Dachau:Üben, üben und nochmals üben

Lesezeit: 2 min

Wie die Schüler der Grundschule Dachau Süd die Fahrradprüfung ablegen und dabei von zwei Polizistinnen unterstützt werden. Sie alle wollen auf Anhieb bestehen und sind mächtig aufgeregt

Von Anca Miruna Dunga, Dachau

Eine Runde Fahrrad fahren mit möglichst wenig Fehlern. Klingt leichter als es sich in der Realität erweist. Verkehrsübungsplatz Dachau Süd, kurz nach 10 Uhr morgens. Die Sonne strahlt, die Temperaturen sind eisig. 23 Schülerinnen und Schüler der Grundschule Dachau Süd sollen die Fahrradprüfung ablegen, damit sie fortan selbständig am Straßenverkehr teilnehmen können. Aufregung liegt in der Luft, die Hände zittern nicht nur kältebedingt. Polizeihauptmeisterin Andrea Riederer und ihre Kollegin Sabine Strauch vom Verkehrsdienst geben letzte Einweisungen. In den Wochen zuvor wurde fleißig geübt und Theorie gebüffelt.

Am Dienstag steht die praktische Prüfung auf dem Programm der Jugendverkehrsschule. Rechtsabbiegen, am Stoppschild halten, Vorfahrt gewähren, Schulterblick, links abbiegen - alles elementare Dinge im Straßenverkehr, die bei Missachtung Lebensgefahr bedeuten. Das wachsende Verkehrsaufkommen macht gerade jungen, unerfahrenen Verkehrsteilnehmern häufig zu schaffen.

Um sie leichter zuordnen zu können, bekommen die Schüler Nummern zugeteilt, dann suchen sie sich jeweils ein Fahrrad aus, welches ihrer Körpergröße entspricht. Will man sicher an der Ampel stehen bleiben, müssen beide Beine den Boden erreichen. Zwei Buben streiten sich um das größere Fahrrad, schließlich wird der Sitz höher gestellt und beide sind zufrieden. Man merkt den zwei Verkehrserzieherinnen die Erfahrung an. Knapp 70 vierte Klassen aus dem Landkreis gilt es in diesem Schuljahr zu prüfen. In Zeiten dramatisch veränderten Freizeitverhaltens von Kindern stoßen sie regelmäßig an Grenzen. "Viele Kinder haben motorische Schwierigkeiten. Den Arm nach links oder rechts ausstrecken zu müssen und dabei das Gleichgewicht halten, bereitet vielen Probleme", sagt Andrea Riederer. "Manche können selbst in der vierten Klasse kaum Fahrradfahren", fügt Sabine Strauch hinzu. Deshalb sei üben, üben und nochmals üben so wichtig.

Mitte der Sechzigerjahre beschloss das Innenministerium gemeinsam mit dem Kultusministerium Verkehrserziehung fest in den Lehrplan der Grundschulen zu integrieren. Bis vor wenigen Jahren wurde die Fahrradprüfung noch benotet, heute gilt nur bestanden oder nicht. Erst wenn die Prüfung erfolgreich absolviert ist, empfehlen die Schulen den Eltern, ihre Kinder unbeaufsichtigt mit dem Fahrrad in die Schule zu schicken.

Die ersten Viertklässler drehen ihre Runden, ihre Lehrerin und die Kollegen beobachten sie bang von der Seite. Ein wenig gilt es auch die Klassenehre hoch zu halten, die vorherige Klasse hat nicht einen einzigen durchgefallenen Schüler, sechs haben die Prüfung mit null Fehlern absolviert. Eine Seltenheit. Ohne Handzeichen abbiegen oder beim Einordnen nicht umschauen, gibt jeweils einen Strafpunkt. Gleich drei Fehlerpunkte sind Vorfahrt- oder Stoppschild missachten. Ab elf Fehlern ist man durchgefallen. Dem prüfenden Blick der zwei Frauen entgeht wenig. Und so vermerkt der unbarmherzige Bleistift einen Strich nach dem anderen auf dem Kontrollbogen.

Eine dreiviertel Stunde später haben alle die Prüfung hinter sich. Nummer 20 ist sich sicher, dass sie durchgefallen ist. Die anderen versuchen sie zu beruhigen. Aber wie soll man beruhigen, wenn man selbst aufgeregt ist? Dann endlich verkünden Riederer und Strauch das Ergebnis: Die meisten haben bestanden. Nummer 20 sogar fehlerfrei, als eine von zwei. Die Klasse ist gutes Mittelfeld. Ein paar Tränen der Enttäuschung werden vergossen, in zwei Tagen können sich die Durchgefallenen erneut prüfen lassen. Dass das Beachten der Verkehrsregeln lebenswichtig ist, haben spätestens jetzt alle Kinder verstanden.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: