Dachau:Weiter stolpern übers Altstadtpflaster

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Die Apothekergasse ist zwar schon mit einem Geländer ausgestattet worden, fußgängerfreundlich ist sie deshalb aber noch lange nicht. (Foto: Toni Heigl)

"Warum passiert hier nichts?" Die Frauenunion mahnt die Umgestaltung der Altstadt mit fußgängerfreundlichen Laufbändern an.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Der Ton ist unüberhörbar neu und selbstbewusst: Die Frauenunion wirft der Stadtverwaltung in Dachau vor, "halbherzig" zu sein. Bisher ist die Organisation der CSU vor allem durch den "Partnerstein" als Preis für eine frauenfreundliche Unternehmensführung aufgefallen, nicht aber durch einen forschen Auftritt. Das Thema, das die Frauenunion unter der neuen Vorsitzenden, der CSU-Stadträtin Katja Graßl, gewählt hat, trifft einen Kern der Kommunalpolitik. Sie fordert den Stadtrat auf, die Altstadt endlich so zu gestalten, dass sie für Senioren, Eltern mit Kinderwagen und für behinderte Menschen gefahrlos begehbar wird. Auf allen Wegen sollen Laufbänder eingerichtet werden, so dass Passanten sich nicht auf das Kopfsteinpflaster begeben müssten. Ein Aktionsplan soll den Umbau zeitlich verbindlich regeln.

In ihrer Pressemitteilung verweist Stadträtin Graßl auf zahlreiche Vorbilder in bayerischen Städten, wo solche Laufbänder bereits eingerichtet sind. Als Beispiele führt sie Neuburg an der Donau an oder Ingolstadt. Graßl zitiert auch Beispiele aus Berlin und aus historischen Altstädten in Italien. Überall dort sind in das Kopfsteinpflaster Platten eingemauert, die verhindern, dass Fußgänger stolpern.

Frauenunion wird ungeduldig

Die Frauenunion fordert die Stadtverwaltung auf, endlich die Vorgabe des Stadtrats vom 25. März 2014 zu befolgen und mit dem kontinuierlichen Einbau von Laufbändern zu beginnen. Die Frauenunion wertet die damalige Entscheidung, die noch unter dem ehemaligen Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) getroffen wurde, als "Grundsatzbeschluss". Zwei Jahre später fragt sie: "Warum passiert hier nichts, warum geht alles so langsam? Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, die Bewahrer der historischen Altstadt blockieren absichtlich."

Katja Graßl wollte der SZ keine Namen angeblicher Verhinderer nennen. Sie bekräftigte nur nochmals die grundlegende Position ihrer Organisation, dass eine möglichst barrierefreie Altstadt sich schon aus der UN-Behindertenkonvention ergibt. Sie deutet an, dass Vorgaben des Denkmalschutzes diesem Ziel widersprechen könnten. "Bei der Abwägung zwischen der Bewahrung von Historischem und Bedürfnissen von Menschen mit Beeinträchtigungen ist der Mobilität Vorrang zu geben."

Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ist der gleichen Meinung wie Katja Graßl. Aber die Pauschalkritik der Untätigkeit weist er zurück. Noch unter seinem Vorgänger Bürgel sind in den Etat 2014 70 000 Euro eingestellt worden, um die Pläne für eine fußgängerfreundliche Altstadt voranzutreiben. Außerdem hatte der Stadtrat damals beschlossen, Laufbänder in der Höhe des Rathauses einzubauen, damit die Konrad-Adenauer-Straße leichter überquert werden soll. Zusätzlich sollte sich diese Laufbahn über die Apothekergasse (zwischen Sankt Jakob und Sparkassengebäude) bis hinunter zur Wieninger Straße ziehen, also über den Pfarrplatz hinweg. OB Florian Hartmann sichert zu, dass diese durchgehende Laufbahn auch kommt.

Allerdings sind erst noch einige Probleme zu beheben: Denn die beiden Bushaltestellen in der Altstadt (an der Kirche Sankt Jakob und vor der Galerie von Ackermann und Donath beim Zieglerbräu) müssten gleichzeitig behindertengerecht ausgebaut werden. Das städtische Bauamt sucht noch nach einer Lösung, wie einerseits behinderte Menschen ohne Hindernisse in den Bus einsteigen können und andererseits gleichzeitig barrierefrei durch die Altstadt gelangen. Da müssen beispielsweise Unterschiede im Niveau auf engstem Raum ausgeglichen werden.

Bauamt ist überlastet

Außerdem verweist Oberbürgermeister Hartmann auf Erfolge in den vergangenen zwei Jahren. "80 Prozent aller Bushaltestellen im Stadtgebiet sind mittlerweile barrierefrei. Da liegt Dachau in Bayern ganz vorn." Insofern mahnt er zu etwas mehr Geduld. Aber die Idee eines Altstadt-Aktionsplans mit klaren zeitlichen Vorgaben begrüßt Hartmann und fordert Stadträtin Graßl auf, einen entsprechenden Antrag einzubringen.

In diesem Zusammenhang verweist Hartmann auch auf die Arbeitsüberlastung vor allem des städtischen Bauamts, insbesondere der Tiefbaubehörde. Sie müsse jetzt beispielsweise die Planungen für einen ebenerdigen Biergarten vor der Kulturschranne dazwischen schieben. Die Gastronomie soll dort am Freitag, 28. Mai, acht Uhr morgens, wieder öffnen.

Heimisches Vorbild der Frauenunion für Fußgängerfreundlichkeit ist die Hubergasse am Parkhaus in der Altstadt, die vor drei Jahren mit einer Laufbahn ausgestaltet wurde. Katja Graßl würdigt außerdem den Beschluss des Stadtrats, gegen die Vorgaben des Denkmalschutzes ein solches Laufband auch in der Klosterstraße anzubringen. Sie führt hinauf zum Dachauer Schloss. Es soll installiert werden, sobald der Ersatzneubau für die ehemalige Flaschenabfüllerei abgeschlossen ist.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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