei sie speziell im Fall Senegal gegen diese Einordnung protestieren.

Doch Joachim Herrmann rechtfertigt damit das Beschäftigungsverbot. Bei den im Brief der Helferkreise angesprochenen Personen, also vor allem Senegalesen und Ghanaer, handle es sich um Menschen aus Herkunftsländern, in denen keine politische Verfolgung vermutet werde. Mehrfach betont der Innenminister, dass diese Flüchtlinge deshalb kaum eine Chance auf Asyl hätten. Er bezeichnet es deshalb als "ermessensgerecht", ihnen grundsätzlich keine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen. So könne verhindert werden, "dass dieser Personenkreis nur deshalb nach Deutschland kommt und einen aussichtslosen Asylantrag stellt, um hier zu arbeiten". Seit einer Gesetzesänderung vom November 2014, schreibt Herrmann, könnten Flüchtlinge sowieso schon wesentlich schneller arbeiten als zuvor. Ein "Recht auf Arbeit" sei zwar nicht geschaffen worden. Doch die Änderung sei "im Hinblick auf die nach wie vor bestehende Arbeitslosigkeit von Deutschen und aufenthaltsberechtigten Ausländern im Niedriglohnsektor durchaus nicht unproblematisch".

Peter Barth bezweifelt, dass Herrmanns Beschäftigungsverbot die Flüchtlingsproblematik löst. "Wer seine Heimat unter Einsatz seines Lebens verlässt, der kümmert sich nicht um einen Vollzugshinweis des bayerischen Staatsministeriums des Innern." Doch der Forderung der Helferkreise, das Verbot zurückzunehmen, kommt Herrmann nicht nach. Die Freiwilligen aus Dachau reagieren mit Unverständnis und Frust, wollen aber jetzt erst recht nicht aufgeben.

"Der Staat vertraut uns die Flüchtlinge an, weil er selber nicht in der Lage ist, das Flüchtlingsproblem humanitär zu bewältigen", sagt Peter Barth. Monika Sedlatschek vom Helferkreis Erdweg ist ernüchtert. "Die Antwort von Joachim Herrmann ist nichts, was uns weiterbringt", sagt sie. Der Freistaat nehme das Problem nicht wahr und die Kritik der "Basis", wie sie die Helferkreise nennt, nicht auf. Das glaubt auch Peter Barth. Von Argumenten werde sich Herrmann nicht überzeugen lassen. "Er glaubt, sein politisches Heil, seinen Machterhalt, woanders zu finden."

Im Sommer 2013, sagt Barth, habe er noch an einen Kurswechsel in der bayerischen Asylpolitik geglaubt. Heute sehe er statt der Entwicklung einer Willkommenskultur bloß eine weitere Verschärfung des Asylrechts. Am Staatsempfang für die Helferkreise Ende Juli in München will er nicht teilnehmen. "Zumindest nicht, um mich von Staatsministerin Emilia Müller ehren zu lassen." Monika Sedlatschek will weiter kämpfen. "Ich gebe jetzt keine Ruhe mehr." Gemeinsam mit 44 anderen Asylhelfern hat sie mit der Wahlkreisabgeordneten im Bundestag, Gerda Hasselfeldt (CSU), über die Flüchtlingsproblematik diskutiert. In einer Woche kommt Hasselfeldt zu einem Gespräch in den Landkreis. Dann will Sedlatschek deutliche Kritik üben - vor allem am Beschäftigungsverbot. Ob sie bei Hasselfeldt auf offene Ohren stößt, weiß sie nicht. Die Helfer wollen geschlossen auftreten. So, hofft Sedlatschek, könne man vielleicht doch etwas bewegen.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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