Dachau:Versöhnungskirche will mehr Pogromgedenken

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Zum 80. Jahrestag der Pogromnacht am 9. November 1938 hat die evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau eine Arbeitshilfe zur Gestaltung von Gedenkgottesdiensten und Friedensgebeten erstellt. Die achtseitige Materialsammlung mit dem Titel "Als die Synagogen brannten..." enthält einen Abriss über die Ereignisse am 9./10. November 1938, Textbausteine und Kurzbiografien von Opfern der Judenverfolgung. Das Papier wolle Gemeinden, Bildungswerke, Schulen und andere Einrichtungen zum öffentlichen Gedenken an die Novemberpogrome ermutigen - "gerade auch angesichts der unerträglichen Verharmlosung der NS-Verbrechen durch Bundestagsabgeordnete und führende Vertreter der AfD", sagte Björn Mensing, Pfarrer der Versöhnungskirche. Gerade weil die Kirchen in der NS-Zeit geschwiegen hatten, sei es nötig, dass sich Kirchengemeinden heute deutlich gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu Wort meldeten, sagte der Historiker und Kirchenrat. Einzelne Gemeinden engagierten sich bereits stark. Er wünsche sich jedoch eine großflächige Beteiligung der bayerischen Kirchengemeinden am Gedenken an die Novemberpogrome. Die Arbeitshilfe enthält neben Textbausteinen auch zahlreiche Links zu Online-Archiven, mit deren Hilfe Gemeinden nach lokalen Bezügen recherchieren könnten. "Besonders eindrücklich wird die Gedenkfeier, wenn sie auf Spuren jüdischen Lebens im eigenen Ort verweist", sagte Pfarrerin Claudia Mühlbacher von der Versöhnungskirche. Sie hat die Arbeitshilfe erstellt.

Auch für die politische Arbeit eigne sich die Sammlung. "Gerade bei Demonstrationen kann Kirche durch Friedensgebete eine Dimension einbringen, die über den Ruf 'Nazis raus' hinausgeht", sagte Björn Mensing. Jemanden wegen seiner politischen Einstellung zu verteufeln, nütze nichts. "Wir müssen versuchen, jene zu überzeugen, die in rechtsextreme Positionen abdriften", so der landeskirchliche Beauftragte für Gedenkstättenarbeit. Eine Demonstration allein halte niemanden ab, die AfD zu wählen. Ein Friedensgebet hingegen könne die Polarisierung zwischen den Lagern mildern.

© SZ vom 16.10.2018 / epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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