Eiswasser-Grill-Hype:Grillparty im eiskalten Wasser

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Wie Gemeinderäte draußen feiern und frieren und dabei für einen guten Zweck sammeln

Von Horst Kramer undChristiane Bracht, Dachau

Der Eiswasser-Grill-Hype ist im Dachauer Land angekommen. Schon seit einigen Wochen kursieren im Internet Fotos und Filmchen von Vereinen, die in der kalten Jahreszeit den heißen Grill auspacken und gemeinsam fröhlich feiern. Der Haken dabei: Die Teilnehmer der Party stehen dabei im zumeist eiskalten Wasser. Die "Challenge" dient in der Regel einem guten Zweck - der Verein spendet einen Betrag in beliebiger Höhe an eine soziale Einrichtung. Die Gemeinderäte Pfaffenhofen an der Glonn und Markt Indersdorf haben sich dem eiskalten Vergnügen schon gestellt, die nächsten bereiten ihre Party gerade vor. Natürlich beginnt die Organisation nicht ganz freiwillig. Wer steht schon gern bei Null Grad Außentemperatur mit den Füßen im eiskalten Wasser? Eine Aufforderung ist schon nötig, um die Planungen in Gang zu setzen.

So reagierten die Pfaffenhofener auf die Herausforderung ihrer Kollegen aus der Nachbargemeinde Ried (Landkreis Aichach-Friedberg). Schon vor der jüngsten Sitzung hatten sie ein Gestell aus Holzbalken und Plastikplanen vor dem Egenburger Rathaus aufgebaut und mit Wasser volllaufen lassen - sehr zur Verwunderung einiger Passanten übrigens. Der Hund einer vorbeiflanierenden Frau soll sogar die Schnauze in das kühle Nass gesteckt und einige Schluck probiert haben.

Grillen im Sommer kann jeder. Die Lokalpolitiker tun das auch im Winter. In Pfaffenhofen lässt Bürgermeister Helmut Zech für die Party einen Pool bauen. (Foto: oh)

Kaum war die Sitzung mit ihren Anträgen und Debatten vorbei, schaltete Bürgermeister Helmut Zech einen mitgebrachten Elektrogrill an und legte Käseknacker auf den Rost. Sein Stellvertreter Harald Mang hatte Getränke für alle organisiert. Eine Rathausmitarbeiterin kümmerte sich um das passende Party-Ambiente: Eine überdimensionale, aufblasbare Weißwurst und eine dazu passende Brezn begeisterten die Kommunalpolitiker. Doch die gute Partylaune war schnell verflogen. Nur eine Viertelstunde hielten die Pfaffenhofener draußen aus. "Es war einfach zu kalt", klagte Zech. Dabei stand er nur mit einem Bein im kalten Wasser. "Als Bürgermeister muss man immer in der Lage sein, zwei Positionen gleichzeitig einzunehmen", verteidigte er sich. 500 Euro spendete das Pfaffenhofener Gremium an den Harlekin-Verein zur Förderung der Frühchen-Nachsorge an der Münchner Kinderklinik.

In Markt Indersdorf hat die sogenannte Cold water & Grill Challenge ebenfalls für Belustigung gesorgt. Doch der dortige Gemeinderat samt Bürgermeister Franz Obesser zeigte sich deutlich hart gesottener als die Pfaffenhofener. Statt künstlichem Wasserbecken trauten sich die Kommunalpolitiker sogar trotz winterlicher Temperaturen direkt in die Glonn. Die Indersdorfer Hexen hatten das Gremium dazu aufgefordert. Und damit keiner auf die Idee kam, wieder aus dem kühlen Nass zu steigen, wurde der Grill gleich im Wasser nahe der Brücke am Sportplatz aufgebaut. Auf dem Foto wirken die Teilnehmer der Challenge noch gut gelaunt, doch wie lang das Lachen im Gesicht blieb, ist nicht überliefert. 265 Euro haben Hexen und Kommunalpolitiker privat an den Sozialausschuss der Gemeinde gespendet, um Behinderten und Sozialschwachen zu helfen.

In Indersdorf steigt Bürgermeister Franz Obesser mit dem Gemeinderat in die Glonn. (Foto: privat)

Auch Landrat Stefan Löwl stand am Donnerstagabend mit den Füßen im kalten Wasser, natürlich nicht ohne seinen Herausforderer und Stellvertreter Helmut Zech in die Pflicht zu nehmen. "Er hat zwei Funktionen, da muss er auch zwei Mal ran", sagte er. Normalerweise lehne er solche Aktionen ab, gestand Löwl, aber Zech wollte er das nicht abschlagen. "Das war wahrscheinlich die Rache dafür, dass ich ihn das ein oder andere Mal erfolgreich in den April geschickt habe." Und für einen guten Zweck nahm er das Bad im Hof des Landratsamts auf sich.

Die Odelzhausener, ebenfalls von Zech herausgefordert, wollen sich auch nicht lumpen lassen. Ob sie sich über ihre Nominierung freuten, weiß man nicht. Denn die Diskussion darüber, ob man sich dem allgemeinen Hype entziehen sollte oder doch lieber mitmacht, führten die Kommunalpolitiker sicherheitshalber hinter verschlossenen Türen. Auf jeden Fall soll am Montag, 22. Januar, um 19 Uhr vor dem Brunnen am Marktplatz ein Planschbecken aufgebaut werden. Metzger Willibald hat sich bereit erklärt, Grillgut vorbeizubringen und die Schlossbrauerei will Getränke liefern. Sogar die Blaskapelle Sittenbach hat ihr Kommen zugesichert. Angesichts der Vorbereitungen wird die eiskalte Grillparty in Odelzhausen wohl länger dauern als in Pfaffenhofen. Es mutet fast an, als könnte es ein kleines Volksfest werden. Ob am Ende auch die Bürger im Planschbecken baden? Die wichtigste Frage wird aber sein: Wird Odelzhausen mehr Geld für Bedürftige sammeln?

Die nächsten im Wasser sollen die drei Geldinstitute im Ort sein, verriet Trinkl. Eine Revanche für die Strafzinsen, die die Gemeinde zahlen muss, weil sie zu reich ist, witzelte der Bürgermeister.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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