Führung der Taekwondo-Abteilung:Schlagabtausch beim TSV Dachau

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Die Taekwondo-Abteilung des TSV-Dachau ist auch über die Landkreisgrenzen hinaus erfolgreich. Finanziell unterstützen kann die Stadt dieses sportliche Aushängeschild angesicht der Haushaltslage trotzdem nicht. (Foto: Privat/oh)

In der Taekwondo-Abteilung herrscht Zwist. Der frühere Abteilungsleiter Reinhard Langer hat nach 35 Jahren an der Spitze gekündigt. Sein ehemaliger Stellvertreter Demirhan Aydin ist nun sein Nachfolger.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Die Abteilung Taekwondo des TSV Dachau 1865 ist eine Erfolgsgeschichte - zumindest ist das bislang so gewesen. 35 Jahre lang war Reinhard Langer, 61, Abteilungsleiter; sein Stellvertreter war über viele Jahre hinweg Demirhan Aydin, 49. Gemeinsam haben die beiden erfahrenen Trainer sich um den Nachwuchs gekümmert und viele Turniere gewonnen. Doch nun ist plötzlich alles anders: Seit der Mitgliederversammlung Ende November ist Aydin der neue Leiter, Langer hat gekündigt und die Abteilung ist in zwei Lager gespalten. Wie konnte es soweit kommen?

Bei einer Mitgliederversammlung Ende November hat Reinhard Langer mit 58 zu 62 Stimmen knapp gegen seinen Kontrahenten Demirhan Aydin verloren. Vereinspräsident Wolfgang Moll spricht von einer "Kampfabstimmung", die er so in seinen 30 Jahren als Funktionär selten erlebt habe. Die beiden langjährigen Trainer seien "beide stur" gewesen, hätten nicht mit sich reden lassen und beide ihre Leute mobilisiert, sagt Moll. Nun bleibt ihm nur zu hoffen, dass sich die Lage wieder beruhigt.

60 bis 70 Mitglieder könnten laut Langer aus dem TSV Dachau austreten

Langer indes weist jede Schuld von sich: Er habe schon vor einiger Zeit Gül Arayan als seine neue Stellvertreterin vorgeschlagen. Nicht weil er etwas gegen seinen Kollegen Aydin gehabt habe, sondern weil Gül sich schon lange in der Abteilung engagiert und für die Wettkämpfe die Reiseplanung übernommen habe. Sie stärker einzubeziehen sei für ihn eine logische Konsequenz gewesen. Aydin sei daraufhin "unzufrieden" und in "seiner Ehre verletzt" gewesen, so Langer. Lange habe Aydin sich nicht dazu geäußert, ob er gegen ihn als Abteilungsleiter antreten wolle - bis kurz vor der Wahl. Und dann sei alles recht schnell gegangen: Aydin habe Mitglieder "mobilisiert". Diese seien dann nur in den Verein eingetreten, damit sie bei der Versammlung gegen Langer abstimmen können, so der frühere Abteilungsleiter. Der "Supergau" sei aber gewesen, dass noch am Abend der Entscheidung 32 neue Mitglieder aufgenommen worden seien. Am Ende verlor Langer die Wahl, und er ist sicher: Wären die 32 Mitglieder nicht noch so kurzfristig zugelassen worden, dann hätte er seinen Job jetzt noch. Was bleibt, ist die Enttäuschung - und die Frage, wie es nun weitergeht. Eine Antwort auf diese Frage hat Langer noch nicht und auch, wie viele Vereinsmitglieder ihm folgen werden, ist noch fraglich. Langer glaubt, dass seine Kündigung weitere 60 oder gar 70 Kündigungen von anderen Mitgliedern nach sich ziehen wird. Langer selbst verlässt den Verein offiziell zum 31. Dezember.

Demirhan Aydin wird neuer Abteilungsleiter. (Foto: TSV Dachau 1865)

Demirhan Aydin glaubt auch, dass es eine Kündigungswelle geben wird, aber nur deshalb, weil diese Mitglieder sowieso nur für die Wahl eingetreten sind. Auch sonst erzählt er die Geschichte ein wenig anders als Langer: Seit etwa acht Jahren sei er an der Seite von Langer stellvertretender Abteilungsleiter gewesen und mit dieser Rolle als Stellvertreter auch sehr zufrieden gewesen. 2014 sei er dann bei einem Wettkampf auf ein Mädchen aufmerksam geworden von dem er geglaubt habe, dass sie großes Potenzial haben könnte, und habe sie daraufhin zu sich in den Verein geholt. Dieses Mädchen, das war Nur Arayan, die Tochter von Gül Arayan. Er habe dann eine Zeit lang sehr intensiv mit ihr trainiert, sie sei in der Folge sogar Europameisterin geworden. Weil er andere Schüler aber nicht habe benachteiligen wollen, habe er das intensive Training dann eingestellt. Gül Arayan sei damit nicht einverstanden gewesen und habe sich schließlich an Langer gewandt, so Aydin. Schon damals habe er Langer gewarnt: "Diese Frau bringt nichts als Unruhe." Er habe Langer deshalb gebeten: "Bitte halte diese Frau raus aus unserer Abteilung." Langer habe aber nicht mit sich reden lassen wollen und so habe er schließlich entschieden, sich selbst zur Wahl des Abteilungsleiters aufstellen zu lassen - jedoch mit dem Versprechen, dass er auch bei einer Niederlage Trainer im Verein bleiben werde. Einen Tag vor der Mitgliederversammlung habe er dann eher durch Zufall erfahren, dass plötzlich sehr viele neue Mitglieder eingetreten waren: 28 allein am Tag vor der Wahl, darunter viele Ehemalige und sogar Menschen aus Günzburg, aus der Stadt, in der die Familie Arayan früher gelebt hat. "Wenn er das macht, können wir das auch", habe er sich dann gedacht, erzählt Aydin und kurzerhand seinerseits Mitglieder mobilisiert. Dass sich Langer über dieses Vorgehen nachträglich aufregt, kann er nicht verstehen: Alle Abteilungsleiter hätten vorab eine E-Mail bekommen, in der erklärt worden sei, dass auch jene wahlberechtigt seien, die am Wahltag erst dem Verein beitreten.

Wolfgang Moll gibt sich neutral

Langer sei für ihn ein "Vorbild", sagt Aydin. Aber er sagt auch: Langer habe die Leitung der Abteilung die vergangenen Jahre ein wenig schleifen lassen und gleichzeitig seinem Team nie Respekt gezollt. Warum er gegen alle Widerstände diese Frau in die Abteilung habe bringen wollen, darüber will Aydin nicht mutmaßen, aber er bezweifelt, dass die Gründe rein sportlicher Natur sind. Doch auch jetzt, nach der Kündigung von Langer, hält er daran fest: Sollte Langer sich dafür entscheiden, zum TSV Dachau 1865 als Abteilungsleiter zurückkommen wollen, dann könne er das jederzeit tun. "Ich bin nicht scharf auf die Stelle als Abteilungsleiter", sagt Aydin. Nur Gül Arayan, die dürfe Langer nicht mitbringen.

Auch Vereinspräsident Wolfgang Moll sagt, er habe schon länger beobachtet, dass es in der Abteilung brodelt. Er selbst habe lange, sogar noch am Tag der Entscheidung, "versucht zu schlichten" - jedoch ohne Erfolg. Auf eine Seite gestellt habe er sich nicht. Das bestätigt auch Aydin: "Vor der Versammlung kannte ich Herrn Moll eigentlich gar nicht wirklich, warum hätte er mich bevorzugen sollen?"

Langer indes wirft Moll vor, dass dieser ihn habe loswerden wollen, weil er nicht immer einverstanden gewesen sei mit allen Entscheidungen des Vorstands. Er selbst habe jedenfalls nie jemanden bevorzugt. Dass Arayan bei Besprechungen dabei gewesen sei, habe, so Langer, einen einfachen Grund: Als Reisekoordinatorin habe sie ja schließlich über die nächsten Turniere Bescheid wissen müssen. Nie sei es um etwas anders als den Verein gegangen, betont er. Ihn störe auch nicht, dass er die Wahl gegen seinen langjährigen Weggefährten verloren habe, versichert Langer, sondern wie "unsportlich" alles abgelaufen sei. Es birgt wohl einer gewissen Ironie, dass Langer nur wenige Tage nach der verlorenen Wahl mit dem BLSV-Ehrenamtspreis ausgezeichnet worden ist.

© SZ vom 04.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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