Dachau:Spätes Geständnis

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61-Jähriger gibt vor dem Amtsgericht zu, Gegenstände im Wert von 180 000 Euro veruntreut zu haben, und kommt mit einer Bewährungsstrafe davon

Von Jacqueline Lang, Dachau

Lange hatte der Angeklagte bestritten, Wertgegenstände im Wert von 180 000 Euro veruntreut zu haben. Nach "drei harten Verhandlungstagen", wie es Richter Christian Calame formuliert, kommt es dann schließlich doch noch zu einer Verständigung und der Verteidiger gibt im Namen seines Mandaten ein Geständnis ab. Demnach hat der Angeklagte, anders als anfangs behauptet, einige der ihm zum Verkauf anvertrauten Gegenstände nicht zurückgegeben, sondern verkauft und die Einnahmen behalten. Wie viele Gegenstände und in welchem Wert, all das lässt sich für das Gericht fünf Jahre und viele widersprüchliche Aussagen später nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Der Angeklagte, ein 61-jähriger Odelzhausener, wird deshalb lediglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt - die mögliche Höchststrafe für Veruntreuung liegt bei bis zu fünf Jahren. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Zu seinen Bewährungsauflagen gehört eine Zahlung von insgesamt 1200 Euro an die Drogenberatungsstelle Drobs.

Am dritten und letzten Verhandlungstag sagt vor dem Schöffengericht jener Auktionator aus, der die Gegenstände über mehrere Jahre gehabt hat, bevor der Angeklagte sie bekommen hat. Der 61-Jährige Mann vom Tegernsee bringt eine Liste mit, auf der alle Gegenstände verzeichnet sind, die er für das geschädigte Ehepaar zu verkaufen versucht hat. Die Liste deckt sich in großen Teilen mit jener, die in der Anklageschrift aufgeführt ist.

Der Tegernseer erklärt allerdings, dass die angegebenen Preise teils illusorisch gewesen seien. Der verstorbene Geschädigte sei ein "manischer Sammler" gewesen und weil er selbst einmal viel Geld für die Gegenstände gezahlt habe, habe er teilweise überhöhte Preisvorstellungen gehabt. Deshalb habe er letztlich in vier Jahren nur vier Gegenstände verkauft.

Ob er die Gemälde auf ihre Echtheit geprüft habe, will Richter Calame wissen. Der 61-Jährige verneint. 2014 seien hohe Preise für sogenannte Altmeister nur noch schwer zu erzielen gewesen, zumal wenn sich die Provenienz nicht lückenlos nachvollziehen lasse. Ihn habe aber damals nur der Zustand der Bilder interessiert. An eine offensichtliche Fälschung, wie sie der Angeklagte behauptet, kann sich der Mann jedoch nicht erinnern. Weil sich der Wert von Kunst aber an der Nachfrage bemesse, sei ein realistischer Preis unabhängig vom Künstler nur schwer zu bestimmen.

Eine zweite Zeugin, ebenfalls Kunsthändlerin, lässt sich aufgrund gesundheitlicher Probleme entschuldigen. Zwei ihrer Mitarbeiter haben dem Gericht aber schon vor der Verhandlung mitgeteilt, dass die Gegenstände, um die es laut Anklageschrift geht, zur Ansicht in ihrem Geschäft gewesen seien. Da deren Herkunft allerdings "ungewiss" gewesen sei, habe man sich gegen einen Verkauf entschieden. Diese Aussage wiederum deckt sich mit denen des Angeklagten, der von zahlreichen Fälschungen gesprochen hatte.

Genau lässt sich der Sachverhalt somit für das Gericht auch nach diesen Zeugenaussagen nicht rekonstruieren, doch zumindest die von Richter Calame verlesene Korrespondenz zwischen dem verstorbenen Geschädigten, seiner noch lebenden Frau und deren Anwalt scheint zu belegen, dass der Angeklagte nicht alles zurückgegeben hat. Die Geschädigten bitten ihren Anwalt in mehreren Briefen, etwas dagegen zu unternehmen.

Das deckt sich auch am ehesten mit dem, was der Sohn des Angeklagten am zweiten Verhandlungstag ausgesagt hatte. Nur der Angeklagte beharrt zunächst weiter darauf, dass er sich nichts zu Schulden habe kommen lassen und er selbst der Betrogene sei. Nach einem Rechtsgespräch und einem Gespräch zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten gesteht er schließlich doch. "Er weiß es einfach nicht und genau das ist sein Problem", sagt der Verteidiger.

"Es ist vieles offen geblieben in diesem Verfahren", befindet schließlich Richter Calame. Auf beiden Seiten, also sowohl seitens des Angeklagten als auch seitens der Geschädigten, habe es Menschen gegeben, die es nicht ganz so genau nehmen mit dem Gesetz. Der bereits verstorbene Geschädigte saß wegen Immobiliengeschäften im Gefängnis und der Angeklagte hat ein beachtliches Vorstrafenregister mit 25 Einträgen, darunter Hehlerei, Untreue, Raub, Diebstahl, Körperverletzung und Betrug. In Anbetracht dessen hätte das Urteil deutlich härter ausfallen können. Trotzdem lässt das Gericht Milde walten, denn dem Angeklagten geht es sowohl finanziell als auch gesundheitlich nicht besonders gut, er hat Krebs und lebt mittlerweile von Hartz IV. "Wir haben die Hoffnung, dass Sie keine weiteren Straftaten begehen werden, denn sie wissen ja nur zu gut, welche Folgen das haben würde", schließt Calame die Verhandlung.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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