Ukrainische Flüchtlinge im Landkreis Dachau:Der Schlüssel zum Job ist die Sprache

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Bei der Bürgersprechstunde für Gastgeber und ihre aus der Ukraine geflüchteten Gäste jüngst in Karlsfeld ging es auch um mögliche Arbeitsstellen. Doch oft ist die Sprache das Problem. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Es gibt wenige bürokratische Hürden bei der Arbeitsplatzsuche für ukrainische Kriegsflüchtlinge, viele hoffen ohnehin auf eine baldige Rückkehr. Wer aber eine Stelle sucht, muss Deutsch lernen.

Von Alexandra Vettori, Dachau

Aktuell sind 825 Personen aus der Ukraine in erwerbsfähigem Alter im Dachauer Landratsamt registriert. Bei der Agentur für Arbeit Freising, die auch für Dachau zuständig ist, ist von Pressesprecherin Christine Schöps zu erfahren, dass bisher gut 30 Meldungen zur Arbeitssuche von Ukrainerinnen und Ukrainern eingegangen sind. Das sei "verhalten, aber Tendenz steigend". Eine Pflicht, sich bei der Arbeitsagentur zu melden, besteht nicht, man stehe aber bereit, "mit unseren regionalen und überregionalen Netzwerkpartnern Unterstützung zu leisten", betont Schöps. Insgesamt bewertet sie den Dachauer Arbeitsmarkt als aufnahmefähig, es seien auch schon erste Anfragen speziell nach ukrainischen Geflüchteten von regionalen Unternehmen eingegangen. Laut Schöps sind es vor allem Gastronomie und Lebensmittelherstellung, die Verstärkung suchen und Stellen anbieten, bei denen die Leute schnell angelernt werden können.

Bürokratische Hürden für die Geflüchteten aus der Ukraine, die einen Job suchen, gibt es kaum. Man muss nur entsprechende fachliche Qualifikationen vorweisen können. Wer in erwerbsfähigem Alter ist, erhält nach Paragraf 24 der sogenannten Massenzustromrichtlinie mit der Aufenthaltsgenehmigung automatisch die Arbeitserlaubnis. Erst für ein Jahr, dann mit Option auf weitere zwei Jahre. Das Hauptproblem bei der Arbeitssuche ist die Sprache. Nur wenige der ukrainischen Flüchtlinge sprechen Englisch, noch weniger Deutsch. Dazu kommt, dass viele Geflüchtete Frauen mit Kindern sind. Und Mütter können bekanntlich erst dann einer Lohnarbeit nachgehen, wenn die Betreuung ihrer Kleinen gewährleistet ist.

Eine der Firmen, die sich aktiv um ukrainische Geflüchtete bemühen, ist die Dorfner Gruppe. Bundesweit tätig ist das Unternehmen mit Sitz in Nürnberg in Gebäudemanagement, -reinigung und Catering. Laut Geschäftsführer Klaus Schardt bietet die Dorfner Gruppe derzeit gut 500 Stellen an, unter anderem in Dachau. Viele Jobs seien für Geflüchtete geeignet, weil sie von "Angelernten" übernommen werden könnten. Rund 150 Menschen haben sich inzwischen bei seiner Firma deutschlandweit per Mail oder telefonisch gemeldet, 30 konkrete Bewerbungen sind im Prozess. Aus verschiedenen Bereichen und Regionen seien ihm acht Einstellungen als Reinigungs-, Servicekräfte, Küchenhilfen, aber auch als kaufmännische Mitarbeiterin gemeldet worden, eine davon in Dachau.

Die Einarbeitung übernehmen Kollegen, die Ukrainisch oder Russisch sprechen

Die Dorfner Gruppe hat sich laut Klaus Schardt, der für die Unternehmenskommunikation zuständig ist, von Anfang an aktiv um Geflüchtete aus der Ukraine bemüht, mit Anzeigen in ukrainischer und englischer Sprache, in sozialen Medien und auf Jobportalen. Man habe den üblichen Bewerbungsprozess verschlankt und eine Bewerberhotline eingerichtet. Die wichtigsten Einarbeitungsunterlagen wurden in Ukrainisch aufgelegt, und, so Schardt, "eine Reihe von Mitarbeitenden, die der ukrainischen oder russischen Sprache mächtig sind, übernehmen die Schulung und Einarbeitung der neuen Kolleginnen und Kollegen".

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Die Arbeitsagentur bietet auf ihrem Portal einen speziellen Link für Menschen aus der Ukraine www.arbeitsagentur.de/ukraine, wo es in drei Sprachen Informationen über Aufenthalt, Wohnen, finanzielle Unterstützung, Kinderbetreuung, Schulbesuch und Arbeit gibt. Mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) bietet die Agentur die zweisprachige Plattform www.ukraine.sprungbrett-intowork.de, auf der auch viele Jobs in der Region München zu finden sind, vom Bauhelfer über Lagerarbeiter bis hin zum Mechatroniker. Schließlich gibt es bereits zahlreiche private Portale, etwa www.jobaidukraine.com, workeer.de/fuer-gefluechtete oder www.uatalents.com, wo Unternehmen aus ganz Europa Jobs aus dem Technologiesektor anbieten. Auch das Dachauer Krankenhaus bietet auf der Homepage des Landratsamtes in ukrainischer Sprache Stellen im Pflegebereich an und verspricht Hilfe bei der Anerkennung des Pflege-Berufsabschlusses.

Vater und Sohn, beide gehörlos, arbeiten jetzt im Getränkemarkt

Abgesehen davon, dass die meisten Geflüchteten immer noch davon ausgehen, bald in die Heimat zurück zu können, sieht Irmgard Wirthmüller, Sozialpädagogin und Flucht-Fachdienstleiterin im Caritas Zentrum Dachau, die Sprache als Knackpunkt bei der Jobsuche. Deshalb ist sie froh darüber, dass im Landkreis schon viele Deutschkurse angeboten werden, teils sogar mit Kinderbetreuung. Die meisten Kurse werden von den Volkshochschulen angeboten, ab Mai starten auch Integrationskurse, auf die ukrainische Flüchtlinge einen Anspruch haben, jedoch einen Antrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellen müssen.

Einige positive Beispiele für eine Jobvermittlung weiß Wirthmüller, "aber die sind leider die Ausnahme". Besonders gefreut hat sie dieser Fall: Vater und Sohn, beide gehörlos, haben einen Helfer-Job in einem Getränkemarkt bekommen. Ihre Gastgeberin hatte das Glück, eine Gebärdendolmetscherin zu finden, die Ukrainisch sprach.

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