Dachauer Musiksommer:Abgefahrene Atmosphäre

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Die Band "DeSchoWieda" ist es gewohnt, mit dem Publikum bei Live-Auftritten zu kommunizieren. Wenn alle in ihren Autos sitzen ist das gar nicht so leicht - Stimmung kommt trotzdem auf

Von Petra Neumaier, Dachau

Perspektivwechsel: Die Lightshow macht das Publikum. Und statt der Band DeSchoWieda, die in ihren Musikvideos oft aus dem Auto heraus spielt, sitzen diesmal die Zuhörer in ihren Blechkisten. "Echt faszinierend" sei diese Erfahrung, sind sich die fünf Musiker einig, als am Schluss nur noch eine Handvoll Fahrzeuge auf der Thoma Wiese stehen, deren Batterien aufgeladen werden müssen. Nie hätten sie gedacht, dass sie ihrem im Auto sitzenden Publikum so nah sein könnten. "Eine coole Idee", finden sie die Autokonzerte des Dachauer Musiksommers, die für sie gleich an zwei Abenden hintereinander umgesetzt wird.

Am Ende des Konzerts müssen einige Autos ihre Batterie erst wieder aufladen. (Foto: Toni Heigl)

Reinfahren und vorschriftsmäßig mit Abstand auf der Ludwig-Thoma-Wiese einparken. Mikrowellenpopcorn, Nachos und Getränke von daheim auf dem Armaturenbrett ausrichten, die Frequenz einstellen - fertig! Ein verstohlener Blick in die Nachbarfahrzeuge: Alle kauen, schlucken und schielen zurück. Und dann geht das Konzert los. Lustig und doch irgendwie befremdlich - auch für die Musiker: Max Josef Kronseder, Thomas Reinhard Loechle, Bruder Johannes Benedikt und Felix Ranft. Nacheinander und auf ihrem Musikinstrument spielend, kommen sie auf die Bühne. Kein Applaus, kein Toben wie sonst. Es bleibt still. Hier und da ein schüchternes Hupen (was streng genommen untersagt ist) und ein paar aufblitzende Scheinwerfer. "Puhhh", sagt Tobias Loechle hinterher und kratzt sich am Kopf, "das hat uns anfangs schon ein bisschen verunsichert."

Doch sind die Musiker bereits Profis genug (wenn auch einige Mitglieder noch ordentlichen Berufen nachgehen), um sich nicht dauerhaft von der ungewohnten Atmosphäre einschüchtern zu lassen. Einfach weiterspielen, Stimmung machen, als wenn nix wäre, die Menschen hinter der Windschutzscheibe sehen - oder wenigstens erahnen - und nicht die starre Hülle drum herum. Mehr und mehr kommen Musiker wie Publikum in Fahrt, kommt Stimmung auf, die sich auf die Autos überträgt. Im Rhythmus wackeln die Fahrzeuge, Fenster werden trotz des kühlen Windes geöffnet, ebenso wie manches Cabriodach. Hände recken sich in den schwarz bewölkten Himmel, Handy-Taschenlampen wiegen sich in der zunehmenden Dunkelheit. Ach ja, Parkwächter müsste man sein: Die tanzen verstohlen zwischen den Fahrzeugen.

Musik macht Spaß, trotz der ungewohnten Umstände. Die bajuwarisch umgetexteten und uminstrumentalisierten Hits der vergangenen Jahrzehnte. Ein unvergleichlicher Mix aus Pop und Volksmusik, mit Tuba, Geige, Holzlöffeln, Akkordeon, Schlagzeug, Trompete, Gitarre und was sonst noch alles Töne von sich gibt. Die Worte, in Mundart und ähnlichen Sprachen, sind zwar trotz der guten Übertragung schwer zu verstehen, der Witz der Texte ist dennoch verständlich. Und wer kennt nicht den Monaco Franze oder den Easy Rider der Band?

Die Musiker sorgen für Stimmung. (Foto: Toni Heigl)

Langweilig wird es jedenfalls nicht. Denn kaum ein Lied gleicht dem anderen. Ein paar eigene Songs sind dabei, darunter auch Premieren, die in dem neuen Album einen Platz finden werden: dem vierten in Folge. Vielstimmig tröten dann doch die Hupen zum Schluss, als Applaus ist auch die Lightshow zu verstehen. Scheinwerfer blitzen, Warnblinker blinken. Und schließlich steigt sogar noch der Vollmond über der Bühne auf. Was für ein Finale!

"Schlimmer" hätten sie es erwartet, erzählen die Musiker begeistert von der doch ziemlich "abgefahrenen" Atmosphäre, der sie sich tapfer stellten. "Naja", sagt Max Kronseder und zuckt mit den Schultern, "wir hatten ja auch keine andere Wahl, wenn wir spielen wollen". So "cool" wie DeSchoWieda die Idee auch finden: Ein Auftritt vor unbereiftem Publikum sei schon etwas anderes. Und so freuen sich die Fünf auf die Biergarten-Tour, die sie derzeit planen.

Das nächste Autokonzert findet mit "BBou" am Freitag, 12. Juni, statt.

© SZ vom 08.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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